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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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er vermuthlich auch meine freimüthigen Raisonne-
ments über sich und seine Gelehrsamkeit erfahren,
aber selbige sehr ungütig aufgenommen. Herr von
Meiern haßte mich, das wußte ich; er suchte mir
also bei meinem Vater einzuhauen. Der Groll kam
daher. Ich entdeckte meiner Freundin, dem Fräulein
Henriette von Hunoltstein zu Niederwiesen,
die wahren Umstände dieses Mannes. Er wollte
dies tugenthafte und schöne Fräulein heurathen, mehr
aus Gier zu ihren 30000 Thalern, als aus Liebe zu
ihrer Person. Denn im Punkte der Liebe war er
ein Stoiker: er nahms, wie ers vorfand, nach Art
vieler seines Gleichen. Er war von Zwingenberg im
Darmstädtischen, hatte auch wirklich als R. Rath in
Darmstadt gestanden, und war wegen verbrannter
Akten schon vom Präsident Moser fortgeschickt wor-
den. Dem Fräulein Jettchen und deren Bruder
hatte er nun viel weis gemacht von seinem Vermögen,
und so fürchterlich bramarbasirt, daß man hätte glau-
ben sollen, wer weis wie viel Tausende er besitze! --
Ich demüthigte diesen Großsprecher, der nachher ka-
tholisch wurde, und vor zehn Jahren zu Lemberg im
Kaiserlichen sich aufhielt.

Mein Vater begehrte, daß ich dem Baron
F.... sein für mich ausgelegtes Geld -- das sich
immer auf 60 Gulden belaufen konnte -- ersetzen
sollte; allein der Baron schlug diese Erstattung groß-

er vermuthlich auch meine freimuͤthigen Raiſonne-
ments uͤber ſich und ſeine Gelehrſamkeit erfahren,
aber ſelbige ſehr unguͤtig aufgenommen. Herr von
Meiern haßte mich, das wußte ich; er ſuchte mir
alſo bei meinem Vater einzuhauen. Der Groll kam
daher. Ich entdeckte meiner Freundin, dem Fraͤulein
Henriette von Hunoltſtein zu Niederwieſen,
die wahren Umſtaͤnde dieſes Mannes. Er wollte
dies tugenthafte und ſchoͤne Fraͤulein heurathen, mehr
aus Gier zu ihren 30000 Thalern, als aus Liebe zu
ihrer Perſon. Denn im Punkte der Liebe war er
ein Stoiker: er nahms, wie ers vorfand, nach Art
vieler ſeines Gleichen. Er war von Zwingenberg im
Darmſtaͤdtiſchen, hatte auch wirklich als R. Rath in
Darmſtadt geſtanden, und war wegen verbrannter
Akten ſchon vom Praͤſident Moſer fortgeſchickt wor-
den. Dem Fraͤulein Jettchen und deren Bruder
hatte er nun viel weis gemacht von ſeinem Vermoͤgen,
und ſo fuͤrchterlich bramarbaſirt, daß man haͤtte glau-
ben ſollen, wer weis wie viel Tauſende er beſitze! —
Ich demuͤthigte dieſen Großſprecher, der nachher ka-
tholiſch wurde, und vor zehn Jahren zu Lemberg im
Kaiſerlichen ſich aufhielt.

Mein Vater begehrte, daß ich dem Baron
F.... ſein fuͤr mich ausgelegtes Geld — das ſich
immer auf 60 Gulden belaufen konnte — erſetzen
ſollte; allein der Baron ſchlug dieſe Erſtattung groß-

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[365/0379] er vermuthlich auch meine freimuͤthigen Raiſonne- ments uͤber ſich und ſeine Gelehrſamkeit erfahren, aber ſelbige ſehr unguͤtig aufgenommen. Herr von Meiern haßte mich, das wußte ich; er ſuchte mir alſo bei meinem Vater einzuhauen. Der Groll kam daher. Ich entdeckte meiner Freundin, dem Fraͤulein Henriette von Hunoltſtein zu Niederwieſen, die wahren Umſtaͤnde dieſes Mannes. Er wollte dies tugenthafte und ſchoͤne Fraͤulein heurathen, mehr aus Gier zu ihren 30000 Thalern, als aus Liebe zu ihrer Perſon. Denn im Punkte der Liebe war er ein Stoiker: er nahms, wie ers vorfand, nach Art vieler ſeines Gleichen. Er war von Zwingenberg im Darmſtaͤdtiſchen, hatte auch wirklich als R. Rath in Darmſtadt geſtanden, und war wegen verbrannter Akten ſchon vom Praͤſident Moſer fortgeſchickt wor- den. Dem Fraͤulein Jettchen und deren Bruder hatte er nun viel weis gemacht von ſeinem Vermoͤgen, und ſo fuͤrchterlich bramarbaſirt, daß man haͤtte glau- ben ſollen, wer weis wie viel Tauſende er beſitze! — Ich demuͤthigte dieſen Großſprecher, der nachher ka- tholiſch wurde, und vor zehn Jahren zu Lemberg im Kaiſerlichen ſich aufhielt. Mein Vater begehrte, daß ich dem Baron F.... ſein fuͤr mich ausgelegtes Geld — das ſich immer auf 60 Gulden belaufen konnte — erſetzen ſollte; allein der Baron ſchlug dieſe Erſtattung groß-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/379>, abgerufen am 27.04.2024.