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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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hatten mir eine falsche Eigenliebe und ein unkluger
Dünkel den Kopf so verruckt, daß ich blos mir folgte,
keinen, weder Vater noch Freund, hörte, und gegen
alles, was man von mir sagte und dachte, verachtend
und unempfindlich wurde.

So gleichgültig ich indeß gegen die Censuren
meiner Feinde war, so lieb war es mir doch, wenn
ich auch an ihnen Fehler entdecken konnte. Ich wuß-
te, Zwirnlein wollte mir nicht wohl, und drückte
mich durch den Pfaffen Hahn von Kirchheim. Dis
war mir schon Sporn genug, die Conduite und die
Proceduren desselben, womit er die Rheingrafschaft
administrirte, auszuspioniren. Ich erkundigte mich
bei den Bauern nach ihren Klagen, und fand so viel
krumme Wege und Gänge der Zwirnleinschen Justiz,
daß selbst Ich darüber erschrak.

Die kaiserlichen Commissionen werden, der In-
tention des Kaisers und der Reichsgerichte nach, des-
halb gesetzt, damit ein Land nach bessern Grundsätzen
regiert werde; allein dieser Zweck wird selten erreicht,
und am wenigsten durch Herrn von Zwirnlein. Es
ist ein Glück für ihn, daß die Preussische Censur mir
die einzeln data gestrichen hat, sonst läse er hier Din-
ge, ob deren Bekanntschaft er bei den bedenklichen
Krisen unsrer Zeiten stutzen müßte. Ausser vielen
andern Ungerechtigkeiten der schrecklichsten Bedrü-
ckung und der Simonie nur dies.


hatten mir eine falſche Eigenliebe und ein unkluger
Duͤnkel den Kopf ſo verruckt, daß ich blos mir folgte,
keinen, weder Vater noch Freund, hoͤrte, und gegen
alles, was man von mir ſagte und dachte, verachtend
und unempfindlich wurde.

So gleichguͤltig ich indeß gegen die Cenſuren
meiner Feinde war, ſo lieb war es mir doch, wenn
ich auch an ihnen Fehler entdecken konnte. Ich wuß-
te, Zwirnlein wollte mir nicht wohl, und druͤckte
mich durch den Pfaffen Hahn von Kirchheim. Dis
war mir ſchon Sporn genug, die Conduite und die
Proceduren deſſelben, womit er die Rheingrafſchaft
adminiſtrirte, auszuſpioniren. Ich erkundigte mich
bei den Bauern nach ihren Klagen, und fand ſo viel
krumme Wege und Gaͤnge der Zwirnleinſchen Juſtiz,
daß ſelbſt Ich daruͤber erſchrak.

Die kaiſerlichen Commiſſionen werden, der In-
tention des Kaiſers und der Reichsgerichte nach, des-
halb geſetzt, damit ein Land nach beſſern Grundſaͤtzen
regiert werde; allein dieſer Zweck wird ſelten erreicht,
und am wenigſten durch Herrn von Zwirnlein. Es
iſt ein Gluͤck fuͤr ihn, daß die Preuſſiſche Cenſur mir
die einzeln data geſtrichen hat, ſonſt laͤſe er hier Din-
ge, ob deren Bekanntſchaft er bei den bedenklichen
Kriſen unſrer Zeiten ſtutzen muͤßte. Auſſer vielen
andern Ungerechtigkeiten der ſchrecklichſten Bedruͤ-
ckung und der Simonie nur dies.


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[393/0407] hatten mir eine falſche Eigenliebe und ein unkluger Duͤnkel den Kopf ſo verruckt, daß ich blos mir folgte, keinen, weder Vater noch Freund, hoͤrte, und gegen alles, was man von mir ſagte und dachte, verachtend und unempfindlich wurde. So gleichguͤltig ich indeß gegen die Cenſuren meiner Feinde war, ſo lieb war es mir doch, wenn ich auch an ihnen Fehler entdecken konnte. Ich wuß- te, Zwirnlein wollte mir nicht wohl, und druͤckte mich durch den Pfaffen Hahn von Kirchheim. Dis war mir ſchon Sporn genug, die Conduite und die Proceduren deſſelben, womit er die Rheingrafſchaft adminiſtrirte, auszuſpioniren. Ich erkundigte mich bei den Bauern nach ihren Klagen, und fand ſo viel krumme Wege und Gaͤnge der Zwirnleinſchen Juſtiz, daß ſelbſt Ich daruͤber erſchrak. Die kaiſerlichen Commiſſionen werden, der In- tention des Kaiſers und der Reichsgerichte nach, des- halb geſetzt, damit ein Land nach beſſern Grundſaͤtzen regiert werde; allein dieſer Zweck wird ſelten erreicht, und am wenigſten durch Herrn von Zwirnlein. Es iſt ein Gluͤck fuͤr ihn, daß die Preuſſiſche Cenſur mir die einzeln data geſtrichen hat, ſonſt laͤſe er hier Din- ge, ob deren Bekanntſchaft er bei den bedenklichen Kriſen unſrer Zeiten ſtutzen muͤßte. Auſſer vielen andern Ungerechtigkeiten der ſchrecklichſten Bedruͤ- ckung und der Simonie nur dies.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/407>, abgerufen am 27.04.2024.