Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Herr von Hammerstein und einige andere. Wir be-
suchten uns gegenseitig, unterhielten uns über Sa-
chen aus dem Fache der Gelehrsamkeit, und mach-
ten uns dann und wann über die hochheiligen Dog-
men lustig, doch niemals, wie mein Deisten-Club
in der Pfalz gewohnt war, mit Frechheit und So-
phisterei. Zotologie oder anderes verfängliches Zeug
wurde gar nicht gehört.

Die Unart der Orden hatte auch die Hallische
Universität vergiftet. Besonders regten sich da-
mals die Konstantisten und Unitisten und
suchten die andern Orden, die so unter der Hand
entstehen wollten, z. B. den der Desparatisten,
deren Amulet ein Todtenkopf mit einem daran hän-
genden Kreutze war, und den der Juviolabili-
sten und noch mehr dergleichen -- in der ersten
Geburt zu ersticken und eine gewisse dirigirende Su-
periorität auf der Universität zu behaupten. Aber
das wollte ihnen doch in Halle, bei der großen
Menge der Studirenden, niemals so recht gelingen.
Da gab es selbst unter den beiden Orden Schläge-
reien, aber auch Profane und Landmannschaften,
welche Muth genug hatten, den Ordensbrüdern bei
Aufzügen und andern Feierlichkeiten die Spitze zu
bieten und sie von ihren Zusammenkünften auszu-
schließen. Dies letztere verfügten die Westphälinger
zuerst, drangen glücklich durch, und erhielten mit

Herr von Hammerſtein und einige andere. Wir be-
ſuchten uns gegenſeitig, unterhielten uns uͤber Sa-
chen aus dem Fache der Gelehrſamkeit, und mach-
ten uns dann und wann uͤber die hochheiligen Dog-
men luſtig, doch niemals, wie mein Deiſten-Club
in der Pfalz gewohnt war, mit Frechheit und So-
phiſterei. Zotologie oder anderes verfaͤngliches Zeug
wurde gar nicht gehoͤrt.

Die Unart der Orden hatte auch die Halliſche
Univerſitaͤt vergiftet. Beſonders regten ſich da-
mals die Konſtantiſten und Unitiſten und
ſuchten die andern Orden, die ſo unter der Hand
entſtehen wollten, z. B. den der Deſparatiſten,
deren Amulet ein Todtenkopf mit einem daran haͤn-
genden Kreutze war, und den der Juviolabili-
ſten und noch mehr dergleichen — in der erſten
Geburt zu erſticken und eine gewiſſe dirigirende Su-
perioritaͤt auf der Univerſitaͤt zu behaupten. Aber
das wollte ihnen doch in Halle, bei der großen
Menge der Studirenden, niemals ſo recht gelingen.
Da gab es ſelbſt unter den beiden Orden Schlaͤge-
reien, aber auch Profane und Landmannſchaften,
welche Muth genug hatten, den Ordensbruͤdern bei
Aufzuͤgen und andern Feierlichkeiten die Spitze zu
bieten und ſie von ihren Zuſammenkuͤnften auszu-
ſchließen. Dies letztere verfuͤgten die Weſtphaͤlinger
zuerſt, drangen gluͤcklich durch, und erhielten mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0110" n="108"/>
Herr von Hammer&#x017F;tein und einige andere. Wir be-<lb/>
&#x017F;uchten uns gegen&#x017F;eitig, unterhielten uns u&#x0364;ber Sa-<lb/>
chen aus dem Fache der Gelehr&#x017F;amkeit, und mach-<lb/>
ten uns dann und wann u&#x0364;ber die hochheiligen Dog-<lb/>
men lu&#x017F;tig, doch niemals, wie mein Dei&#x017F;ten-Club<lb/>
in der Pfalz gewohnt war, mit Frechheit und So-<lb/>
phi&#x017F;terei. Zotologie oder anderes verfa&#x0364;ngliches Zeug<lb/>
wurde gar nicht geho&#x0364;rt.</p><lb/>
        <p>Die Unart der Orden hatte auch die Halli&#x017F;che<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t vergiftet. Be&#x017F;onders regten &#x017F;ich da-<lb/>
mals die <hi rendition="#g">Kon&#x017F;tanti&#x017F;ten</hi> und <hi rendition="#g">Uniti&#x017F;ten</hi> und<lb/>
&#x017F;uchten die andern Orden, die &#x017F;o unter der Hand<lb/>
ent&#x017F;tehen wollten, z. B. den der <hi rendition="#g">De&#x017F;parati&#x017F;ten</hi>,<lb/>
deren Amulet ein Todtenkopf mit einem daran ha&#x0364;n-<lb/>
genden Kreutze war, und den der <hi rendition="#g">Juviolabili</hi>-<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;ten</hi> und noch mehr dergleichen &#x2014; in der er&#x017F;ten<lb/>
Geburt zu er&#x017F;ticken und eine gewi&#x017F;&#x017F;e dirigirende Su-<lb/>
periorita&#x0364;t auf der Univer&#x017F;ita&#x0364;t zu behaupten. Aber<lb/>
das wollte ihnen doch in Halle, bei der großen<lb/>
Menge der Studirenden, niemals &#x017F;o recht gelingen.<lb/>
Da gab es &#x017F;elb&#x017F;t unter den beiden Orden Schla&#x0364;ge-<lb/>
reien, aber auch Profane und Landmann&#x017F;chaften,<lb/>
welche Muth genug hatten, den Ordensbru&#x0364;dern bei<lb/>
Aufzu&#x0364;gen und andern Feierlichkeiten die Spitze zu<lb/>
bieten und &#x017F;ie von ihren Zu&#x017F;ammenku&#x0364;nften auszu-<lb/>
&#x017F;chließen. Dies letztere verfu&#x0364;gten die We&#x017F;tpha&#x0364;linger<lb/>
zuer&#x017F;t, drangen glu&#x0364;cklich durch, und erhielten mit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0110] Herr von Hammerſtein und einige andere. Wir be- ſuchten uns gegenſeitig, unterhielten uns uͤber Sa- chen aus dem Fache der Gelehrſamkeit, und mach- ten uns dann und wann uͤber die hochheiligen Dog- men luſtig, doch niemals, wie mein Deiſten-Club in der Pfalz gewohnt war, mit Frechheit und So- phiſterei. Zotologie oder anderes verfaͤngliches Zeug wurde gar nicht gehoͤrt. Die Unart der Orden hatte auch die Halliſche Univerſitaͤt vergiftet. Beſonders regten ſich da- mals die Konſtantiſten und Unitiſten und ſuchten die andern Orden, die ſo unter der Hand entſtehen wollten, z. B. den der Deſparatiſten, deren Amulet ein Todtenkopf mit einem daran haͤn- genden Kreutze war, und den der Juviolabili- ſten und noch mehr dergleichen — in der erſten Geburt zu erſticken und eine gewiſſe dirigirende Su- perioritaͤt auf der Univerſitaͤt zu behaupten. Aber das wollte ihnen doch in Halle, bei der großen Menge der Studirenden, niemals ſo recht gelingen. Da gab es ſelbſt unter den beiden Orden Schlaͤge- reien, aber auch Profane und Landmannſchaften, welche Muth genug hatten, den Ordensbruͤdern bei Aufzuͤgen und andern Feierlichkeiten die Spitze zu bieten und ſie von ihren Zuſammenkuͤnften auszu- ſchließen. Dies letztere verfuͤgten die Weſtphaͤlinger zuerſt, drangen gluͤcklich durch, und erhielten mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/110
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/110>, abgerufen am 13.05.2024.