Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

derrieth er mir philosophisch-theologische Bücher zu
lesen, bis ich erst den Mist hinlänglich aus der Ge-
schichte kennen würde. Die Exegese lobte Semler;
aber ohne große Kenntniß der alten christlichen Hi-
storie sey auch Exegese ein sehr geringes Hülfsmittel,
um in der eigentlichen Theologie klug zu werden.

Meine Leser verzeihen mir, daß ich so manche
Urtheile des vortreflichen Semlers anführe: sie
waren gewiß von ihm durchdacht, und verdienen
allemal von Liebhabern der Theologie, die keine bloßen
Nachbeter oder Systematiker seyn und bleiben wol-
len, überlegt zu werden.

Semler empfahl mir, Vorlesungen zu halten.
Man lernt da viel, sagte er, und fühlt die Lücken
besser, als wenn man so blos für sich studirt: man
setzt sich auch in den Principien fester. Er hob
sogar die Schwierigkeiten, die ich ihm entgegenstell-
te, und rieth mir, deutsche Reichshistorie vorzutra-
gen. Semler wuste recht wohl, daß diese Historie
viele Schwierigkeiten hat; aber er wuste auch, daß ich

Molfischen, Kantischen und andern theologischen Phi-
losophen und philosophischen Historiker dienen zum Bei-
spiel. Die Herren machens um kein Haar besser, als
Duns Scotus, welcher schloß: Quicquid Deus
potest facere, quodque cum decet facere, id
et facit. Atqui matrem filii sui facere immacu-
latam a labe originali etc. Ergo.
--

derrieth er mir philoſophiſch-theologiſche Buͤcher zu
leſen, bis ich erſt den Miſt hinlaͤnglich aus der Ge-
ſchichte kennen wuͤrde. Die Exegeſe lobte Semler;
aber ohne große Kenntniß der alten chriſtlichen Hi-
ſtorie ſey auch Exegeſe ein ſehr geringes Huͤlfsmittel,
um in der eigentlichen Theologie klug zu werden.

Meine Leſer verzeihen mir, daß ich ſo manche
Urtheile des vortreflichen Semlers anfuͤhre: ſie
waren gewiß von ihm durchdacht, und verdienen
allemal von Liebhabern der Theologie, die keine bloßen
Nachbeter oder Syſtematiker ſeyn und bleiben wol-
len, uͤberlegt zu werden.

Semler empfahl mir, Vorleſungen zu halten.
Man lernt da viel, ſagte er, und fuͤhlt die Luͤcken
beſſer, als wenn man ſo blos fuͤr ſich ſtudirt: man
ſetzt ſich auch in den Principien feſter. Er hob
ſogar die Schwierigkeiten, die ich ihm entgegenſtell-
te, und rieth mir, deutſche Reichshiſtorie vorzutra-
gen. Semler wuſte recht wohl, daß dieſe Hiſtorie
viele Schwierigkeiten hat; aber er wuſte auch, daß ich

Molfiſchen, Kantiſchen und andern theologiſchen Phi-
loſophen und philoſophiſchen Hiſtoriker dienen zum Bei-
ſpiel. Die Herren machens um kein Haar beſſer, als
Duns Scotus, welcher ſchloß: Quicquid Deus
poteſt facere, quodque cum decet facere, id
et facit. Atqui matrem filii ſui facere immacu-
latam a labe originali etc. Ergo.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0140" n="138"/>
derrieth er mir philo&#x017F;ophi&#x017F;ch-theologi&#x017F;che Bu&#x0364;cher zu<lb/>
le&#x017F;en, bis ich er&#x017F;t den Mi&#x017F;t hinla&#x0364;nglich aus der Ge-<lb/>
&#x017F;chichte kennen wu&#x0364;rde. Die Exege&#x017F;e lobte Semler;<lb/>
aber ohne große Kenntniß der alten chri&#x017F;tlichen Hi-<lb/>
&#x017F;torie &#x017F;ey auch Exege&#x017F;e ein &#x017F;ehr geringes Hu&#x0364;lfsmittel,<lb/>
um in der eigentlichen Theologie klug zu werden.</p><lb/>
        <p>Meine Le&#x017F;er verzeihen mir, daß ich &#x017F;o manche<lb/>
Urtheile des vortreflichen <hi rendition="#g">Semlers</hi> anfu&#x0364;hre: &#x017F;ie<lb/>
waren gewiß von ihm durchdacht, und verdienen<lb/>
allemal von Liebhabern der Theologie, die keine bloßen<lb/>
Nachbeter oder Sy&#x017F;tematiker &#x017F;eyn und bleiben wol-<lb/>
len, u&#x0364;berlegt zu werden.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Semler</hi> empfahl mir, Vorle&#x017F;ungen zu halten.<lb/>
Man lernt da viel, &#x017F;agte er, und fu&#x0364;hlt die Lu&#x0364;cken<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er, als wenn man &#x017F;o blos fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;tudirt: man<lb/>
&#x017F;etzt &#x017F;ich auch in den Principien fe&#x017F;ter. Er hob<lb/>
&#x017F;ogar die Schwierigkeiten, die ich ihm entgegen&#x017F;tell-<lb/>
te, und rieth mir, deut&#x017F;che Reichshi&#x017F;torie vorzutra-<lb/>
gen. Semler wu&#x017F;te recht wohl, daß die&#x017F;e Hi&#x017F;torie<lb/>
viele Schwierigkeiten hat; aber er wu&#x017F;te auch, daß ich<lb/><note xml:id="note-0140" prev="#note-0139" place="foot" n="c)">Molfi&#x017F;chen, Kanti&#x017F;chen und andern theologi&#x017F;chen Phi-<lb/>
lo&#x017F;ophen und philo&#x017F;ophi&#x017F;chen Hi&#x017F;toriker dienen zum Bei-<lb/>
&#x017F;piel. Die Herren machens um kein Haar be&#x017F;&#x017F;er, als<lb/><hi rendition="#aq">Duns Scotus,</hi> welcher &#x017F;chloß: <hi rendition="#aq">Quicquid Deus<lb/>
pote&#x017F;t facere, quodque cum <hi rendition="#g">decet</hi> facere, id<lb/>
et <hi rendition="#g">facit</hi>. Atqui matrem filii &#x017F;ui facere immacu-<lb/>
latam a labe originali etc. Ergo.</hi> &#x2014;</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0140] derrieth er mir philoſophiſch-theologiſche Buͤcher zu leſen, bis ich erſt den Miſt hinlaͤnglich aus der Ge- ſchichte kennen wuͤrde. Die Exegeſe lobte Semler; aber ohne große Kenntniß der alten chriſtlichen Hi- ſtorie ſey auch Exegeſe ein ſehr geringes Huͤlfsmittel, um in der eigentlichen Theologie klug zu werden. Meine Leſer verzeihen mir, daß ich ſo manche Urtheile des vortreflichen Semlers anfuͤhre: ſie waren gewiß von ihm durchdacht, und verdienen allemal von Liebhabern der Theologie, die keine bloßen Nachbeter oder Syſtematiker ſeyn und bleiben wol- len, uͤberlegt zu werden. Semler empfahl mir, Vorleſungen zu halten. Man lernt da viel, ſagte er, und fuͤhlt die Luͤcken beſſer, als wenn man ſo blos fuͤr ſich ſtudirt: man ſetzt ſich auch in den Principien feſter. Er hob ſogar die Schwierigkeiten, die ich ihm entgegenſtell- te, und rieth mir, deutſche Reichshiſtorie vorzutra- gen. Semler wuſte recht wohl, daß dieſe Hiſtorie viele Schwierigkeiten hat; aber er wuſte auch, daß ich c) c) Molfiſchen, Kantiſchen und andern theologiſchen Phi- loſophen und philoſophiſchen Hiſtoriker dienen zum Bei- ſpiel. Die Herren machens um kein Haar beſſer, als Duns Scotus, welcher ſchloß: Quicquid Deus poteſt facere, quodque cum decet facere, id et facit. Atqui matrem filii ſui facere immacu- latam a labe originali etc. Ergo. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/140
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/140>, abgerufen am 12.05.2024.