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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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gangen hätte, daß er sich öffentlich gerühmt habe,
sogar seine eigne Schwester -- doch wozu das wei-
tere! von Kochs Hannchen auch nichts weiter: In
Jena wissen das die Leute doch.

Von Herrn D. Danows Tod zog ich in
Jena genaue Nachrichten ein: sie liefen alle dahin
aus, daß der gute Mann sich aus Aerger über seine
Frau ersäuft hätte. Das kränkte mich in der Seele,
und ich ward im Ernst böse über das Weib. Ich
kannte den verstorbenen Doctor, und wußte, daß er
zu den wenigen würdigen Theologen gehörte, die einen
hellen Kopf mit einem guten Herzen verbinden.

Mein Stork, der immer blieb, und nicht eher
zurück wollte, als bis ich mitginge, trieb täglich
neue Possen, und war selten nüchtern. Die Jenen-
ser hatten ihren wahren Spaß mit ihm, und nannten
ihn den Doctor. Er stiftete auch ein lächerliches Lie-
besverständniß mit einem Aufwärtermädchen, wel-
ches er anbetete, und für welches ich ihm Verse
machen muste. Er hat noch von Halle aus an das
Mädchen geschrieben.

Endlich begab ich mich nach Halle zurück, wohin
mich Herr Merk und Brachel begleiteten. Keiner
von uns hatte Geld, sowohl wir, als die Jenenser
nicht. Was war zu thun? Ich versetzte meine Uhr,
und so war uns geholfen. Der Doctor Stork machte
unterwegs allerhand Possen, und amusirte uns nicht

gangen haͤtte, daß er ſich oͤffentlich geruͤhmt habe,
ſogar ſeine eigne Schweſter — doch wozu das wei-
tere! von Kochs Hannchen auch nichts weiter: In
Jena wiſſen das die Leute doch.

Von Herrn D. Danows Tod zog ich in
Jena genaue Nachrichten ein: ſie liefen alle dahin
aus, daß der gute Mann ſich aus Aerger uͤber ſeine
Frau erſaͤuft haͤtte. Das kraͤnkte mich in der Seele,
und ich ward im Ernſt boͤſe uͤber das Weib. Ich
kannte den verſtorbenen Doctor, und wußte, daß er
zu den wenigen wuͤrdigen Theologen gehoͤrte, die einen
hellen Kopf mit einem guten Herzen verbinden.

Mein Stork, der immer blieb, und nicht eher
zuruͤck wollte, als bis ich mitginge, trieb taͤglich
neue Poſſen, und war ſelten nuͤchtern. Die Jenen-
ſer hatten ihren wahren Spaß mit ihm, und nannten
ihn den Doctor. Er ſtiftete auch ein laͤcherliches Lie-
besverſtaͤndniß mit einem Aufwaͤrtermaͤdchen, wel-
ches er anbetete, und fuͤr welches ich ihm Verſe
machen muſte. Er hat noch von Halle aus an das
Maͤdchen geſchrieben.

Endlich begab ich mich nach Halle zuruͤck, wohin
mich Herr Merk und Brachel begleiteten. Keiner
von uns hatte Geld, ſowohl wir, als die Jenenſer
nicht. Was war zu thun? Ich verſetzte meine Uhr,
und ſo war uns geholfen. Der Doctor Stork machte
unterwegs allerhand Poſſen, und amuſirte uns nicht

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[200/0202] gangen haͤtte, daß er ſich oͤffentlich geruͤhmt habe, ſogar ſeine eigne Schweſter — doch wozu das wei- tere! von Kochs Hannchen auch nichts weiter: In Jena wiſſen das die Leute doch. Von Herrn D. Danows Tod zog ich in Jena genaue Nachrichten ein: ſie liefen alle dahin aus, daß der gute Mann ſich aus Aerger uͤber ſeine Frau erſaͤuft haͤtte. Das kraͤnkte mich in der Seele, und ich ward im Ernſt boͤſe uͤber das Weib. Ich kannte den verſtorbenen Doctor, und wußte, daß er zu den wenigen wuͤrdigen Theologen gehoͤrte, die einen hellen Kopf mit einem guten Herzen verbinden. Mein Stork, der immer blieb, und nicht eher zuruͤck wollte, als bis ich mitginge, trieb taͤglich neue Poſſen, und war ſelten nuͤchtern. Die Jenen- ſer hatten ihren wahren Spaß mit ihm, und nannten ihn den Doctor. Er ſtiftete auch ein laͤcherliches Lie- besverſtaͤndniß mit einem Aufwaͤrtermaͤdchen, wel- ches er anbetete, und fuͤr welches ich ihm Verſe machen muſte. Er hat noch von Halle aus an das Maͤdchen geſchrieben. Endlich begab ich mich nach Halle zuruͤck, wohin mich Herr Merk und Brachel begleiteten. Keiner von uns hatte Geld, ſowohl wir, als die Jenenſer nicht. Was war zu thun? Ich verſetzte meine Uhr, und ſo war uns geholfen. Der Doctor Stork machte unterwegs allerhand Poſſen, und amuſirte uns nicht

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/202>, abgerufen am 13.05.2024.