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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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Schneider Thieme zur Thür hinaus schmiß. Die
Kerls liefen nun hin zum Prorector; allein da wur-
den sie mit dem alten Weidspruche abgewiesen: wo
nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren. Dieses
mußte ich mir dann wider sagen lassen, und ärgerte
mich nicht wenig.

Indessen setzte ich doch meine Vorlesungen fleis-
sig fort: da es mir aber an Holz fehlte, auch das
Auditorium zu heitzen, so verloren sich meine Zuhö-
rer nach und nach. Die Studenten hatten sich zwar
zum Holzgelde unterschrieben: allein nur wenige zahl-
ten; und das Bissel Holz, welches für das wenige
Geld angeschaft werden konnte, war gar bald ver-
brannt, zumal, da ich das Einheitzen durch Leute
mußte geschehen lassen, welche mich derb prellten.
Was Wunder, wenn nun der eine Student -- wie
ich es selbst gehört habe -- zum andern sagte: gern
ging ich in Laukhards Reichshistorie: er gefällt mir
besser, als der --; aber es ist zu kalt in seinem
Kollegium: man möchte das Fieber kriegen: -- und
der andre dann replicirte: es ist Schade, daß der
Mann so in Noth ist: hätt' ich Geld, ich kauf-
te ihm Holz. -- Wie gesagt, ich hörte dies von
ohngefähr, und hörte hintendrein noch eine weit-
läuftige Beschreibung meiner fatalen Lage, welche
durchaus wahr aber desto schmerzhafter für mich
war.


Schneider Thieme zur Thuͤr hinaus ſchmiß. Die
Kerls liefen nun hin zum Prorector; allein da wur-
den ſie mit dem alten Weidſpruche abgewieſen: wo
nichts iſt, hat der Kaiſer ſein Recht verloren. Dieſes
mußte ich mir dann wider ſagen laſſen, und aͤrgerte
mich nicht wenig.

Indeſſen ſetzte ich doch meine Vorleſungen fleiſ-
ſig fort: da es mir aber an Holz fehlte, auch das
Auditorium zu heitzen, ſo verloren ſich meine Zuhoͤ-
rer nach und nach. Die Studenten hatten ſich zwar
zum Holzgelde unterſchrieben: allein nur wenige zahl-
ten; und das Biſſel Holz, welches fuͤr das wenige
Geld angeſchaft werden konnte, war gar bald ver-
brannt, zumal, da ich das Einheitzen durch Leute
mußte geſchehen laſſen, welche mich derb prellten.
Was Wunder, wenn nun der eine Student — wie
ich es ſelbſt gehoͤrt habe — zum andern ſagte: gern
ging ich in Laukhards Reichshiſtorie: er gefaͤllt mir
beſſer, als der —; aber es iſt zu kalt in ſeinem
Kollegium: man moͤchte das Fieber kriegen: — und
der andre dann replicirte: es iſt Schade, daß der
Mann ſo in Noth iſt: haͤtt' ich Geld, ich kauf-
te ihm Holz. — Wie geſagt, ich hoͤrte dies von
ohngefaͤhr, und hoͤrte hintendrein noch eine weit-
laͤuftige Beſchreibung meiner fatalen Lage, welche
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[235/0237] Schneider Thieme zur Thuͤr hinaus ſchmiß. Die Kerls liefen nun hin zum Prorector; allein da wur- den ſie mit dem alten Weidſpruche abgewieſen: wo nichts iſt, hat der Kaiſer ſein Recht verloren. Dieſes mußte ich mir dann wider ſagen laſſen, und aͤrgerte mich nicht wenig. Indeſſen ſetzte ich doch meine Vorleſungen fleiſ- ſig fort: da es mir aber an Holz fehlte, auch das Auditorium zu heitzen, ſo verloren ſich meine Zuhoͤ- rer nach und nach. Die Studenten hatten ſich zwar zum Holzgelde unterſchrieben: allein nur wenige zahl- ten; und das Biſſel Holz, welches fuͤr das wenige Geld angeſchaft werden konnte, war gar bald ver- brannt, zumal, da ich das Einheitzen durch Leute mußte geſchehen laſſen, welche mich derb prellten. Was Wunder, wenn nun der eine Student — wie ich es ſelbſt gehoͤrt habe — zum andern ſagte: gern ging ich in Laukhards Reichshiſtorie: er gefaͤllt mir beſſer, als der —; aber es iſt zu kalt in ſeinem Kollegium: man moͤchte das Fieber kriegen: — und der andre dann replicirte: es iſt Schade, daß der Mann ſo in Noth iſt: haͤtt' ich Geld, ich kauf- te ihm Holz. — Wie geſagt, ich hoͤrte dies von ohngefaͤhr, und hoͤrte hintendrein noch eine weit- laͤuftige Beſchreibung meiner fatalen Lage, welche durchaus wahr aber deſto ſchmerzhafter fuͤr mich war.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/237>, abgerufen am 12.05.2024.