Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

manche hatten Lappen und Heu um die Füße ge-
wickelt, um sie vor den kleinen scharfen Steinen zu
sichern.

Freilich wurde befohlen, daß alle Soldaten,
welche das Schuhmacher-Handwerk verstünden,
und deren es bey allen Regimentern giebt, arbei-
ten, und die zerrißnen Schuhe wieder ausbessern
sollten. Aber da war was auszubessern! Es fehlte
ja bey den meisten an Leder, Hanf und Pech!
Ueberdieß denke man sich einen Schuster, der im
Schlamme und in der Kälte arbeiten soll! Unser
Hauptmann gab zwar sein eignes Zelt für die Schuh-
macher her, und ließ sie darunter arbeiten, nur
damit sie Platz haben sollten; und doch fehlten in
unsrer Kompagnie die Schuhe eben so sehr als in
andern. Der Feldwebel Gruneberg hatte im-
mer seine wahre Noth, wenn er die Wache kom-
mandiren sollte: von vier Mann hatten allemal
drey keine Schuhe, und konnten doch barfuß nicht
aufziehen! Marschiren durfte man wohl barfuß,
aber nicht barfuß auf die Wache ziehen!

Der schlechte Zustand des Schuhwesens machte
mehr scharfe meuterische Reden bey der Armee rege;
als selbst der Hunger. Die Soldaten klagten laut;
und brachen in Aeußerungen aus, welche zu jeder
andern Zeit wären bestraft worden; aber auf einem
Rückzuge, wie unser Rückzug aus Frankreich war

manche hatten Lappen und Heu um die Fuͤße ge-
wickelt, um ſie vor den kleinen ſcharfen Steinen zu
ſichern.

Freilich wurde befohlen, daß alle Soldaten,
welche das Schuhmacher-Handwerk verſtuͤnden,
und deren es bey allen Regimentern giebt, arbei-
ten, und die zerrißnen Schuhe wieder ausbeſſern
ſollten. Aber da war was auszubeſſern! Es fehlte
ja bey den meiſten an Leder, Hanf und Pech!
Ueberdieß denke man ſich einen Schuſter, der im
Schlamme und in der Kaͤlte arbeiten ſoll! Unſer
Hauptmann gab zwar ſein eignes Zelt fuͤr die Schuh-
macher her, und ließ ſie darunter arbeiten, nur
damit ſie Platz haben ſollten; und doch fehlten in
unſrer Kompagnie die Schuhe eben ſo ſehr als in
andern. Der Feldwebel Gruneberg hatte im-
mer ſeine wahre Noth, wenn er die Wache kom-
mandiren ſollte: von vier Mann hatten allemal
drey keine Schuhe, und konnten doch barfuß nicht
aufziehen! Marſchiren durfte man wohl barfuß,
aber nicht barfuß auf die Wache ziehen!

Der ſchlechte Zuſtand des Schuhweſens machte
mehr ſcharfe meuteriſche Reden bey der Armee rege;
als ſelbſt der Hunger. Die Soldaten klagten laut;
und brachen in Aeußerungen aus, welche zu jeder
andern Zeit waͤren beſtraft worden; aber auf einem
Ruͤckzuge, wie unſer Ruͤckzug aus Frankreich war

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0225" n="213"/>
manche hatten Lappen und Heu um die Fu&#x0364;ße ge-<lb/>
wickelt, um &#x017F;ie vor den kleinen &#x017F;charfen Steinen zu<lb/>
&#x017F;ichern.</p><lb/>
        <p>Freilich wurde befohlen, daß alle Soldaten,<lb/>
welche das Schuhmacher-Handwerk ver&#x017F;tu&#x0364;nden,<lb/>
und deren es bey allen Regimentern giebt, arbei-<lb/>
ten, und die zerrißnen Schuhe wieder ausbe&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
&#x017F;ollten. Aber da war was auszube&#x017F;&#x017F;ern! Es fehlte<lb/>
ja bey den mei&#x017F;ten an Leder, Hanf und Pech!<lb/>
Ueberdieß denke man &#x017F;ich einen Schu&#x017F;ter, der im<lb/>
Schlamme und in der Ka&#x0364;lte arbeiten &#x017F;oll! Un&#x017F;er<lb/>
Hauptmann gab zwar &#x017F;ein eignes Zelt fu&#x0364;r die Schuh-<lb/>
macher her, und ließ &#x017F;ie darunter arbeiten, nur<lb/>
damit &#x017F;ie Platz haben &#x017F;ollten; und doch fehlten in<lb/>
un&#x017F;rer Kompagnie die Schuhe eben &#x017F;o &#x017F;ehr als in<lb/>
andern. Der Feldwebel <hi rendition="#g">Gruneberg</hi> hatte im-<lb/>
mer &#x017F;eine wahre Noth, wenn er die Wache kom-<lb/>
mandiren &#x017F;ollte: von vier Mann hatten allemal<lb/>
drey keine Schuhe, und konnten doch barfuß nicht<lb/>
aufziehen! Mar&#x017F;chiren durfte man wohl barfuß,<lb/>
aber nicht barfuß auf die Wache ziehen!</p><lb/>
        <p>Der &#x017F;chlechte Zu&#x017F;tand des Schuhwe&#x017F;ens machte<lb/>
mehr &#x017F;charfe meuteri&#x017F;che Reden bey der Armee rege;<lb/>
als &#x017F;elb&#x017F;t der Hunger. Die Soldaten klagten laut;<lb/>
und brachen in Aeußerungen aus, welche zu jeder<lb/>
andern Zeit wa&#x0364;ren be&#x017F;traft worden; aber auf einem<lb/>
Ru&#x0364;ckzuge, wie un&#x017F;er Ru&#x0364;ckzug aus Frankreich war<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0225] manche hatten Lappen und Heu um die Fuͤße ge- wickelt, um ſie vor den kleinen ſcharfen Steinen zu ſichern. Freilich wurde befohlen, daß alle Soldaten, welche das Schuhmacher-Handwerk verſtuͤnden, und deren es bey allen Regimentern giebt, arbei- ten, und die zerrißnen Schuhe wieder ausbeſſern ſollten. Aber da war was auszubeſſern! Es fehlte ja bey den meiſten an Leder, Hanf und Pech! Ueberdieß denke man ſich einen Schuſter, der im Schlamme und in der Kaͤlte arbeiten ſoll! Unſer Hauptmann gab zwar ſein eignes Zelt fuͤr die Schuh- macher her, und ließ ſie darunter arbeiten, nur damit ſie Platz haben ſollten; und doch fehlten in unſrer Kompagnie die Schuhe eben ſo ſehr als in andern. Der Feldwebel Gruneberg hatte im- mer ſeine wahre Noth, wenn er die Wache kom- mandiren ſollte: von vier Mann hatten allemal drey keine Schuhe, und konnten doch barfuß nicht aufziehen! Marſchiren durfte man wohl barfuß, aber nicht barfuß auf die Wache ziehen! Der ſchlechte Zuſtand des Schuhweſens machte mehr ſcharfe meuteriſche Reden bey der Armee rege; als ſelbſt der Hunger. Die Soldaten klagten laut; und brachen in Aeußerungen aus, welche zu jeder andern Zeit waͤren beſtraft worden; aber auf einem Ruͤckzuge, wie unſer Ruͤckzug aus Frankreich war

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/225
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/225>, abgerufen am 05.05.2024.