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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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von inkompetenten oder despotischen Richtern noth-
wendig Freyheitssinn erzeugt; daß Krieg diesen
Freyheitssinn vermehrt, und bis zum Enthusias-
mus erhebt, und daß dann eine freye Nation we-
nigstens so lange frey seyn muß, als der Krieg
währt, oder als sie noch befürchten kann, daß man
ihr die Freyheit rauben wolle." Dieses ist eine
goldne Wahrheit, die allen wahren Weisen längst
eingeleuchtet hat, und endlich auch noch denen in
England einleuchten wird, von welchen Cicero
weißagt, wenn er spricht: Eventus stu torum ma-
gister.
Man hat das ja schon gesehen!

Was hoffte man nicht alles im Jul, 1792! Man
hoffte, daß Frankreich sich sofort geben d. i. den
König als suverän wieder anerkennen würde. Man
rückte deswegen so schlecht vorbereitet an. Allein
je näher die Gefahr für Frankreich erschien, desto
mehr hob sich jener Freyheitssinn, der den Republi-
kanern allein eigen ist. Die gräßlichsten Blut-
scenen machten den Anfang. Man denke an den
10ten August! Die Alliirten erobern Longwy
und Verdun, und siehe da in Paris den Auftritt
vom 2ten September! Endlich erklärt sich, die
Nation für frey, und setzt ihren König gänzlich ab,
und das gerade damals, als man zu einem ent-
scheidend seyn sollenden Treffen Anstalt machte.
Ergo hat ja der Krieg selbst, und zwar der Krieg

von inkompetenten oder deſpotiſchen Richtern noth-
wendig Freyheitsſinn erzeugt; daß Krieg dieſen
Freyheitsſinn vermehrt, und bis zum Enthuſias-
mus erhebt, und daß dann eine freye Nation we-
nigſtens ſo lange frey ſeyn muß, als der Krieg
waͤhrt, oder als ſie noch befuͤrchten kann, daß man
ihr die Freyheit rauben wolle.“ Dieſes iſt eine
goldne Wahrheit, die allen wahren Weiſen laͤngſt
eingeleuchtet hat, und endlich auch noch denen in
England einleuchten wird, von welchen Cicero
weißagt, wenn er ſpricht: Eventus ſtu torum ma-
giſter.
Man hat das ja ſchon geſehen!

Was hoffte man nicht alles im Jul, 1792! Man
hoffte, daß Frankreich ſich ſofort geben d. i. den
Koͤnig als ſuveraͤn wieder anerkennen wuͤrde. Man
ruͤckte deswegen ſo ſchlecht vorbereitet an. Allein
je naͤher die Gefahr fuͤr Frankreich erſchien, deſto
mehr hob ſich jener Freyheitsſinn, der den Republi-
kanern allein eigen iſt. Die graͤßlichſten Blut-
ſcenen machten den Anfang. Man denke an den
10ten Auguſt! Die Alliirten erobern Longwy
und Verdun, und ſiehe da in Paris den Auftritt
vom 2ten September! Endlich erklaͤrt ſich, die
Nation fuͤr frey, und ſetzt ihren Koͤnig gaͤnzlich ab,
und das gerade damals, als man zu einem ent-
ſcheidend ſeyn ſollenden Treffen Anſtalt machte.
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[224/0236] von inkompetenten oder deſpotiſchen Richtern noth- wendig Freyheitsſinn erzeugt; daß Krieg dieſen Freyheitsſinn vermehrt, und bis zum Enthuſias- mus erhebt, und daß dann eine freye Nation we- nigſtens ſo lange frey ſeyn muß, als der Krieg waͤhrt, oder als ſie noch befuͤrchten kann, daß man ihr die Freyheit rauben wolle.“ Dieſes iſt eine goldne Wahrheit, die allen wahren Weiſen laͤngſt eingeleuchtet hat, und endlich auch noch denen in England einleuchten wird, von welchen Cicero weißagt, wenn er ſpricht: Eventus ſtu torum ma- giſter. Man hat das ja ſchon geſehen! Was hoffte man nicht alles im Jul, 1792! Man hoffte, daß Frankreich ſich ſofort geben d. i. den Koͤnig als ſuveraͤn wieder anerkennen wuͤrde. Man ruͤckte deswegen ſo ſchlecht vorbereitet an. Allein je naͤher die Gefahr fuͤr Frankreich erſchien, deſto mehr hob ſich jener Freyheitsſinn, der den Republi- kanern allein eigen iſt. Die graͤßlichſten Blut- ſcenen machten den Anfang. Man denke an den 10ten Auguſt! Die Alliirten erobern Longwy und Verdun, und ſiehe da in Paris den Auftritt vom 2ten September! Endlich erklaͤrt ſich, die Nation fuͤr frey, und ſetzt ihren Koͤnig gaͤnzlich ab, und das gerade damals, als man zu einem ent- ſcheidend ſeyn ſollenden Treffen Anſtalt machte. Ergo hat ja der Krieg ſelbſt, und zwar der Krieg

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/236>, abgerufen am 29.04.2024.