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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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päpsteln, dabey aber von der wahren Beschaffen-
heit der Neufränkischen Händel gar nicht unterrich-
tet waren. Sie glaubten daher, die jetzigen Fran-
zosen würden das Spiel bey ihnen wieder spielen,
was die ehemaligen dort herum spielten, wenn sie
Krieg im Reiche führten, d. i. alle Ketzer zur Rö-
mischen Religion zwingen. Also sahen sie im Geiste
schon das ganze Darmstädter, Weilburger und
Anderer Land, an welches sie gränzen, zum wah-
ren Glauben durch die Franzosen gezwungen. Als
aber die garstigen Leute bey ihrer Dahinkunft sich
um nichts weniger bekümmerten, als um die ver-
schiedenen Abstiche im An- und Ausputzen der Ge-
hirn-Idole: so sah man verächtlich von ihnen weg,
haßte sie, und dieß um so mehr, je greller ihnen
ihre Pfaffen den Gräuel der Neufränkischen Ein-
richtung beschrieben und verdammten.

Der Pastor von Wickert, einem Dorfe zwey
Stunden von Maynz, hatte sich hierin vorzüglich
ausgezeichnet. Er hatte in der christlichen Lehre
unter andern auch die große Wahrheit abgehandelt,
daß man ohne Beichte nicht selig werden könne, daß
aber die Beichte bey einem ordentlich geweihten
Priester geschehen müsse, weil, wer bey einem
apostatischen oder gar unrecht geweihten beichte,
ein Sakrilegium begienge, und dann, wenn er
stürbe, geradezu zur Hölle hinabführe, und ewig

paͤpſteln, dabey aber von der wahren Beſchaffen-
heit der Neufraͤnkiſchen Haͤndel gar nicht unterrich-
tet waren. Sie glaubten daher, die jetzigen Fran-
zoſen wuͤrden das Spiel bey ihnen wieder ſpielen,
was die ehemaligen dort herum ſpielten, wenn ſie
Krieg im Reiche fuͤhrten, d. i. alle Ketzer zur Roͤ-
miſchen Religion zwingen. Alſo ſahen ſie im Geiſte
ſchon das ganze Darmſtaͤdter, Weilburger und
Anderer Land, an welches ſie graͤnzen, zum wah-
ren Glauben durch die Franzoſen gezwungen. Als
aber die garſtigen Leute bey ihrer Dahinkunft ſich
um nichts weniger bekuͤmmerten, als um die ver-
ſchiedenen Abſtiche im An- und Ausputzen der Ge-
hirn-Idole: ſo ſah man veraͤchtlich von ihnen weg,
haßte ſie, und dieß um ſo mehr, je greller ihnen
ihre Pfaffen den Graͤuel der Neufraͤnkiſchen Ein-
richtung beſchrieben und verdammten.

Der Paſtor von Wickert, einem Dorfe zwey
Stunden von Maynz, hatte ſich hierin vorzuͤglich
ausgezeichnet. Er hatte in der chriſtlichen Lehre
unter andern auch die große Wahrheit abgehandelt,
daß man ohne Beichte nicht ſelig werden koͤnne, daß
aber die Beichte bey einem ordentlich geweihten
Prieſter geſchehen muͤſſe, weil, wer bey einem
apoſtatiſchen oder gar unrecht geweihten beichte,
ein Sakrilegium begienge, und dann, wenn er
ſtuͤrbe, geradezu zur Hoͤlle hinabfuͤhre, und ewig

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[282/0294] paͤpſteln, dabey aber von der wahren Beſchaffen- heit der Neufraͤnkiſchen Haͤndel gar nicht unterrich- tet waren. Sie glaubten daher, die jetzigen Fran- zoſen wuͤrden das Spiel bey ihnen wieder ſpielen, was die ehemaligen dort herum ſpielten, wenn ſie Krieg im Reiche fuͤhrten, d. i. alle Ketzer zur Roͤ- miſchen Religion zwingen. Alſo ſahen ſie im Geiſte ſchon das ganze Darmſtaͤdter, Weilburger und Anderer Land, an welches ſie graͤnzen, zum wah- ren Glauben durch die Franzoſen gezwungen. Als aber die garſtigen Leute bey ihrer Dahinkunft ſich um nichts weniger bekuͤmmerten, als um die ver- ſchiedenen Abſtiche im An- und Ausputzen der Ge- hirn-Idole: ſo ſah man veraͤchtlich von ihnen weg, haßte ſie, und dieß um ſo mehr, je greller ihnen ihre Pfaffen den Graͤuel der Neufraͤnkiſchen Ein- richtung beſchrieben und verdammten. Der Paſtor von Wickert, einem Dorfe zwey Stunden von Maynz, hatte ſich hierin vorzuͤglich ausgezeichnet. Er hatte in der chriſtlichen Lehre unter andern auch die große Wahrheit abgehandelt, daß man ohne Beichte nicht ſelig werden koͤnne, daß aber die Beichte bey einem ordentlich geweihten Prieſter geſchehen muͤſſe, weil, wer bey einem apoſtatiſchen oder gar unrecht geweihten beichte, ein Sakrilegium begienge, und dann, wenn er ſtuͤrbe, geradezu zur Hoͤlle hinabfuͤhre, und ewig

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/294>, abgerufen am 26.04.2024.