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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Bruder, dem Herzog. Dieser war, was wir
wissen, ein Freund der Jäger, der Jagdhunde, der
Frauenzimmer, der Katzen und der Eulen, aber
ein Feind seiner Unterthanen, und eben dadurch
eine der Hauptursachen des Partheygeistes, der
das arme Zweybrücker Land so elend gemacht hat.

Herzog Maximilian sagte mir, daß er von
mir gehört habe, und mich gern persönlich kennen
mögte. Ich mußte mich niedersetzen, Wein trin-
ken und erzählen. Ich erzählte ohne Winkelzüge,
ganz frey, und rügte alles gerade heraus, was
ich an dem Pfälzischen Wesen zu tadeln fand. Ich
weiß es, fuhr ich fort, daß ich mit dem künftigen
Kurfürsten von Pfalzbayern rede, und eben des-
wegen rede ich frey. Gott gebe, daß Ew. Durch-
laucht die Wunden heilen mögen, welche ein anar-
chisch-aristokratisch-pfaffisch-despotisches Regie-
rungssystem dem guten Vaterlande geschlagen hat!
Der Herzog lächelte, wendete sich etwas zur Seite,
kehrte dann wieder freundlich zu mir, und sagte:
Wenn die Vorsehung mich dereinst regieren läßt, so
sollen Sie gewiß nicht mehr so bitter zu klagen fin-
den. -- Man muß wissen, daß der Herzog mit
Leuten, die er seiner Unterredung würdiget, nicht
par Er oder Ihr spricht. Das thun nur die,
welche die Menschheit und sich in Andern nicht zu
ehren wissen, z. B. ein Klevesahl, Superin-

Bruder, dem Herzog. Dieſer war, was wir
wiſſen, ein Freund der Jaͤger, der Jagdhunde, der
Frauenzimmer, der Katzen und der Eulen, aber
ein Feind ſeiner Unterthanen, und eben dadurch
eine der Haupturſachen des Partheygeiſtes, der
das arme Zweybruͤcker Land ſo elend gemacht hat.

Herzog Maximilian ſagte mir, daß er von
mir gehoͤrt habe, und mich gern perſoͤnlich kennen
moͤgte. Ich mußte mich niederſetzen, Wein trin-
ken und erzaͤhlen. Ich erzaͤhlte ohne Winkelzuͤge,
ganz frey, und ruͤgte alles gerade heraus, was
ich an dem Pfaͤlziſchen Weſen zu tadeln fand. Ich
weiß es, fuhr ich fort, daß ich mit dem kuͤnftigen
Kurfuͤrſten von Pfalzbayern rede, und eben des-
wegen rede ich frey. Gott gebe, daß Ew. Durch-
laucht die Wunden heilen moͤgen, welche ein anar-
chiſch-ariſtokratiſch-pfaffiſch-deſpotiſches Regie-
rungsſyſtem dem guten Vaterlande geſchlagen hat!
Der Herzog laͤchelte, wendete ſich etwas zur Seite,
kehrte dann wieder freundlich zu mir, und ſagte:
Wenn die Vorſehung mich dereinſt regieren laͤßt, ſo
ſollen Sie gewiß nicht mehr ſo bitter zu klagen fin-
den. — Man muß wiſſen, daß der Herzog mit
Leuten, die er ſeiner Unterredung wuͤrdiget, nicht
par Er oder Ihr ſpricht. Das thun nur die,
welche die Menſchheit und ſich in Andern nicht zu
ehren wiſſen, z. B. ein Kleveſahl, Superin-

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[447/0459] Bruder, dem Herzog. Dieſer war, was wir wiſſen, ein Freund der Jaͤger, der Jagdhunde, der Frauenzimmer, der Katzen und der Eulen, aber ein Feind ſeiner Unterthanen, und eben dadurch eine der Haupturſachen des Partheygeiſtes, der das arme Zweybruͤcker Land ſo elend gemacht hat. Herzog Maximilian ſagte mir, daß er von mir gehoͤrt habe, und mich gern perſoͤnlich kennen moͤgte. Ich mußte mich niederſetzen, Wein trin- ken und erzaͤhlen. Ich erzaͤhlte ohne Winkelzuͤge, ganz frey, und ruͤgte alles gerade heraus, was ich an dem Pfaͤlziſchen Weſen zu tadeln fand. Ich weiß es, fuhr ich fort, daß ich mit dem kuͤnftigen Kurfuͤrſten von Pfalzbayern rede, und eben des- wegen rede ich frey. Gott gebe, daß Ew. Durch- laucht die Wunden heilen moͤgen, welche ein anar- chiſch-ariſtokratiſch-pfaffiſch-deſpotiſches Regie- rungsſyſtem dem guten Vaterlande geſchlagen hat! Der Herzog laͤchelte, wendete ſich etwas zur Seite, kehrte dann wieder freundlich zu mir, und ſagte: Wenn die Vorſehung mich dereinſt regieren laͤßt, ſo ſollen Sie gewiß nicht mehr ſo bitter zu klagen fin- den. — Man muß wiſſen, daß der Herzog mit Leuten, die er ſeiner Unterredung wuͤrdiget, nicht par Er oder Ihr ſpricht. Das thun nur die, welche die Menſchheit und ſich in Andern nicht zu ehren wiſſen, z. B. ein Kleveſahl, Superin-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/459>, abgerufen am 29.04.2024.