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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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Krabes hatte ich hernach auch zu analysiren, und
nicht selten Mühe genug, herauszubringen, daß
die Schöne es für eine Ehre halte, ihre geringen
Reize der Aufmerksamkeit eines so aimable garcon
werth zu sehen u. s. w. Gewöhnlicherweise wurde
der aimable garcon auf eine Promenade eingeladen,
und dann ging die Erklärung durch Zeichen, abge-
brochne Redensarten u. s. w. schon ohne Dollmet-
scher von selbst.

Aber unsre fremden Offiziere hatten doch nur
Gelegenheit, mit einer gewissen Klasse von Schö-
nen umzugehen, nämlich mit den Töchtern und
Basen der Wirthe, bey denen sie speißten, mit
Nätherinnen, Wäscherinnen, Töchtern der Schnei-
der, Schuster und ähnlicher Aushelfer. Frei-
lich macht die einmal festgesezte Gleichheit, daß
das gemeinste französische Mädchen sich für so gut
hält, als irgend ein viel reicheres, schöneres oder
besser erzogenes: allein die kritischen Liebeler finden
gar viel Ungleichheit unter denselben, und be-
haupten, daß der Begriff der Gleichheit nur im
Sinn der Republik Werth und Wahrheit habe;
weiter aber ausgedehnt -- Unsinn werde.

In Frankreich gab es niemals privilegiirte Bor-
delle, ausser in den Seestädten: doch war wohl
keine Stadt ohne verkappte Bordelle: und so ist es
noch. Der Konvent hat zwar einige Gesetze gegen

Krabes hatte ich hernach auch zu analyſiren, und
nicht ſelten Muͤhe genug, herauszubringen, daß
die Schoͤne es fuͤr eine Ehre halte, ihre geringen
Reize der Aufmerkſamkeit eines ſo aimable garçon
werth zu ſehen u. ſ. w. Gewoͤhnlicherweiſe wurde
der aimable garçon auf eine Promenade eingeladen,
und dann ging die Erklaͤrung durch Zeichen, abge-
brochne Redensarten u. ſ. w. ſchon ohne Dollmet-
ſcher von ſelbſt.

Aber unſre fremden Offiziere hatten doch nur
Gelegenheit, mit einer gewiſſen Klaſſe von Schoͤ-
nen umzugehen, naͤmlich mit den Toͤchtern und
Baſen der Wirthe, bey denen ſie ſpeißten, mit
Naͤtherinnen, Waͤſcherinnen, Toͤchtern der Schnei-
der, Schuſter und aͤhnlicher Aushelfer. Frei-
lich macht die einmal feſtgeſezte Gleichheit, daß
das gemeinſte franzoͤſiſche Maͤdchen ſich fuͤr ſo gut
haͤlt, als irgend ein viel reicheres, ſchoͤneres oder
beſſer erzogenes: allein die kritiſchen Liebeler finden
gar viel Ungleichheit unter denſelben, und be-
haupten, daß der Begriff der Gleichheit nur im
Sinn der Republik Werth und Wahrheit habe;
weiter aber ausgedehnt — Unſinn werde.

In Frankreich gab es niemals privilegiirte Bor-
delle, auſſer in den Seeſtaͤdten: doch war wohl
keine Stadt ohne verkappte Bordelle: und ſo iſt es
noch. Der Konvent hat zwar einige Geſetze gegen

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[26/0030] Krabes hatte ich hernach auch zu analyſiren, und nicht ſelten Muͤhe genug, herauszubringen, daß die Schoͤne es fuͤr eine Ehre halte, ihre geringen Reize der Aufmerkſamkeit eines ſo aimable garçon werth zu ſehen u. ſ. w. Gewoͤhnlicherweiſe wurde der aimable garçon auf eine Promenade eingeladen, und dann ging die Erklaͤrung durch Zeichen, abge- brochne Redensarten u. ſ. w. ſchon ohne Dollmet- ſcher von ſelbſt. Aber unſre fremden Offiziere hatten doch nur Gelegenheit, mit einer gewiſſen Klaſſe von Schoͤ- nen umzugehen, naͤmlich mit den Toͤchtern und Baſen der Wirthe, bey denen ſie ſpeißten, mit Naͤtherinnen, Waͤſcherinnen, Toͤchtern der Schnei- der, Schuſter und aͤhnlicher Aushelfer. Frei- lich macht die einmal feſtgeſezte Gleichheit, daß das gemeinſte franzoͤſiſche Maͤdchen ſich fuͤr ſo gut haͤlt, als irgend ein viel reicheres, ſchoͤneres oder beſſer erzogenes: allein die kritiſchen Liebeler finden gar viel Ungleichheit unter denſelben, und be- haupten, daß der Begriff der Gleichheit nur im Sinn der Republik Werth und Wahrheit habe; weiter aber ausgedehnt — Unſinn werde. In Frankreich gab es niemals privilegiirte Bor- delle, auſſer in den Seeſtaͤdten: doch war wohl keine Stadt ohne verkappte Bordelle: und ſo iſt es noch. Der Konvent hat zwar einige Geſetze gegen

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/30>, abgerufen am 27.04.2024.