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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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kommen anerkannt, und er kam los: aber er wur-
de doch in alle Kosten verdammt, die der ganze
weitläuftige Proceß verursacht hatte, und durfte
an keinen Ersatz des großen Schadens denken, wel-
chen sein Hauswesen durch seine Verhaftung und
sein langes Gefängniß gelitten hatte. Ich kann
nicht bestimmen, in wie fern jemand Proceßkosten
tragen müsse, der für unschnldig erklärt worden
ist, indessen scheint es mir doch, daß in Fällen, wie
der des Anspänners Engelmann war, der Staat
selbst die Kosten leisten müßte. Ich habe viel Ehr-
furcht gegen die Aussprüche der Regierung zu
Magdeburg, indessen kommt es mir doch vor,
als sey Engelmann zu hart und folglich unbillig
behandelt worden. Freylich konnten jene Buben,
welche den Mann bloß aus Bosheit -- denn Vor-
theile konnten sie durch diesen Streich nicht erwar-
ten -- angegeben und eines Menschenmordes be-
schuldiget hatten, die Proceßunkosten nicht leisten, die
ihnen allerdings hätten zufallen müssen: aber ich
sehe auch gar nicht ein, wie eine Verbindlichkeit auf
mich fallen könne, bloß deßwegen, weil der, wel-
cher dieselbe zu leisten hat, sie nicht leisten kann?

Engelmann schrieb auf seinem Gefängniß ein
dickes Buch, worin er die Geschichte seines Pro-
cesses, seines Arrestes und derjenigen erzählt,
welche zugleich auf dem Rathhause saßen, und mit

kommen anerkannt, und er kam los: aber er wur-
de doch in alle Koſten verdammt, die der ganze
weitlaͤuftige Proceß verurſacht hatte, und durfte
an keinen Erſatz des großen Schadens denken, wel-
chen ſein Hausweſen durch ſeine Verhaftung und
ſein langes Gefaͤngniß gelitten hatte. Ich kann
nicht beſtimmen, in wie fern jemand Proceßkoſten
tragen muͤſſe, der fuͤr unſchnldig erklaͤrt worden
iſt, indeſſen ſcheint es mir doch, daß in Faͤllen, wie
der des Anſpaͤnners Engelmann war, der Staat
ſelbſt die Koſten leiſten muͤßte. Ich habe viel Ehr-
furcht gegen die Ausſpruͤche der Regierung zu
Magdeburg, indeſſen kommt es mir doch vor,
als ſey Engelmann zu hart und folglich unbillig
behandelt worden. Freylich konnten jene Buben,
welche den Mann bloß aus Bosheit — denn Vor-
theile konnten ſie durch dieſen Streich nicht erwar-
ten — angegeben und eines Menſchenmordes be-
ſchuldiget hatten, die Proceßunkoſten nicht leiſten, die
ihnen allerdings haͤtten zufallen muͤſſen: aber ich
ſehe auch gar nicht ein, wie eine Verbindlichkeit auf
mich fallen koͤnne, bloß deßwegen, weil der, wel-
cher dieſelbe zu leiſten hat, ſie nicht leiſten kann?

Engelmann ſchrieb auf ſeinem Gefaͤngniß ein
dickes Buch, worin er die Geſchichte ſeines Pro-
ceſſes, ſeines Arreſtes und derjenigen erzaͤhlt,
welche zugleich auf dem Rathhauſe ſaßen, und mit

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[153/0161] kommen anerkannt, und er kam los: aber er wur- de doch in alle Koſten verdammt, die der ganze weitlaͤuftige Proceß verurſacht hatte, und durfte an keinen Erſatz des großen Schadens denken, wel- chen ſein Hausweſen durch ſeine Verhaftung und ſein langes Gefaͤngniß gelitten hatte. Ich kann nicht beſtimmen, in wie fern jemand Proceßkoſten tragen muͤſſe, der fuͤr unſchnldig erklaͤrt worden iſt, indeſſen ſcheint es mir doch, daß in Faͤllen, wie der des Anſpaͤnners Engelmann war, der Staat ſelbſt die Koſten leiſten muͤßte. Ich habe viel Ehr- furcht gegen die Ausſpruͤche der Regierung zu Magdeburg, indeſſen kommt es mir doch vor, als ſey Engelmann zu hart und folglich unbillig behandelt worden. Freylich konnten jene Buben, welche den Mann bloß aus Bosheit — denn Vor- theile konnten ſie durch dieſen Streich nicht erwar- ten — angegeben und eines Menſchenmordes be- ſchuldiget hatten, die Proceßunkoſten nicht leiſten, die ihnen allerdings haͤtten zufallen muͤſſen: aber ich ſehe auch gar nicht ein, wie eine Verbindlichkeit auf mich fallen koͤnne, bloß deßwegen, weil der, wel- cher dieſelbe zu leiſten hat, ſie nicht leiſten kann? Engelmann ſchrieb auf ſeinem Gefaͤngniß ein dickes Buch, worin er die Geſchichte ſeines Pro- ceſſes, ſeines Arreſtes und derjenigen erzaͤhlt, welche zugleich auf dem Rathhauſe ſaßen, und mit

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/161>, abgerufen am 28.04.2024.