Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Ausser dem Zeit- und Geldverlust aber leiden
die Studenten noch andern Schaden, der zwar we-
niger sichtbar, aber nicht minder beträchtlich ist.
Die verderblichen Hazardspiele sind von Lauchstädt
nach Halle gekommen, und manches obscure Bre-
lau würde nicht so häufig besucht worden seyn,
wenn die Herren nicht zu Lauchstädt das edle Pha-
rao und das noch edelere Knöcheln gelernt hätten.
Ich habe Studenten gekannt, welche sich in der
Spielkunst so sehr vervollkommnet haben, daß sie
die Studien an den Nagel henkten, und nun als
Spieler in der Welt herumziehen. Doch genug
von Lauchstädt: es wird, troz meines Predigens,
doch bleiben wie es ist, und vielleicht nur noch
schlimmer werden.

Wenn man aber so alles zusammen nimmt, sollte
man denken, es sey mehr Eigensinn von Seiten
derer gewesen, welche im Jahr 1797 wider die Er-
richtung eines Theaters in Halle protestirt haben,
als wirklicher Patriotismus und Sorgsamkeit für
die Universität. Ein Theater hätte hier wenig, oder
gar nichts geschadet, und wenn auch zwanzig Mal
wäre gespielt worden, und ein Student hätte allen
zwanzig Vorstellungen beygewohnt, so hätte er doch
nicht mehr, als 6 thlr. 8 gl. hingegeben, da ihn
jezt eine einzige Lauchstädter Geniereise so viel
kostet.


Auſſer dem Zeit- und Geldverluſt aber leiden
die Studenten noch andern Schaden, der zwar we-
niger ſichtbar, aber nicht minder betraͤchtlich iſt.
Die verderblichen Hazardſpiele ſind von Lauchſtaͤdt
nach Halle gekommen, und manches obſcure Bre-
lau wuͤrde nicht ſo haͤufig beſucht worden ſeyn,
wenn die Herren nicht zu Lauchſtaͤdt das edle Pha-
rao und das noch edelere Knoͤcheln gelernt haͤtten.
Ich habe Studenten gekannt, welche ſich in der
Spielkunſt ſo ſehr vervollkommnet haben, daß ſie
die Studien an den Nagel henkten, und nun als
Spieler in der Welt herumziehen. Doch genug
von Lauchſtaͤdt: es wird, troz meines Predigens,
doch bleiben wie es iſt, und vielleicht nur noch
ſchlimmer werden.

Wenn man aber ſo alles zuſammen nimmt, ſollte
man denken, es ſey mehr Eigenſinn von Seiten
derer geweſen, welche im Jahr 1797 wider die Er-
richtung eines Theaters in Halle proteſtirt haben,
als wirklicher Patriotismus und Sorgſamkeit fuͤr
die Univerſitaͤt. Ein Theater haͤtte hier wenig, oder
gar nichts geſchadet, und wenn auch zwanzig Mal
waͤre geſpielt worden, und ein Student haͤtte allen
zwanzig Vorſtellungen beygewohnt, ſo haͤtte er doch
nicht mehr, als 6 thlr. 8 gl. hingegeben, da ihn
jezt eine einzige Lauchſtaͤdter Geniereiſe ſo viel
koſtet.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0070" n="62"/>
        <p>Au&#x017F;&#x017F;er dem Zeit- und Geldverlu&#x017F;t aber leiden<lb/>
die Studenten noch andern Schaden, der zwar we-<lb/>
niger &#x017F;ichtbar, aber nicht minder betra&#x0364;chtlich i&#x017F;t.<lb/>
Die verderblichen Hazard&#x017F;piele &#x017F;ind von Lauch&#x017F;ta&#x0364;dt<lb/>
nach Halle gekommen, und manches ob&#x017F;cure Bre-<lb/>
lau wu&#x0364;rde nicht &#x017F;o ha&#x0364;ufig be&#x017F;ucht worden &#x017F;eyn,<lb/>
wenn die Herren nicht zu Lauch&#x017F;ta&#x0364;dt das edle Pha-<lb/>
rao und das noch edelere Kno&#x0364;cheln gelernt ha&#x0364;tten.<lb/>
Ich habe Studenten gekannt, welche &#x017F;ich in der<lb/>
Spielkun&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;ehr vervollkommnet haben, daß &#x017F;ie<lb/>
die Studien an den Nagel henkten, und nun als<lb/>
Spieler in der Welt herumziehen. Doch genug<lb/>
von Lauch&#x017F;ta&#x0364;dt: es wird, troz meines Predigens,<lb/>
doch bleiben wie es i&#x017F;t, und vielleicht nur noch<lb/>
&#x017F;chlimmer werden.</p><lb/>
        <p>Wenn man aber &#x017F;o alles zu&#x017F;ammen nimmt, &#x017F;ollte<lb/>
man denken, es &#x017F;ey mehr Eigen&#x017F;inn von Seiten<lb/>
derer gewe&#x017F;en, welche im Jahr 1797 wider die Er-<lb/>
richtung eines Theaters in Halle prote&#x017F;tirt haben,<lb/>
als wirklicher Patriotismus und Sorg&#x017F;amkeit fu&#x0364;r<lb/>
die Univer&#x017F;ita&#x0364;t. Ein Theater ha&#x0364;tte hier wenig, oder<lb/>
gar nichts ge&#x017F;chadet, und wenn auch zwanzig Mal<lb/>
wa&#x0364;re ge&#x017F;pielt worden, und ein Student ha&#x0364;tte allen<lb/>
zwanzig Vor&#x017F;tellungen beygewohnt, &#x017F;o ha&#x0364;tte er doch<lb/>
nicht mehr, als 6 thlr. 8 gl. hingegeben, da ihn<lb/>
jezt eine einzige Lauch&#x017F;ta&#x0364;dter Genierei&#x017F;e &#x017F;o viel<lb/>
ko&#x017F;tet.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0070] Auſſer dem Zeit- und Geldverluſt aber leiden die Studenten noch andern Schaden, der zwar we- niger ſichtbar, aber nicht minder betraͤchtlich iſt. Die verderblichen Hazardſpiele ſind von Lauchſtaͤdt nach Halle gekommen, und manches obſcure Bre- lau wuͤrde nicht ſo haͤufig beſucht worden ſeyn, wenn die Herren nicht zu Lauchſtaͤdt das edle Pha- rao und das noch edelere Knoͤcheln gelernt haͤtten. Ich habe Studenten gekannt, welche ſich in der Spielkunſt ſo ſehr vervollkommnet haben, daß ſie die Studien an den Nagel henkten, und nun als Spieler in der Welt herumziehen. Doch genug von Lauchſtaͤdt: es wird, troz meines Predigens, doch bleiben wie es iſt, und vielleicht nur noch ſchlimmer werden. Wenn man aber ſo alles zuſammen nimmt, ſollte man denken, es ſey mehr Eigenſinn von Seiten derer geweſen, welche im Jahr 1797 wider die Er- richtung eines Theaters in Halle proteſtirt haben, als wirklicher Patriotismus und Sorgſamkeit fuͤr die Univerſitaͤt. Ein Theater haͤtte hier wenig, oder gar nichts geſchadet, und wenn auch zwanzig Mal waͤre geſpielt worden, und ein Student haͤtte allen zwanzig Vorſtellungen beygewohnt, ſo haͤtte er doch nicht mehr, als 6 thlr. 8 gl. hingegeben, da ihn jezt eine einzige Lauchſtaͤdter Geniereiſe ſo viel koſtet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/70
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/70>, abgerufen am 23.04.2024.