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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Physiognomik, Pfeiler der Freundschaft und Achtung.
die Physiognomik der Freundschaft ein Buch schriebe. Jn Einem Fragmente ist's unmöglich,
und mir ist's unmöglich. Das versprech' ich, wenn Gott Leben und Kraft erhält, in dem beson-
dern Bande der physiognomischen Linien wenigstens eine Tafel von harmonischen und dishar-
monischen Umrissen vorzulegen. Aber was ist eine, was ist ein Dutzend Tafeln sür diese höchst-
wichtige, höchst gemeinnützige, höchst interessante Materie?

Nur das füg' ich noch bey, daß gerade heute, da ich dieß schreibe, mir eine hellreine Stirn,
ein Verstandreiches Aug' erschienen, oder vielmehr das erstemal recht nahe offenbar worden ist --
dem ich alle meine, aus bloßen Erzählungen und Uebereilungen beygebrachte Vorurtheile -- mit
herzlicher Freude zu Füßen legte ... Nun möchte man von dem Manne sagen, was man wollte,
ja -- er möchte so gar wider mich thun, was er wollte ..... Seine Stirn und sein Auge wä-
ren dem meinigen fester Grundpfeiler wo nicht von Freundschaft -- doch von Achtung, und Ach-
tung, nicht ohne Liebe.

[Abbildung]

Viertes
Phyſiognomik, Pfeiler der Freundſchaft und Achtung.
die Phyſiognomik der Freundſchaft ein Buch ſchriebe. Jn Einem Fragmente iſt’s unmoͤglich,
und mir iſt’s unmoͤglich. Das verſprech’ ich, wenn Gott Leben und Kraft erhaͤlt, in dem beſon-
dern Bande der phyſiognomiſchen Linien wenigſtens eine Tafel von harmoniſchen und dishar-
moniſchen Umriſſen vorzulegen. Aber was iſt eine, was iſt ein Dutzend Tafeln ſuͤr dieſe hoͤchſt-
wichtige, hoͤchſt gemeinnuͤtzige, hoͤchſt intereſſante Materie?

Nur das fuͤg’ ich noch bey, daß gerade heute, da ich dieß ſchreibe, mir eine hellreine Stirn,
ein Verſtandreiches Aug’ erſchienen, oder vielmehr das erſtemal recht nahe offenbar worden iſt —
dem ich alle meine, aus bloßen Erzaͤhlungen und Uebereilungen beygebrachte Vorurtheile — mit
herzlicher Freude zu Fuͤßen legte ... Nun moͤchte man von dem Manne ſagen, was man wollte,
ja — er moͤchte ſo gar wider mich thun, was er wollte ..... Seine Stirn und ſein Auge waͤ-
ren dem meinigen feſter Grundpfeiler wo nicht von Freundſchaft — doch von Achtung, und Ach-
tung, nicht ohne Liebe.

[Abbildung]

Viertes
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[39/0057] Phyſiognomik, Pfeiler der Freundſchaft und Achtung. die Phyſiognomik der Freundſchaft ein Buch ſchriebe. Jn Einem Fragmente iſt’s unmoͤglich, und mir iſt’s unmoͤglich. Das verſprech’ ich, wenn Gott Leben und Kraft erhaͤlt, in dem beſon- dern Bande der phyſiognomiſchen Linien wenigſtens eine Tafel von harmoniſchen und dishar- moniſchen Umriſſen vorzulegen. Aber was iſt eine, was iſt ein Dutzend Tafeln ſuͤr dieſe hoͤchſt- wichtige, hoͤchſt gemeinnuͤtzige, hoͤchſt intereſſante Materie? Nur das fuͤg’ ich noch bey, daß gerade heute, da ich dieß ſchreibe, mir eine hellreine Stirn, ein Verſtandreiches Aug’ erſchienen, oder vielmehr das erſtemal recht nahe offenbar worden iſt — dem ich alle meine, aus bloßen Erzaͤhlungen und Uebereilungen beygebrachte Vorurtheile — mit herzlicher Freude zu Fuͤßen legte ... Nun moͤchte man von dem Manne ſagen, was man wollte, ja — er moͤchte ſo gar wider mich thun, was er wollte ..... Seine Stirn und ſein Auge waͤ- ren dem meinigen feſter Grundpfeiler wo nicht von Freundſchaft — doch von Achtung, und Ach- tung, nicht ohne Liebe. [Abbildung] Viertes

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/57>, abgerufen am 29.04.2024.