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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

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IV. Abschnitt. III. Fragment.
finde ich viel mehr starke, männliche, denkende Menschen mit braunen, als mit blauen Augen.
Woher es komme, daß man in China oder in den philippinischen Jnseln sehr selten blaue Augen,
und niemals, als nur bey Europäern, oder bey Leuten, die in diesen Gegenden von europäischen
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Aeltern
"überall einerley Lichtstralen zurückwirft. Jn den Licht-
"stralen hingegen, welche die blauen Augen beleben,
"herrscht eine Mannichfaltigkeit der Veränderungen.
"Denn da sich in demselben mehrere Anstriche von Far-
"ben befinden, so werden auch mehrere Arten von Licht-
"stralen zurückgeworfen.
"Es giebt Augen, in welchen man so zu sagen keine
"Farbe bemerkt. Sie scheinen ganz anders als andere
"gebaut zu seyn. Der Regenbogen hat nur einige so
"schwache Anstriche von blau oder grau, daß dieselbigen
"an einigen fast weiß sind. Die Schattirung von Po-
"meranzenfarbe ist so leicht, daß man sie mit Mühe von
"dem Grauen und Weißen unterscheidet. Das Schwar-
"ze des Sterns nimmt sich in diesem Fall allzusehr aus,
"weil die Farbe des Regenbogens nicht dunkel genug ist.
"Man sieht, so zu reden, nichts als den Stern, der mit-
"ten im Auge einzeln da steht. Die Augen sprechen nichts,
"und ihr Blick fällt steif und todt aus.
"Es giebt auch Augen, in welchen der Regenbogen
"in das Grüne fällt. Diese Farbe ist seltener, als das
"Blaue, das Graue, das Gelbe und das Braungelbe.
"Man sieht nicht weniger Leute, deren beyde Augen nicht
"von einerley Farbe sind. Dieses ist besonders dem
"Menschen, dem Pferde und dem Hund eigen."
2) Aus Büffon. "Besonders in den Augen mahlen
"sich die Bilder unserer geheimsten Regungen kenntlich.
"Das Auge gehöret der Seele näher an, als irgend ein an-
"deres Werkzeug; es scheint sie zu berühren, und an al-
"len ihren Bewegungen Theil zu nehmen; es drücket ih-
"re lebhaftesten Leidenschaften, und die ungestümmsten
"Bewegungen sowohl, als die gelindesten Bewegungen
"und zärtlichsten Empfindungen aus; es zeiget sie in ih-
[Spaltenumbruch] "rer völligen Stärke, so rein, wie sie entstehen; es pflan-
"zet sie durch schnelle Bewegungen fort, die Feuer, Wirk-
"samkeit und das Bild der Seele, von der sie herkom-
"men, in eine andere Seele bringen. Das Licht der
"Gedanken, und die Hitze der Empfindung werden zu-
"gleich vom Aug' empfangen und zurückgeworfen. Es
"ist der Sinn des Geistes, und die Sprache des Ver-
"standes." Man sehe auch, wenn man Zeit hat, Geor-
ge Daümers
Dissertation de Oculiloquio. Altorsi 1702.
3) "Die Augen sind, so wie in der Natur, also auch
"in der Kunst, verschieden geformt an den Bildern der
"Gottheiten, und an den idealischen Köpfen, so daß das
"Auge selbst ein Kennzeichen von jenen ist. Jupiter,
"Apollo, Juno
haben dieselben groß und rundlicht ge-
"wölbet, und enger, als gewöhnlich, in der Länge, um
"den Bogen derselben desto erhabener zu halten. Pallas
"hat ebenfalls große Augen; aber das obere Augenlied,
"welches in die Höhe gezogen ist, bildet das Liebreizen-
"de und das Schmachtende; von den Griechen ugron
"genannt. Ein solches Auge unterscheidet die himmli-
"sche Venus Urania von der Juno, und jene, weil sie
"ein Diadema wie diese hat, ist daher von denen, die
"diese Betrachtung nicht gemacht haben, für eine Juno
"gehalten worden. Viele der neuern Künstler scheinen
"hier die alten übertreffen zu wollen, und haben das,
"was Homerus Ochsenaugen, oder große Augen nennt,
"in hervorliegenden Augäpfeln, die aus ihrer Einfas-
"sung hervorquellen, zu bilden vermeynt. Solche Au-
"gen hat der neue Kopf der irrig vermeynten Cleopatra
"in der Villa Medicis, wie sie an gehängten Menschen
"seyn würden, und eben dergleichen Augen hat ein jun-
ger

IV. Abſchnitt. III. Fragment.
finde ich viel mehr ſtarke, maͤnnliche, denkende Menſchen mit braunen, als mit blauen Augen.
Woher es komme, daß man in China oder in den philippiniſchen Jnſeln ſehr ſelten blaue Augen,
und niemals, als nur bey Europaͤern, oder bey Leuten, die in dieſen Gegenden von europaͤiſchen
[Spaltenumbruch]

Aeltern
„uͤberall einerley Lichtſtralen zuruͤckwirft. Jn den Licht-
„ſtralen hingegen, welche die blauen Augen beleben,
„herrſcht eine Mannichfaltigkeit der Veraͤnderungen.
„Denn da ſich in demſelben mehrere Anſtriche von Far-
„ben befinden, ſo werden auch mehrere Arten von Licht-
„ſtralen zuruͤckgeworfen.
„Es giebt Augen, in welchen man ſo zu ſagen keine
„Farbe bemerkt. Sie ſcheinen ganz anders als andere
„gebaut zu ſeyn. Der Regenbogen hat nur einige ſo
„ſchwache Anſtriche von blau oder grau, daß dieſelbigen
„an einigen faſt weiß ſind. Die Schattirung von Po-
„meranzenfarbe iſt ſo leicht, daß man ſie mit Muͤhe von
„dem Grauen und Weißen unterſcheidet. Das Schwar-
„ze des Sterns nimmt ſich in dieſem Fall allzuſehr aus,
„weil die Farbe des Regenbogens nicht dunkel genug iſt.
„Man ſieht, ſo zu reden, nichts als den Stern, der mit-
„ten im Auge einzeln da ſteht. Die Augen ſprechen nichts,
„und ihr Blick faͤllt ſteif und todt aus.
„Es giebt auch Augen, in welchen der Regenbogen
„in das Gruͤne faͤllt. Dieſe Farbe iſt ſeltener, als das
„Blaue, das Graue, das Gelbe und das Braungelbe.
„Man ſieht nicht weniger Leute, deren beyde Augen nicht
„von einerley Farbe ſind. Dieſes iſt beſonders dem
„Menſchen, dem Pferde und dem Hund eigen.“
2) Aus Buͤffon. „Beſonders in den Augen mahlen
„ſich die Bilder unſerer geheimſten Regungen kenntlich.
„Das Auge gehoͤret der Seele naͤher an, als irgend ein an-
„deres Werkzeug; es ſcheint ſie zu beruͤhren, und an al-
„len ihren Bewegungen Theil zu nehmen; es druͤcket ih-
„re lebhafteſten Leidenſchaften, und die ungeſtuͤmmſten
„Bewegungen ſowohl, als die gelindeſten Bewegungen
„und zaͤrtlichſten Empfindungen aus; es zeiget ſie in ih-
[Spaltenumbruch] „rer voͤlligen Staͤrke, ſo rein, wie ſie entſtehen; es pflan-
„zet ſie durch ſchnelle Bewegungen fort, die Feuer, Wirk-
„ſamkeit und das Bild der Seele, von der ſie herkom-
„men, in eine andere Seele bringen. Das Licht der
„Gedanken, und die Hitze der Empfindung werden zu-
„gleich vom Aug’ empfangen und zuruͤckgeworfen. Es
„iſt der Sinn des Geiſtes, und die Sprache des Ver-
„ſtandes.“ Man ſehe auch, wenn man Zeit hat, Geor-
ge Dauͤmers
Diſſertation de Oculiloquio. Altorſi 1702.
3) „Die Augen ſind, ſo wie in der Natur, alſo auch
„in der Kunſt, verſchieden geformt an den Bildern der
„Gottheiten, und an den idealiſchen Koͤpfen, ſo daß das
„Auge ſelbſt ein Kennzeichen von jenen iſt. Jupiter,
„Apollo, Juno
haben dieſelben groß und rundlicht ge-
„woͤlbet, und enger, als gewoͤhnlich, in der Laͤnge, um
„den Bogen derſelben deſto erhabener zu halten. Pallas
„hat ebenfalls große Augen; aber das obere Augenlied,
„welches in die Hoͤhe gezogen iſt, bildet das Liebreizen-
„de und das Schmachtende; von den Griechen ὑγρον
„genannt. Ein ſolches Auge unterſcheidet die himmli-
„ſche Venus Urania von der Juno, und jene, weil ſie
„ein Diadema wie dieſe hat, iſt daher von denen, die
„dieſe Betrachtung nicht gemacht haben, fuͤr eine Juno
„gehalten worden. Viele der neuern Kuͤnſtler ſcheinen
„hier die alten uͤbertreffen zu wollen, und haben das,
„was Homerus Ochſenaugen, oder große Augen nennt,
„in hervorliegenden Augaͤpfeln, die aus ihrer Einfaſ-
„ſung hervorquellen, zu bilden vermeynt. Solche Au-
„gen hat der neue Kopf der irrig vermeynten Cleopatra
„in der Villa Medicis, wie ſie an gehaͤngten Menſchen
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ger
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[250/0286] IV. Abſchnitt. III. Fragment. finde ich viel mehr ſtarke, maͤnnliche, denkende Menſchen mit braunen, als mit blauen Augen. Woher es komme, daß man in China oder in den philippiniſchen Jnſeln ſehr ſelten blaue Augen, und niemals, als nur bey Europaͤern, oder bey Leuten, die in dieſen Gegenden von europaͤiſchen Aeltern *) *) „uͤberall einerley Lichtſtralen zuruͤckwirft. Jn den Licht- „ſtralen hingegen, welche die blauen Augen beleben, „herrſcht eine Mannichfaltigkeit der Veraͤnderungen. „Denn da ſich in demſelben mehrere Anſtriche von Far- „ben befinden, ſo werden auch mehrere Arten von Licht- „ſtralen zuruͤckgeworfen. „Es giebt Augen, in welchen man ſo zu ſagen keine „Farbe bemerkt. Sie ſcheinen ganz anders als andere „gebaut zu ſeyn. Der Regenbogen hat nur einige ſo „ſchwache Anſtriche von blau oder grau, daß dieſelbigen „an einigen faſt weiß ſind. Die Schattirung von Po- „meranzenfarbe iſt ſo leicht, daß man ſie mit Muͤhe von „dem Grauen und Weißen unterſcheidet. Das Schwar- „ze des Sterns nimmt ſich in dieſem Fall allzuſehr aus, „weil die Farbe des Regenbogens nicht dunkel genug iſt. „Man ſieht, ſo zu reden, nichts als den Stern, der mit- „ten im Auge einzeln da ſteht. Die Augen ſprechen nichts, „und ihr Blick faͤllt ſteif und todt aus. „Es giebt auch Augen, in welchen der Regenbogen „in das Gruͤne faͤllt. Dieſe Farbe iſt ſeltener, als das „Blaue, das Graue, das Gelbe und das Braungelbe. „Man ſieht nicht weniger Leute, deren beyde Augen nicht „von einerley Farbe ſind. Dieſes iſt beſonders dem „Menſchen, dem Pferde und dem Hund eigen.“ 2) Aus Buͤffon. „Beſonders in den Augen mahlen „ſich die Bilder unſerer geheimſten Regungen kenntlich. „Das Auge gehoͤret der Seele naͤher an, als irgend ein an- „deres Werkzeug; es ſcheint ſie zu beruͤhren, und an al- „len ihren Bewegungen Theil zu nehmen; es druͤcket ih- „re lebhafteſten Leidenſchaften, und die ungeſtuͤmmſten „Bewegungen ſowohl, als die gelindeſten Bewegungen „und zaͤrtlichſten Empfindungen aus; es zeiget ſie in ih- „rer voͤlligen Staͤrke, ſo rein, wie ſie entſtehen; es pflan- „zet ſie durch ſchnelle Bewegungen fort, die Feuer, Wirk- „ſamkeit und das Bild der Seele, von der ſie herkom- „men, in eine andere Seele bringen. Das Licht der „Gedanken, und die Hitze der Empfindung werden zu- „gleich vom Aug’ empfangen und zuruͤckgeworfen. Es „iſt der Sinn des Geiſtes, und die Sprache des Ver- „ſtandes.“ Man ſehe auch, wenn man Zeit hat, Geor- ge Dauͤmers Diſſertation de Oculiloquio. Altorſi 1702. 3) „Die Augen ſind, ſo wie in der Natur, alſo auch „in der Kunſt, verſchieden geformt an den Bildern der „Gottheiten, und an den idealiſchen Koͤpfen, ſo daß das „Auge ſelbſt ein Kennzeichen von jenen iſt. Jupiter, „Apollo, Juno haben dieſelben groß und rundlicht ge- „woͤlbet, und enger, als gewoͤhnlich, in der Laͤnge, um „den Bogen derſelben deſto erhabener zu halten. Pallas „hat ebenfalls große Augen; aber das obere Augenlied, „welches in die Hoͤhe gezogen iſt, bildet das Liebreizen- „de und das Schmachtende; von den Griechen ὑγρον „genannt. Ein ſolches Auge unterſcheidet die himmli- „ſche Venus Urania von der Juno, und jene, weil ſie „ein Diadema wie dieſe hat, iſt daher von denen, die „dieſe Betrachtung nicht gemacht haben, fuͤr eine Juno „gehalten worden. Viele der neuern Kuͤnſtler ſcheinen „hier die alten uͤbertreffen zu wollen, und haben das, „was Homerus Ochſenaugen, oder große Augen nennt, „in hervorliegenden Augaͤpfeln, die aus ihrer Einfaſ- „ſung hervorquellen, zu bilden vermeynt. Solche Au- „gen hat der neue Kopf der irrig vermeynten Cleopatra „in der Villa Medicis, wie ſie an gehaͤngten Menſchen „ſeyn wuͤrden, und eben dergleichen Augen hat ein jun- ger

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/286>, abgerufen am 27.04.2024.