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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Aber auch das Arbeitsverfahren muss ein anderes sein, je nach-
dem kleinere, schlackenärmere oder grössere, schlackenreichere Luppen
verarbeitet und dabei von Schlacke gereinigt werden sollen.

In allen Fällen ist diese Reinigung durch mechanische Verarbeitung
nur in einer Temperatur möglich, in welcher das Eisen völlig weiche,
teigartige Consistenz annimmt, die Schlacke aber flüssig wird, so dass
sie aus dem Eisen herausgequetscht werden kann; es ist Schweiss-
temperatur dafür erforderlich. Wird nun ein ohnehin nicht sehr schlacken-
reiches Schweisseisen verarbeitet und dabei auf einen verhältnissmässig
dünnen Querschnitt ausgestreckt, so genügt mitunter dieses einmalige
Ausstrecken schon, eine ausreichende Reinigung von Schlacke herbei-
zuführen, um das gestreckte Eisen als brauchbares Fertigerzeugniss
gelten zu lassen. Dieser Fall kommt z. B. häufig beim Herdfrisch-
processe vor. Die Luppen werden, nachdem sie unter dem Hammer
gezängt wurden (S. 765), in mehrere Stücke zerschroten, diese werden
schweissarm gemacht und nun -- gewöhnlich ebenfalls unter dem
Hammer -- zu dünnen Flachstäben ausgestreckt.

Aus schlackenreicheren Luppen jedoch, wie sie der Puddelprocess
liefert, lässt sich durch diese einfache Arbeit noch kein brauchbares
Fertigerzeugniss herstellen. Wie auf S. 789 beschrieben wurde, pflegt
man die Puddelluppen, unmittelbar nachdem sie gezängt wurden, im
Luppenwalzwerke zu sogenannten Rohschienen auszuwalzen, d. h. zu
Flachstäben, deren rohes Aeussere schon auf ihre unfertige Beschaffen-
heit hinweist, und welche noch reichlich mit Schlacke durchsetzt sind.
Man setzt also die Reinigung fort, indem man die Rohschienen zer-
schneidet, eine grössere Zahl dieser kurzen Stücke zu einem vierseitig
prismatischen Bündel, einem Packete, in geeigneter Weise zusam-
menlegt, das Packet auf Schweisshitze erwärmt, unter dem Hammer
oder -- weit häufiger -- in Spitzbogenkalibern zusammenschweisst und
nun abermals ausstreckt. In nicht seltenen Fällen wird das ausgestreckte
Eisen aufs Neue schweisswarm gemacht, um nun auf noch dünnere
Querschnitte, sogenanntes Feineisen, ausgestreckt zu werden; oder man
benutzt es wiederum, nachdem es zerschnitten worden ist, als Material
für ein neues Packet; u. s. f.

Das Packetiren bildet demnach das Mittel zu einer fortgesetzten
Reinigung des Schweisseisens; aber auch noch andere Vortheile werden
durch diese Arbeit erreicht. Die Rohschienen des Puddelprocesses sind
nicht immer gleichartig in ihrer Beschaffenheit. Nicht allein finden sich
Abweichungen bei verschiedenen Einsätzen; auch bei einem und dem-
selben Einsatze lassen die Rohschienen verschiedener Luppen oft deut-
liche Unterschiede, durch das abweichende, theils grobkörnige, theils
feinkörnige, theils sehnige Gefüge der Bruchfläche sich verrathend,
erkennen. Indem man also dieselben ihrer Bruchfläche gemäss sortirt,
erhält man ein Mittel, sie für die Packetirung der Beschaffenheit des
in jedem einzelnen Falle darzustellenden Eisens entsprechend auszu-
wählen und zu verwenden, körnige und sogenannte melirte Stücke 1)

1) Melirte Rohschienen nennt man solche, deren Bruchfläche nicht ein gleich-
artiges Gefüge erkennen lässt. Vergl. auch S. 790.
Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Aber auch das Arbeitsverfahren muss ein anderes sein, je nach-
dem kleinere, schlackenärmere oder grössere, schlackenreichere Luppen
verarbeitet und dabei von Schlacke gereinigt werden sollen.

In allen Fällen ist diese Reinigung durch mechanische Verarbeitung
nur in einer Temperatur möglich, in welcher das Eisen völlig weiche,
teigartige Consistenz annimmt, die Schlacke aber flüssig wird, so dass
sie aus dem Eisen herausgequetscht werden kann; es ist Schweiss-
temperatur dafür erforderlich. Wird nun ein ohnehin nicht sehr schlacken-
reiches Schweisseisen verarbeitet und dabei auf einen verhältnissmässig
dünnen Querschnitt ausgestreckt, so genügt mitunter dieses einmalige
Ausstrecken schon, eine ausreichende Reinigung von Schlacke herbei-
zuführen, um das gestreckte Eisen als brauchbares Fertigerzeugniss
gelten zu lassen. Dieser Fall kommt z. B. häufig beim Herdfrisch-
processe vor. Die Luppen werden, nachdem sie unter dem Hammer
gezängt wurden (S. 765), in mehrere Stücke zerschroten, diese werden
schweissarm gemacht und nun — gewöhnlich ebenfalls unter dem
Hammer — zu dünnen Flachstäben ausgestreckt.

Aus schlackenreicheren Luppen jedoch, wie sie der Puddelprocess
liefert, lässt sich durch diese einfache Arbeit noch kein brauchbares
Fertigerzeugniss herstellen. Wie auf S. 789 beschrieben wurde, pflegt
man die Puddelluppen, unmittelbar nachdem sie gezängt wurden, im
Luppenwalzwerke zu sogenannten Rohschienen auszuwalzen, d. h. zu
Flachstäben, deren rohes Aeussere schon auf ihre unfertige Beschaffen-
heit hinweist, und welche noch reichlich mit Schlacke durchsetzt sind.
Man setzt also die Reinigung fort, indem man die Rohschienen zer-
schneidet, eine grössere Zahl dieser kurzen Stücke zu einem vierseitig
prismatischen Bündel, einem Packete, in geeigneter Weise zusam-
menlegt, das Packet auf Schweisshitze erwärmt, unter dem Hammer
oder — weit häufiger — in Spitzbogenkalibern zusammenschweisst und
nun abermals ausstreckt. In nicht seltenen Fällen wird das ausgestreckte
Eisen aufs Neue schweisswarm gemacht, um nun auf noch dünnere
Querschnitte, sogenanntes Feineisen, ausgestreckt zu werden; oder man
benutzt es wiederum, nachdem es zerschnitten worden ist, als Material
für ein neues Packet; u. s. f.

Das Packetiren bildet demnach das Mittel zu einer fortgesetzten
Reinigung des Schweisseisens; aber auch noch andere Vortheile werden
durch diese Arbeit erreicht. Die Rohschienen des Puddelprocesses sind
nicht immer gleichartig in ihrer Beschaffenheit. Nicht allein finden sich
Abweichungen bei verschiedenen Einsätzen; auch bei einem und dem-
selben Einsatze lassen die Rohschienen verschiedener Luppen oft deut-
liche Unterschiede, durch das abweichende, theils grobkörnige, theils
feinkörnige, theils sehnige Gefüge der Bruchfläche sich verrathend,
erkennen. Indem man also dieselben ihrer Bruchfläche gemäss sortirt,
erhält man ein Mittel, sie für die Packetirung der Beschaffenheit des
in jedem einzelnen Falle darzustellenden Eisens entsprechend auszu-
wählen und zu verwenden, körnige und sogenannte melirte Stücke 1)

1) Melirte Rohschienen nennt man solche, deren Bruchfläche nicht ein gleich-
artiges Gefüge erkennen lässt. Vergl. auch S. 790.
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[958/1046] Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens. Aber auch das Arbeitsverfahren muss ein anderes sein, je nach- dem kleinere, schlackenärmere oder grössere, schlackenreichere Luppen verarbeitet und dabei von Schlacke gereinigt werden sollen. In allen Fällen ist diese Reinigung durch mechanische Verarbeitung nur in einer Temperatur möglich, in welcher das Eisen völlig weiche, teigartige Consistenz annimmt, die Schlacke aber flüssig wird, so dass sie aus dem Eisen herausgequetscht werden kann; es ist Schweiss- temperatur dafür erforderlich. Wird nun ein ohnehin nicht sehr schlacken- reiches Schweisseisen verarbeitet und dabei auf einen verhältnissmässig dünnen Querschnitt ausgestreckt, so genügt mitunter dieses einmalige Ausstrecken schon, eine ausreichende Reinigung von Schlacke herbei- zuführen, um das gestreckte Eisen als brauchbares Fertigerzeugniss gelten zu lassen. Dieser Fall kommt z. B. häufig beim Herdfrisch- processe vor. Die Luppen werden, nachdem sie unter dem Hammer gezängt wurden (S. 765), in mehrere Stücke zerschroten, diese werden schweissarm gemacht und nun — gewöhnlich ebenfalls unter dem Hammer — zu dünnen Flachstäben ausgestreckt. Aus schlackenreicheren Luppen jedoch, wie sie der Puddelprocess liefert, lässt sich durch diese einfache Arbeit noch kein brauchbares Fertigerzeugniss herstellen. Wie auf S. 789 beschrieben wurde, pflegt man die Puddelluppen, unmittelbar nachdem sie gezängt wurden, im Luppenwalzwerke zu sogenannten Rohschienen auszuwalzen, d. h. zu Flachstäben, deren rohes Aeussere schon auf ihre unfertige Beschaffen- heit hinweist, und welche noch reichlich mit Schlacke durchsetzt sind. Man setzt also die Reinigung fort, indem man die Rohschienen zer- schneidet, eine grössere Zahl dieser kurzen Stücke zu einem vierseitig prismatischen Bündel, einem Packete, in geeigneter Weise zusam- menlegt, das Packet auf Schweisshitze erwärmt, unter dem Hammer oder — weit häufiger — in Spitzbogenkalibern zusammenschweisst und nun abermals ausstreckt. In nicht seltenen Fällen wird das ausgestreckte Eisen aufs Neue schweisswarm gemacht, um nun auf noch dünnere Querschnitte, sogenanntes Feineisen, ausgestreckt zu werden; oder man benutzt es wiederum, nachdem es zerschnitten worden ist, als Material für ein neues Packet; u. s. f. Das Packetiren bildet demnach das Mittel zu einer fortgesetzten Reinigung des Schweisseisens; aber auch noch andere Vortheile werden durch diese Arbeit erreicht. Die Rohschienen des Puddelprocesses sind nicht immer gleichartig in ihrer Beschaffenheit. Nicht allein finden sich Abweichungen bei verschiedenen Einsätzen; auch bei einem und dem- selben Einsatze lassen die Rohschienen verschiedener Luppen oft deut- liche Unterschiede, durch das abweichende, theils grobkörnige, theils feinkörnige, theils sehnige Gefüge der Bruchfläche sich verrathend, erkennen. Indem man also dieselben ihrer Bruchfläche gemäss sortirt, erhält man ein Mittel, sie für die Packetirung der Beschaffenheit des in jedem einzelnen Falle darzustellenden Eisens entsprechend auszu- wählen und zu verwenden, körnige und sogenannte melirte Stücke 1) 1) Melirte Rohschienen nennt man solche, deren Bruchfläche nicht ein gleich- artiges Gefüge erkennen lässt. Vergl. auch S. 790.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 958. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1046>, abgerufen am 30.04.2024.