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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Eine übliche Anordnung solcher Hebelscheeren ist durch die Ab-
bildung Fig. 303 in 1/40 der wirklichen Grösse veranschaulicht. Von
den beiden Schneiden, welche aus hartem Gussstahl gefertigt und zum
Auswechseln eingerichtet sein müssen, ist die eine, die bewegliche, in
einem kräftigen, um horizontale Drehungszapfen schwingenden Guss-
eisenhebel a, die andere in dem Lagerstuhle b befestigt. Ein zweiter

[Abbildung] Fig. 303.
gegenüberstehender Lagerstuhl
trägt den andern Zapfen des
Hebels; eine mit Stellschrauben
in demselben befestigte Metall-
platte (in der Abbildung punk-
tirt gezeichnet) hat den Zweck,
ein festes Andrücken des Hebels
gegen die festliegende Schneide
zu ermöglichen. Der Hebel der
abgebildeten Scheere hat Win-
kelform und wird durch eine
Schubstange bewegt; nicht min-
der häufig ist die Anwendung
eines geradlinigen Hebels, dessen
längerer wagerecht liegender
Arm an seinem Ende auf einer
excentrischen Scheibe aufruht
und durch die Drehung der-
selben gehoben und gesenkt wird.

Der Drehungspunkt der beweglichen Schneide liegt bei der abge-
bildeten Scheere tiefer als die Oberkante der festliegenden, eine Ein-
richtung, welche ein allmählich verlaufendes Abtrennen auch beim
Zertheilen dünner Arbeitsstücke zur Folge hat, andererseits aber ein
Herausdrücken derselben aus dem geöffneten Scheerenmaule um so
leichter herbeiführt, je grösser ihre Dicke ist. Bei den zum Zertheilen
dickerer Arbeitsstücke bestimmten Scheeren legt man deshalb den
Drehungspunkt etwas höher als die Oberkante der festen Schneide, so
dass beide Schneiden in parallele Stellung kommen, schon ehe sie sich
vollständig berühren.

Man pflegt diese Scheeren mit 30--60 Hüben per Minute arbeiten
zu lassen und für den Betrieb einer Arbeit von 2--6 Pferdestärken,
abweichend nach der Stärke der zu zertheilenden Arbeitsstücke, zu
bedürfen.

Zum Zertheilen von Rohschienen, zum Abschneiden der Enden an
gewöhnlichem Handelseisen sind derartige Hebelscheeren ihrer ein-
fachen Einrichtung halber ziemlich gebräuchlich; sie verlieren jedoch
um so mehr an Zweckmässigkeit, je breiter und stärker die zu zer-
theilenden Arbeitsstücke sind. Es erklärt sich diese Thatsache leicht
aus dem Umstande, dass einerseits die Kraftübertragung um so un-
günstiger ausfällt und ein Herausdrücken des Arbeitsstückes aus dem
Scheerenmaule um so leichter stattfinden muss, je weiter dasselbe ge-
öffnet werden muss, um das Arbeitsstück einzulassen, während anderer-
seits wieder das Verhältniss der Hebelsarmlängen um so ungünstiger
für die Leistung der Scheere wird, je weiter die Schnittstelle vom

Die Weiterverarbeitung des schmiedbaren Eisens.

Eine übliche Anordnung solcher Hebelscheeren ist durch die Ab-
bildung Fig. 303 in 1/40 der wirklichen Grösse veranschaulicht. Von
den beiden Schneiden, welche aus hartem Gussstahl gefertigt und zum
Auswechseln eingerichtet sein müssen, ist die eine, die bewegliche, in
einem kräftigen, um horizontale Drehungszapfen schwingenden Guss-
eisenhebel a, die andere in dem Lagerstuhle b befestigt. Ein zweiter

[Abbildung] Fig. 303.
gegenüberstehender Lagerstuhl
trägt den andern Zapfen des
Hebels; eine mit Stellschrauben
in demselben befestigte Metall-
platte (in der Abbildung punk-
tirt gezeichnet) hat den Zweck,
ein festes Andrücken des Hebels
gegen die festliegende Schneide
zu ermöglichen. Der Hebel der
abgebildeten Scheere hat Win-
kelform und wird durch eine
Schubstange bewegt; nicht min-
der häufig ist die Anwendung
eines geradlinigen Hebels, dessen
längerer wagerecht liegender
Arm an seinem Ende auf einer
excentrischen Scheibe aufruht
und durch die Drehung der-
selben gehoben und gesenkt wird.

Der Drehungspunkt der beweglichen Schneide liegt bei der abge-
bildeten Scheere tiefer als die Oberkante der festliegenden, eine Ein-
richtung, welche ein allmählich verlaufendes Abtrennen auch beim
Zertheilen dünner Arbeitsstücke zur Folge hat, andererseits aber ein
Herausdrücken derselben aus dem geöffneten Scheerenmaule um so
leichter herbeiführt, je grösser ihre Dicke ist. Bei den zum Zertheilen
dickerer Arbeitsstücke bestimmten Scheeren legt man deshalb den
Drehungspunkt etwas höher als die Oberkante der festen Schneide, so
dass beide Schneiden in parallele Stellung kommen, schon ehe sie sich
vollständig berühren.

Man pflegt diese Scheeren mit 30—60 Hüben per Minute arbeiten
zu lassen und für den Betrieb einer Arbeit von 2—6 Pferdestärken,
abweichend nach der Stärke der zu zertheilenden Arbeitsstücke, zu
bedürfen.

Zum Zertheilen von Rohschienen, zum Abschneiden der Enden an
gewöhnlichem Handelseisen sind derartige Hebelscheeren ihrer ein-
fachen Einrichtung halber ziemlich gebräuchlich; sie verlieren jedoch
um so mehr an Zweckmässigkeit, je breiter und stärker die zu zer-
theilenden Arbeitsstücke sind. Es erklärt sich diese Thatsache leicht
aus dem Umstande, dass einerseits die Kraftübertragung um so un-
günstiger ausfällt und ein Herausdrücken des Arbeitsstückes aus dem
Scheerenmaule um so leichter stattfinden muss, je weiter dasselbe ge-
öffnet werden muss, um das Arbeitsstück einzulassen, während anderer-
seits wieder das Verhältniss der Hebelsarmlängen um so ungünstiger
für die Leistung der Scheere wird, je weiter die Schnittstelle vom

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 996. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1086>, abgerufen am 06.05.2024.