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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Möglicherweise spielt auch Stickstoffsilicium, welches nach Wöhler
und Deville bei Einwirkung beider Körper auf einander in hoher
Temperatur entsteht, durch Glühen im Wasserdampfe aber zerlegt wird 1),
mitunter eine Rolle. Nachgewiesen ist dessen Anwesenheit bei irgend
einem Eisenhüttenprocesse noch nicht.

Einflüsse des Siliciumgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens.

Dass ein Siliciumgehalt des Eisens den Sättigungsgrad desselben
im flüssigen Zustande für Kohlenstoff abmindert und beim Erstarren
den im flüssigen Zustande aufgenommenen Kohlenstoff ganz oder theil-
weise zur Ausscheidung als Graphit veranlasst, wurde bereits mehrfach
hervorgehoben und möge hier nur der Vollständigkeit halber nochmals
erwähnt werden.

Im Uebrigen sind die Einflüsse, welche durch den Siliciumgehalt
auf die physikalischen Eigenschaften des Eisens geübt werden, denen
des Kohlenstoffes ähnlich, aber bei gleichen Mengen beider Körper weit
weniger kräftig.

Die Festigkeit des Eisens wird durch einen Siliciumgehalt bis zu
einer noch nicht genau ermittelten Grenze desselben erhöht; aber die
Zähigkeit wird nach Müller durch einen Siliciumgehalt bis zu 0.7 Proc.
weniger als durch einen Kohlenstoffgehalt, welcher die gleiche Festig-
keitssteigerung hervorruft, verringert. 2) Dass dieser Einfluss nur in
solchen Fällen sich geltend machen kann, wo nicht neben dem Silicium
auch Kohlenstoff in solchen Mengen zugegen ist, dass Graphitbildung
eintritt, versteht sich von selbst.

Ein Eisen mit 7.4 Proc. Silicium, von Mrazek, wie oben erwähnt,
dargestellt, war in der Kälte brüchig, vollständig undehnbar; in Roth-
gluth aber liess es sich mit Vorsicht, in Weissgluth mit Leichtigkeit
schmieden, ein Beweis dafür, dass die Schmiedbarkeit weit weniger
durch einen Siliciumgehalt als durch einen Kohlenstoffgehalt leidet.

Ebenso ist der Einfluss des Siliciums auf die Härte des Eisens
ein sehr geringer. Müller fand, dass ein Stahl mit 1.5 Proc. Silicium
und 0.2 Proc. Kohle weniger hart war, als selbst ein ungehärteter Stahl
mit 0.4 Proc. Kohle ohne Silicium; Mrazek bestimmte die Härte des
mehrfach erwähnten Siliciumeisens mit 7.4 Proc. Silicium zu 5.5 der
mineralogischen Härtescala (zwischen Apatit und Feldspath), diejenige
eines Siliciumeisens mit 1.4 Proc. Silicium bei 0.17 Proc. Kohle zu 4.5--5.
Beim Ablöschen des glühenden Siliciumeisens in kaltem Wasser, ent-
sprechend dem Verfahren zum Härten des Kohlenstahles, ist keine
erhebliche Steigerung der Härte bemerkbar, die Härtungsfähigkeit des
Stahles wird also durch den Siliciumgehalt nicht gesteigert. Die Ur-
sachen, welche die Härtungsfähigkeit des Kohlenstahles bedingen, fallen
eben hier weg.

Die Schmelztemperatur des Eisens wird durch einen Siliciumgehalt
erniedrigt; aber auch in dieser Beziehung zeigt sich eine erheblich

1) Liebig's Jahresberichte über die Fortschritte der reinen pharmaceutischen
und technischen Chemie 1859, S. 154.
2) Glaser's Annalen, Bd. X, S. 210.
Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Möglicherweise spielt auch Stickstoffsilicium, welches nach Wöhler
und Deville bei Einwirkung beider Körper auf einander in hoher
Temperatur entsteht, durch Glühen im Wasserdampfe aber zerlegt wird 1),
mitunter eine Rolle. Nachgewiesen ist dessen Anwesenheit bei irgend
einem Eisenhüttenprocesse noch nicht.

Einflüsse des Siliciumgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens.

Dass ein Siliciumgehalt des Eisens den Sättigungsgrad desselben
im flüssigen Zustande für Kohlenstoff abmindert und beim Erstarren
den im flüssigen Zustande aufgenommenen Kohlenstoff ganz oder theil-
weise zur Ausscheidung als Graphit veranlasst, wurde bereits mehrfach
hervorgehoben und möge hier nur der Vollständigkeit halber nochmals
erwähnt werden.

Im Uebrigen sind die Einflüsse, welche durch den Siliciumgehalt
auf die physikalischen Eigenschaften des Eisens geübt werden, denen
des Kohlenstoffes ähnlich, aber bei gleichen Mengen beider Körper weit
weniger kräftig.

Die Festigkeit des Eisens wird durch einen Siliciumgehalt bis zu
einer noch nicht genau ermittelten Grenze desselben erhöht; aber die
Zähigkeit wird nach Müller durch einen Siliciumgehalt bis zu 0.7 Proc.
weniger als durch einen Kohlenstoffgehalt, welcher die gleiche Festig-
keitssteigerung hervorruft, verringert. 2) Dass dieser Einfluss nur in
solchen Fällen sich geltend machen kann, wo nicht neben dem Silicium
auch Kohlenstoff in solchen Mengen zugegen ist, dass Graphitbildung
eintritt, versteht sich von selbst.

Ein Eisen mit 7.4 Proc. Silicium, von Mrázek, wie oben erwähnt,
dargestellt, war in der Kälte brüchig, vollständig undehnbar; in Roth-
gluth aber liess es sich mit Vorsicht, in Weissgluth mit Leichtigkeit
schmieden, ein Beweis dafür, dass die Schmiedbarkeit weit weniger
durch einen Siliciumgehalt als durch einen Kohlenstoffgehalt leidet.

Ebenso ist der Einfluss des Siliciums auf die Härte des Eisens
ein sehr geringer. Müller fand, dass ein Stahl mit 1.5 Proc. Silicium
und 0.2 Proc. Kohle weniger hart war, als selbst ein ungehärteter Stahl
mit 0.4 Proc. Kohle ohne Silicium; Mrázek bestimmte die Härte des
mehrfach erwähnten Siliciumeisens mit 7.4 Proc. Silicium zu 5.5 der
mineralogischen Härtescala (zwischen Apatit und Feldspath), diejenige
eines Siliciumeisens mit 1.4 Proc. Silicium bei 0.17 Proc. Kohle zu 4.5—5.
Beim Ablöschen des glühenden Siliciumeisens in kaltem Wasser, ent-
sprechend dem Verfahren zum Härten des Kohlenstahles, ist keine
erhebliche Steigerung der Härte bemerkbar, die Härtungsfähigkeit des
Stahles wird also durch den Siliciumgehalt nicht gesteigert. Die Ur-
sachen, welche die Härtungsfähigkeit des Kohlenstahles bedingen, fallen
eben hier weg.

Die Schmelztemperatur des Eisens wird durch einen Siliciumgehalt
erniedrigt; aber auch in dieser Beziehung zeigt sich eine erheblich

1) Liebig’s Jahresberichte über die Fortschritte der reinen pharmaceutischen
und technischen Chemie 1859, S. 154.
2) Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 210.
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[244/0290] Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter. Möglicherweise spielt auch Stickstoffsilicium, welches nach Wöhler und Deville bei Einwirkung beider Körper auf einander in hoher Temperatur entsteht, durch Glühen im Wasserdampfe aber zerlegt wird 1), mitunter eine Rolle. Nachgewiesen ist dessen Anwesenheit bei irgend einem Eisenhüttenprocesse noch nicht. Einflüsse des Siliciumgehaltes auf die Eigenschaften des Eisens. Dass ein Siliciumgehalt des Eisens den Sättigungsgrad desselben im flüssigen Zustande für Kohlenstoff abmindert und beim Erstarren den im flüssigen Zustande aufgenommenen Kohlenstoff ganz oder theil- weise zur Ausscheidung als Graphit veranlasst, wurde bereits mehrfach hervorgehoben und möge hier nur der Vollständigkeit halber nochmals erwähnt werden. Im Uebrigen sind die Einflüsse, welche durch den Siliciumgehalt auf die physikalischen Eigenschaften des Eisens geübt werden, denen des Kohlenstoffes ähnlich, aber bei gleichen Mengen beider Körper weit weniger kräftig. Die Festigkeit des Eisens wird durch einen Siliciumgehalt bis zu einer noch nicht genau ermittelten Grenze desselben erhöht; aber die Zähigkeit wird nach Müller durch einen Siliciumgehalt bis zu 0.7 Proc. weniger als durch einen Kohlenstoffgehalt, welcher die gleiche Festig- keitssteigerung hervorruft, verringert. 2) Dass dieser Einfluss nur in solchen Fällen sich geltend machen kann, wo nicht neben dem Silicium auch Kohlenstoff in solchen Mengen zugegen ist, dass Graphitbildung eintritt, versteht sich von selbst. Ein Eisen mit 7.4 Proc. Silicium, von Mrázek, wie oben erwähnt, dargestellt, war in der Kälte brüchig, vollständig undehnbar; in Roth- gluth aber liess es sich mit Vorsicht, in Weissgluth mit Leichtigkeit schmieden, ein Beweis dafür, dass die Schmiedbarkeit weit weniger durch einen Siliciumgehalt als durch einen Kohlenstoffgehalt leidet. Ebenso ist der Einfluss des Siliciums auf die Härte des Eisens ein sehr geringer. Müller fand, dass ein Stahl mit 1.5 Proc. Silicium und 0.2 Proc. Kohle weniger hart war, als selbst ein ungehärteter Stahl mit 0.4 Proc. Kohle ohne Silicium; Mrázek bestimmte die Härte des mehrfach erwähnten Siliciumeisens mit 7.4 Proc. Silicium zu 5.5 der mineralogischen Härtescala (zwischen Apatit und Feldspath), diejenige eines Siliciumeisens mit 1.4 Proc. Silicium bei 0.17 Proc. Kohle zu 4.5—5. Beim Ablöschen des glühenden Siliciumeisens in kaltem Wasser, ent- sprechend dem Verfahren zum Härten des Kohlenstahles, ist keine erhebliche Steigerung der Härte bemerkbar, die Härtungsfähigkeit des Stahles wird also durch den Siliciumgehalt nicht gesteigert. Die Ur- sachen, welche die Härtungsfähigkeit des Kohlenstahles bedingen, fallen eben hier weg. Die Schmelztemperatur des Eisens wird durch einen Siliciumgehalt erniedrigt; aber auch in dieser Beziehung zeigt sich eine erheblich 1) Liebig’s Jahresberichte über die Fortschritte der reinen pharmaceutischen und technischen Chemie 1859, S. 154. 2) Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 210.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/290>, abgerufen am 29.04.2024.