Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Form und der Bau des Hochofens.

Wenn man auch, nachdem man angefangen hatte, die Anwendung
eines starken Rauhgemäuers beim Hochofenbau zu unterlassen, sich
bald überzeugte, dass eine Erhöhung des Brennstoffverbrauches nicht
dadurch herbeigeführt werde, so sind doch alle Versuche werthvoll,
welche zuverlässige Vergleiche über den Brennstoffverbrauch in Hoch-
öfen mit und ohne Rauhgemäuer ermöglichen. Sind doch bis jetzt die
Zweifel noch nicht ganz verstummt, ob nicht doch jene Beobachtung
auf Selbsttäuschung zu Gunsten der neueren Hochöfen beruhe.

Solche Versuche wurden in den siebenziger Jahren bei den Hoch-
öfen der Königlichen Eisengiesserei zu Gleiwitz angestellt. 1)

Bei dem einen von zwei vorhandenen Hochöfen, welche ursprüng-
lich beide mit starkem Rauhgemäuer und eingebautem Gestell versehen
gewesen waren, wurde das Rauhgemäuer von der Gicht abwärts bis
etwas oberhalb der Kohlensackebene abgebrochen, das Gestell rings
herum frei gelegt und der Ofen mit frei stehendem Schacht ohne Blech-
mantel versehen. Der noch stehen bleibende Rest des Rauhgemäuers,
welcher nur als Unterstützung für anderweitige Theile der Hochofen-
anlage beibehalten wurde, bildete solcherart eine Art Gürtel von ca.
3.5 m Höhe rings um den Ofen in der Gegend der Rast, mit welchem
jedoch das eigentliche Ofengemäuer ohne alle Verbindung gelassen war,
so dass zwischen Ofen und Rauhgemäuer ein freier Zwischenraum von
0.47 m Breite ausgespart blieb.

Es zeigte sich zunächst, dass bei dieser Anordnung, wo also inner-
halb jenes Zwischenraumes ein lebhafter, die Abkühlung des Ofen-
gemäuers in der Kohlensackgegend befördernder Luftwechsel stattfand,
der relative Koksverbrauch (bezogen auf die Gewichtseinheit dargestellten
Roheisens) unter übrigens gleichen Betriebsverhältnissen nicht grösser
war als bei dem zweiten Hochofen mit starkem Rauhgemäuer.

Man füllte nun den erwähnten Zwischenraum mit Kokslösche, also
einem schlechten Wärmeleiter aus und ermittelte aufs Neue die Be-
triebsergebnisse während mehrerer Wochen. Es zeigte sich keine Ver-
ringerung des Koksverbrauchs.

Nachdem später die Füllung wieder entfernt, der Luftwechsel rings
um den Schacht her wieder hergestellt worden war, ergab sich sogar
als Durchschnitt während einer längeren Betriebszeit eine Ersparung
an Koks gegenüber dem Betriebe mit Ausfüllung des Zwischenraumes,
welche mitunter bis auf 19 Proc. stieg.

Wenn dieses überaus günstige Ergebniss auch vielleicht durch
andere Nebenumstände mit herbeigeführt ist, so lassen die mitgetheilten
Versuche doch die für die Praxis wichtige Schlussfolgerung als ganz
zweifellos erscheinen, dass durch die vollständige Freilegung
des Schachtes eine Verschlechterung des Hochofenganges
nicht eintritt
.

Eine fernerweit sowohl in Gleiwitz als auf anderen Hochofen-
werken gemachte Beobachtung ist, dass die freistehenden Schächte ohne
Blechmantel sich nach dem Anblasen des Hochofens sowohl im Durch-
messer als in der Höhe weniger ausdehnen als die Oefen mit Mantel

1) Zeitschr. für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, Bd. XXII, S. 260.
Die Form und der Bau des Hochofens.

Wenn man auch, nachdem man angefangen hatte, die Anwendung
eines starken Rauhgemäuers beim Hochofenbau zu unterlassen, sich
bald überzeugte, dass eine Erhöhung des Brennstoffverbrauches nicht
dadurch herbeigeführt werde, so sind doch alle Versuche werthvoll,
welche zuverlässige Vergleiche über den Brennstoffverbrauch in Hoch-
öfen mit und ohne Rauhgemäuer ermöglichen. Sind doch bis jetzt die
Zweifel noch nicht ganz verstummt, ob nicht doch jene Beobachtung
auf Selbsttäuschung zu Gunsten der neueren Hochöfen beruhe.

Solche Versuche wurden in den siebenziger Jahren bei den Hoch-
öfen der Königlichen Eisengiesserei zu Gleiwitz angestellt. 1)

Bei dem einen von zwei vorhandenen Hochöfen, welche ursprüng-
lich beide mit starkem Rauhgemäuer und eingebautem Gestell versehen
gewesen waren, wurde das Rauhgemäuer von der Gicht abwärts bis
etwas oberhalb der Kohlensackebene abgebrochen, das Gestell rings
herum frei gelegt und der Ofen mit frei stehendem Schacht ohne Blech-
mantel versehen. Der noch stehen bleibende Rest des Rauhgemäuers,
welcher nur als Unterstützung für anderweitige Theile der Hochofen-
anlage beibehalten wurde, bildete solcherart eine Art Gürtel von ca.
3.5 m Höhe rings um den Ofen in der Gegend der Rast, mit welchem
jedoch das eigentliche Ofengemäuer ohne alle Verbindung gelassen war,
so dass zwischen Ofen und Rauhgemäuer ein freier Zwischenraum von
0.47 m Breite ausgespart blieb.

Es zeigte sich zunächst, dass bei dieser Anordnung, wo also inner-
halb jenes Zwischenraumes ein lebhafter, die Abkühlung des Ofen-
gemäuers in der Kohlensackgegend befördernder Luftwechsel stattfand,
der relative Koksverbrauch (bezogen auf die Gewichtseinheit dargestellten
Roheisens) unter übrigens gleichen Betriebsverhältnissen nicht grösser
war als bei dem zweiten Hochofen mit starkem Rauhgemäuer.

Man füllte nun den erwähnten Zwischenraum mit Kokslösche, also
einem schlechten Wärmeleiter aus und ermittelte aufs Neue die Be-
triebsergebnisse während mehrerer Wochen. Es zeigte sich keine Ver-
ringerung des Koksverbrauchs.

Nachdem später die Füllung wieder entfernt, der Luftwechsel rings
um den Schacht her wieder hergestellt worden war, ergab sich sogar
als Durchschnitt während einer längeren Betriebszeit eine Ersparung
an Koks gegenüber dem Betriebe mit Ausfüllung des Zwischenraumes,
welche mitunter bis auf 19 Proc. stieg.

Wenn dieses überaus günstige Ergebniss auch vielleicht durch
andere Nebenumstände mit herbeigeführt ist, so lassen die mitgetheilten
Versuche doch die für die Praxis wichtige Schlussfolgerung als ganz
zweifellos erscheinen, dass durch die vollständige Freilegung
des Schachtes eine Verschlechterung des Hochofenganges
nicht eintritt
.

Eine fernerweit sowohl in Gleiwitz als auf anderen Hochofen-
werken gemachte Beobachtung ist, dass die freistehenden Schächte ohne
Blechmantel sich nach dem Anblasen des Hochofens sowohl im Durch-
messer als in der Höhe weniger ausdehnen als die Oefen mit Mantel

1) Zeitschr. für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, Bd. XXII, S. 260.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0401" n="347"/>
                <fw place="top" type="header">Die Form und der Bau des Hochofens.</fw><lb/>
                <p>Wenn man auch, nachdem man angefangen hatte, die Anwendung<lb/>
eines starken Rauhgemäuers beim Hochofenbau zu unterlassen, sich<lb/>
bald überzeugte, dass eine Erhöhung des Brennstoffverbrauches nicht<lb/>
dadurch herbeigeführt werde, so sind doch alle Versuche werthvoll,<lb/>
welche zuverlässige Vergleiche über den Brennstoffverbrauch in Hoch-<lb/>
öfen mit und ohne Rauhgemäuer ermöglichen. Sind doch bis jetzt die<lb/>
Zweifel noch nicht ganz verstummt, ob nicht doch jene Beobachtung<lb/>
auf Selbsttäuschung zu Gunsten der neueren Hochöfen beruhe.</p><lb/>
                <p>Solche Versuche wurden in den siebenziger Jahren bei den Hoch-<lb/>
öfen der Königlichen Eisengiesserei zu Gleiwitz angestellt. <note place="foot" n="1)">Zeitschr. für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, Bd. XXII, S. 260.</note></p><lb/>
                <p>Bei dem einen von zwei vorhandenen Hochöfen, welche ursprüng-<lb/>
lich beide mit starkem Rauhgemäuer und eingebautem Gestell versehen<lb/>
gewesen waren, wurde das Rauhgemäuer von der Gicht abwärts bis<lb/>
etwas oberhalb der Kohlensackebene abgebrochen, das Gestell rings<lb/>
herum frei gelegt und der Ofen mit frei stehendem Schacht ohne Blech-<lb/>
mantel versehen. Der noch stehen bleibende Rest des Rauhgemäuers,<lb/>
welcher nur als Unterstützung für anderweitige Theile der Hochofen-<lb/>
anlage beibehalten wurde, bildete solcherart eine Art Gürtel von ca.<lb/>
3.<hi rendition="#sub">5</hi> m Höhe rings um den Ofen in der Gegend der Rast, mit welchem<lb/>
jedoch das eigentliche Ofengemäuer ohne alle Verbindung gelassen war,<lb/>
so dass zwischen Ofen und Rauhgemäuer ein freier Zwischenraum von<lb/>
0.<hi rendition="#sub">47</hi> m Breite ausgespart blieb.</p><lb/>
                <p>Es zeigte sich zunächst, dass bei dieser Anordnung, wo also inner-<lb/>
halb jenes Zwischenraumes ein lebhafter, die Abkühlung des Ofen-<lb/>
gemäuers in der Kohlensackgegend befördernder Luftwechsel stattfand,<lb/>
der relative Koksverbrauch (bezogen auf die Gewichtseinheit dargestellten<lb/>
Roheisens) unter übrigens gleichen Betriebsverhältnissen nicht grösser<lb/>
war als bei dem zweiten Hochofen mit starkem Rauhgemäuer.</p><lb/>
                <p>Man füllte nun den erwähnten Zwischenraum mit Kokslösche, also<lb/>
einem schlechten Wärmeleiter aus und ermittelte aufs Neue die Be-<lb/>
triebsergebnisse während mehrerer Wochen. Es zeigte sich keine Ver-<lb/>
ringerung des Koksverbrauchs.</p><lb/>
                <p>Nachdem später die Füllung wieder entfernt, der Luftwechsel rings<lb/>
um den Schacht her wieder hergestellt worden war, ergab sich sogar<lb/>
als Durchschnitt während einer längeren Betriebszeit eine Ersparung<lb/>
an Koks gegenüber dem Betriebe mit Ausfüllung des Zwischenraumes,<lb/>
welche mitunter bis auf 19 Proc. stieg.</p><lb/>
                <p>Wenn dieses überaus günstige Ergebniss auch vielleicht durch<lb/>
andere Nebenumstände mit herbeigeführt ist, so lassen die mitgetheilten<lb/>
Versuche doch die für die Praxis wichtige Schlussfolgerung als ganz<lb/>
zweifellos erscheinen, <hi rendition="#g">dass durch die vollständige Freilegung<lb/>
des Schachtes eine Verschlechterung des Hochofenganges<lb/>
nicht eintritt</hi>.</p><lb/>
                <p>Eine fernerweit sowohl in Gleiwitz als auf anderen Hochofen-<lb/>
werken gemachte Beobachtung ist, dass die freistehenden Schächte ohne<lb/>
Blechmantel sich nach dem Anblasen des Hochofens sowohl im Durch-<lb/>
messer als in der Höhe weniger ausdehnen als die Oefen mit Mantel<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[347/0401] Die Form und der Bau des Hochofens. Wenn man auch, nachdem man angefangen hatte, die Anwendung eines starken Rauhgemäuers beim Hochofenbau zu unterlassen, sich bald überzeugte, dass eine Erhöhung des Brennstoffverbrauches nicht dadurch herbeigeführt werde, so sind doch alle Versuche werthvoll, welche zuverlässige Vergleiche über den Brennstoffverbrauch in Hoch- öfen mit und ohne Rauhgemäuer ermöglichen. Sind doch bis jetzt die Zweifel noch nicht ganz verstummt, ob nicht doch jene Beobachtung auf Selbsttäuschung zu Gunsten der neueren Hochöfen beruhe. Solche Versuche wurden in den siebenziger Jahren bei den Hoch- öfen der Königlichen Eisengiesserei zu Gleiwitz angestellt. 1) Bei dem einen von zwei vorhandenen Hochöfen, welche ursprüng- lich beide mit starkem Rauhgemäuer und eingebautem Gestell versehen gewesen waren, wurde das Rauhgemäuer von der Gicht abwärts bis etwas oberhalb der Kohlensackebene abgebrochen, das Gestell rings herum frei gelegt und der Ofen mit frei stehendem Schacht ohne Blech- mantel versehen. Der noch stehen bleibende Rest des Rauhgemäuers, welcher nur als Unterstützung für anderweitige Theile der Hochofen- anlage beibehalten wurde, bildete solcherart eine Art Gürtel von ca. 3.5 m Höhe rings um den Ofen in der Gegend der Rast, mit welchem jedoch das eigentliche Ofengemäuer ohne alle Verbindung gelassen war, so dass zwischen Ofen und Rauhgemäuer ein freier Zwischenraum von 0.47 m Breite ausgespart blieb. Es zeigte sich zunächst, dass bei dieser Anordnung, wo also inner- halb jenes Zwischenraumes ein lebhafter, die Abkühlung des Ofen- gemäuers in der Kohlensackgegend befördernder Luftwechsel stattfand, der relative Koksverbrauch (bezogen auf die Gewichtseinheit dargestellten Roheisens) unter übrigens gleichen Betriebsverhältnissen nicht grösser war als bei dem zweiten Hochofen mit starkem Rauhgemäuer. Man füllte nun den erwähnten Zwischenraum mit Kokslösche, also einem schlechten Wärmeleiter aus und ermittelte aufs Neue die Be- triebsergebnisse während mehrerer Wochen. Es zeigte sich keine Ver- ringerung des Koksverbrauchs. Nachdem später die Füllung wieder entfernt, der Luftwechsel rings um den Schacht her wieder hergestellt worden war, ergab sich sogar als Durchschnitt während einer längeren Betriebszeit eine Ersparung an Koks gegenüber dem Betriebe mit Ausfüllung des Zwischenraumes, welche mitunter bis auf 19 Proc. stieg. Wenn dieses überaus günstige Ergebniss auch vielleicht durch andere Nebenumstände mit herbeigeführt ist, so lassen die mitgetheilten Versuche doch die für die Praxis wichtige Schlussfolgerung als ganz zweifellos erscheinen, dass durch die vollständige Freilegung des Schachtes eine Verschlechterung des Hochofenganges nicht eintritt. Eine fernerweit sowohl in Gleiwitz als auf anderen Hochofen- werken gemachte Beobachtung ist, dass die freistehenden Schächte ohne Blechmantel sich nach dem Anblasen des Hochofens sowohl im Durch- messer als in der Höhe weniger ausdehnen als die Oefen mit Mantel 1) Zeitschr. für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, Bd. XXII, S. 260.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/401
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/401>, abgerufen am 05.05.2024.