Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Hochofenbetrieb.
werden und bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze, als im umge-
kehrten Falle. 1) Alle diese Umstände zusammen machen einen um so
grösseren Brennstoffverbrauch und Anwendung stärker erhitzten Windes
erforderlich, je silicium- oder manganreicher das Roheisen werden soll.

5. Von der Windmenge, welche der Ofen in der Zeiteinheit erhält;
oder richtiger von dem Verhältnisse dieser Windmenge zu dem Raum-
inhalte des Hochofens. Je mehr Wind der Ofen empfängt, desto rascher
verläuft der Schmelzprocess; desto grösser ist die Menge des dargestellten
Roheisens; aber desto leichter tritt vorzeitige Verschlackung unredu-
cirten Eisens ein und desto unbedeutender wird die Reduction von
Silicium oder Mangan ausfallen. Ein Hochofen, welcher auf gewöhn-
liches Weisseisen betrieben wird, verträgt daher und erfordert sogar
eine stärkere Beschleunigung des Schmelzganges als ein solcher, welcher
graues oder manganreicheres Roheisen darstellen soll.

Durch entsprechende Gattirung mehrerer Erzsorten oder durch
Beschicken derselben mit geeigneten Zuschlägen ist man im Stande,
verschiedenartige Roheisensorten aus den gleichen Erzen darzustellen,
wenn auch die ursprüngliche Beschaffenheit der Erze sie oft mehr
geeignet für den einen als für den andern Zweck erscheinen lässt.
Rasenerze, mit Quarzkörnern durchmengt oder quarzige Rotheisenerze
werden fast immer die Graueisenbildung befördern; manganreiche Spathe
dagegen werden, auch wenn sie auf graues Roheisen verarbeitet werden,
immerhin demselben die Neigung ertheilen, bei rascher Abkühlung
weiss zu werden, leichter aber auf weisses Roheisen oder Spiegeleisen
sich verarbeiten lassen. Ein grösserer Thonerdegehalt der Erze macht
sie gewöhnlich geeigneter für Graueisen- als für Weisseisendarstellung,
da er die Bildungs- und Schmelztemperatur der Schlacke erhöht; um-
gekehrt wird die Graueisendarstellung schwieriger, wenn nur thonerde-
freie Erze zur Verhüttung vorliegen.

Selbstverständlich ist es, dass man für Darstellung bestimmter
Roheisensorten nicht Erze benutzen wird, durch welche Bestandtheile,
nachtheilig für die Verwendung jener Roheisensorten, denselben zuge-
führt werden. Die Verwendung des Spiegeleisens erheischt möglichste
Reinheit von Phosphor; dasselbe ist bei dem für den älteren Bessemer-
process bestimmten grauen Roheisen der Fall. Es würde widersinnig
sein, hier phosphorreiche Erze verhütten zu wollen. Weniger von
Belang ist ein Phosphorgehalt in dem Giessereiroheisen und dem ge-
wöhnlichen Weisseisen; der basische Bessemerprocess (Thomasprocess)
verlangt sogar ein Roheisen mit grösserem Phosphorgehalte. Hier also
sind phosphorhaltige Erze verwendbar. Ein höherer Mangangehalt aber
ist für Giessereiroheisen von Nachtheil, da er demselben die Eigen-
schaft, leicht hart, weiss zu werden verleiht; für die Verwendung des
Weisseisens ist er eher förderlich als nachtheilig. Phosphorhaltige man-

1) Mangan und Silicium werden nur direct reducirt und erfordern dazu grosser
Wärmemengen; bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze ist das Maass der directen
Reduction und mithin auch der Wärmeverbrauch grösser als bei Verhüttung leicht
reducirbarer Erze.

Der Hochofenbetrieb.
werden und bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze, als im umge-
kehrten Falle. 1) Alle diese Umstände zusammen machen einen um so
grösseren Brennstoffverbrauch und Anwendung stärker erhitzten Windes
erforderlich, je silicium- oder manganreicher das Roheisen werden soll.

5. Von der Windmenge, welche der Ofen in der Zeiteinheit erhält;
oder richtiger von dem Verhältnisse dieser Windmenge zu dem Raum-
inhalte des Hochofens. Je mehr Wind der Ofen empfängt, desto rascher
verläuft der Schmelzprocess; desto grösser ist die Menge des dargestellten
Roheisens; aber desto leichter tritt vorzeitige Verschlackung unredu-
cirten Eisens ein und desto unbedeutender wird die Reduction von
Silicium oder Mangan ausfallen. Ein Hochofen, welcher auf gewöhn-
liches Weisseisen betrieben wird, verträgt daher und erfordert sogar
eine stärkere Beschleunigung des Schmelzganges als ein solcher, welcher
graues oder manganreicheres Roheisen darstellen soll.

Durch entsprechende Gattirung mehrerer Erzsorten oder durch
Beschicken derselben mit geeigneten Zuschlägen ist man im Stande,
verschiedenartige Roheisensorten aus den gleichen Erzen darzustellen,
wenn auch die ursprüngliche Beschaffenheit der Erze sie oft mehr
geeignet für den einen als für den andern Zweck erscheinen lässt.
Rasenerze, mit Quarzkörnern durchmengt oder quarzige Rotheisenerze
werden fast immer die Graueisenbildung befördern; manganreiche Spathe
dagegen werden, auch wenn sie auf graues Roheisen verarbeitet werden,
immerhin demselben die Neigung ertheilen, bei rascher Abkühlung
weiss zu werden, leichter aber auf weisses Roheisen oder Spiegeleisen
sich verarbeiten lassen. Ein grösserer Thonerdegehalt der Erze macht
sie gewöhnlich geeigneter für Graueisen- als für Weisseisendarstellung,
da er die Bildungs- und Schmelztemperatur der Schlacke erhöht; um-
gekehrt wird die Graueisendarstellung schwieriger, wenn nur thonerde-
freie Erze zur Verhüttung vorliegen.

Selbstverständlich ist es, dass man für Darstellung bestimmter
Roheisensorten nicht Erze benutzen wird, durch welche Bestandtheile,
nachtheilig für die Verwendung jener Roheisensorten, denselben zuge-
führt werden. Die Verwendung des Spiegeleisens erheischt möglichste
Reinheit von Phosphor; dasselbe ist bei dem für den älteren Bessemer-
process bestimmten grauen Roheisen der Fall. Es würde widersinnig
sein, hier phosphorreiche Erze verhütten zu wollen. Weniger von
Belang ist ein Phosphorgehalt in dem Giessereiroheisen und dem ge-
wöhnlichen Weisseisen; der basische Bessemerprocess (Thomasprocess)
verlangt sogar ein Roheisen mit grösserem Phosphorgehalte. Hier also
sind phosphorhaltige Erze verwendbar. Ein höherer Mangangehalt aber
ist für Giessereiroheisen von Nachtheil, da er demselben die Eigen-
schaft, leicht hart, weiss zu werden verleiht; für die Verwendung des
Weisseisens ist er eher förderlich als nachtheilig. Phosphorhaltige man-

1) Mangan und Silicium werden nur direct reducirt und erfordern dazu grosser
Wärmemengen; bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze ist das Maass der directen
Reduction und mithin auch der Wärmeverbrauch grösser als bei Verhüttung leicht
reducirbarer Erze.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0582" n="522"/><fw place="top" type="header">Der Hochofenbetrieb.</fw><lb/>
werden und bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze, als im umge-<lb/>
kehrten Falle. <note place="foot" n="1)">Mangan und Silicium werden nur direct reducirt und erfordern dazu grosser<lb/>
Wärmemengen; bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze ist das Maass der directen<lb/>
Reduction und mithin auch der Wärmeverbrauch grösser als bei Verhüttung leicht<lb/>
reducirbarer Erze.</note> Alle diese Umstände zusammen machen einen um so<lb/>
grösseren Brennstoffverbrauch und Anwendung stärker erhitzten Windes<lb/>
erforderlich, je silicium- oder manganreicher das Roheisen werden soll.</p><lb/>
            <p>5. Von der Windmenge, welche der Ofen in der Zeiteinheit erhält;<lb/>
oder richtiger von dem Verhältnisse dieser Windmenge zu dem Raum-<lb/>
inhalte des Hochofens. Je mehr Wind der Ofen empfängt, desto rascher<lb/>
verläuft der Schmelzprocess; desto grösser ist die Menge des dargestellten<lb/>
Roheisens; aber desto leichter tritt vorzeitige Verschlackung unredu-<lb/>
cirten Eisens ein und desto unbedeutender wird die Reduction von<lb/>
Silicium oder Mangan ausfallen. Ein Hochofen, welcher auf gewöhn-<lb/>
liches Weisseisen betrieben wird, verträgt daher und erfordert sogar<lb/>
eine stärkere Beschleunigung des Schmelzganges als ein solcher, welcher<lb/>
graues oder manganreicheres Roheisen darstellen soll.</p><lb/>
            <p>Durch entsprechende Gattirung mehrerer Erzsorten oder durch<lb/>
Beschicken derselben mit geeigneten Zuschlägen ist man im Stande,<lb/>
verschiedenartige Roheisensorten aus den gleichen Erzen darzustellen,<lb/>
wenn auch die ursprüngliche Beschaffenheit der Erze sie oft mehr<lb/>
geeignet für den einen als für den andern Zweck erscheinen lässt.<lb/>
Rasenerze, mit Quarzkörnern durchmengt oder quarzige Rotheisenerze<lb/>
werden fast immer die Graueisenbildung befördern; manganreiche Spathe<lb/>
dagegen werden, auch wenn sie auf graues Roheisen verarbeitet werden,<lb/>
immerhin demselben die Neigung ertheilen, bei rascher Abkühlung<lb/>
weiss zu werden, leichter aber auf weisses Roheisen oder Spiegeleisen<lb/>
sich verarbeiten lassen. Ein grösserer Thonerdegehalt der Erze macht<lb/>
sie gewöhnlich geeigneter für Graueisen- als für Weisseisendarstellung,<lb/>
da er die Bildungs- und Schmelztemperatur der Schlacke erhöht; um-<lb/>
gekehrt wird die Graueisendarstellung schwieriger, wenn nur thonerde-<lb/>
freie Erze zur Verhüttung vorliegen.</p><lb/>
            <p>Selbstverständlich ist es, dass man für Darstellung bestimmter<lb/>
Roheisensorten nicht Erze benutzen wird, durch welche Bestandtheile,<lb/>
nachtheilig für die Verwendung jener Roheisensorten, denselben zuge-<lb/>
führt werden. Die Verwendung des Spiegeleisens erheischt möglichste<lb/>
Reinheit von Phosphor; dasselbe ist bei dem für den älteren Bessemer-<lb/>
process bestimmten grauen Roheisen der Fall. Es würde widersinnig<lb/>
sein, hier phosphorreiche Erze verhütten zu wollen. Weniger von<lb/>
Belang ist ein Phosphorgehalt in dem Giessereiroheisen und dem ge-<lb/>
wöhnlichen Weisseisen; der basische Bessemerprocess (Thomasprocess)<lb/>
verlangt sogar ein Roheisen mit grösserem Phosphorgehalte. Hier also<lb/>
sind phosphorhaltige Erze verwendbar. Ein höherer Mangangehalt aber<lb/>
ist für Giessereiroheisen von Nachtheil, da er demselben die Eigen-<lb/>
schaft, leicht hart, weiss zu werden verleiht; für die Verwendung des<lb/>
Weisseisens ist er eher förderlich als nachtheilig. Phosphorhaltige man-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[522/0582] Der Hochofenbetrieb. werden und bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze, als im umge- kehrten Falle. 1) Alle diese Umstände zusammen machen einen um so grösseren Brennstoffverbrauch und Anwendung stärker erhitzten Windes erforderlich, je silicium- oder manganreicher das Roheisen werden soll. 5. Von der Windmenge, welche der Ofen in der Zeiteinheit erhält; oder richtiger von dem Verhältnisse dieser Windmenge zu dem Raum- inhalte des Hochofens. Je mehr Wind der Ofen empfängt, desto rascher verläuft der Schmelzprocess; desto grösser ist die Menge des dargestellten Roheisens; aber desto leichter tritt vorzeitige Verschlackung unredu- cirten Eisens ein und desto unbedeutender wird die Reduction von Silicium oder Mangan ausfallen. Ein Hochofen, welcher auf gewöhn- liches Weisseisen betrieben wird, verträgt daher und erfordert sogar eine stärkere Beschleunigung des Schmelzganges als ein solcher, welcher graues oder manganreicheres Roheisen darstellen soll. Durch entsprechende Gattirung mehrerer Erzsorten oder durch Beschicken derselben mit geeigneten Zuschlägen ist man im Stande, verschiedenartige Roheisensorten aus den gleichen Erzen darzustellen, wenn auch die ursprüngliche Beschaffenheit der Erze sie oft mehr geeignet für den einen als für den andern Zweck erscheinen lässt. Rasenerze, mit Quarzkörnern durchmengt oder quarzige Rotheisenerze werden fast immer die Graueisenbildung befördern; manganreiche Spathe dagegen werden, auch wenn sie auf graues Roheisen verarbeitet werden, immerhin demselben die Neigung ertheilen, bei rascher Abkühlung weiss zu werden, leichter aber auf weisses Roheisen oder Spiegeleisen sich verarbeiten lassen. Ein grösserer Thonerdegehalt der Erze macht sie gewöhnlich geeigneter für Graueisen- als für Weisseisendarstellung, da er die Bildungs- und Schmelztemperatur der Schlacke erhöht; um- gekehrt wird die Graueisendarstellung schwieriger, wenn nur thonerde- freie Erze zur Verhüttung vorliegen. Selbstverständlich ist es, dass man für Darstellung bestimmter Roheisensorten nicht Erze benutzen wird, durch welche Bestandtheile, nachtheilig für die Verwendung jener Roheisensorten, denselben zuge- führt werden. Die Verwendung des Spiegeleisens erheischt möglichste Reinheit von Phosphor; dasselbe ist bei dem für den älteren Bessemer- process bestimmten grauen Roheisen der Fall. Es würde widersinnig sein, hier phosphorreiche Erze verhütten zu wollen. Weniger von Belang ist ein Phosphorgehalt in dem Giessereiroheisen und dem ge- wöhnlichen Weisseisen; der basische Bessemerprocess (Thomasprocess) verlangt sogar ein Roheisen mit grösserem Phosphorgehalte. Hier also sind phosphorhaltige Erze verwendbar. Ein höherer Mangangehalt aber ist für Giessereiroheisen von Nachtheil, da er demselben die Eigen- schaft, leicht hart, weiss zu werden verleiht; für die Verwendung des Weisseisens ist er eher förderlich als nachtheilig. Phosphorhaltige man- 1) Mangan und Silicium werden nur direct reducirt und erfordern dazu grosser Wärmemengen; bei Verhüttung schwer reducirbarer Erze ist das Maass der directen Reduction und mithin auch der Wärmeverbrauch grösser als bei Verhüttung leicht reducirbarer Erze.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/582
Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/582>, abgerufen am 27.04.2024.