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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
für die Darstellung und Verarbeitung des Roheisens einander so nahe
zu bringen, dass jene unmittelbare Aufeinanderfolge beider Processe
überhaupt stattfinden kann.

Es sind also Schmelzöfen erforderlich, in welchen die abermalige
Verflüssigung des Roheisens bewirkt wird. Wo eine Umwandlung des
Roheisens in schmiedbares Eisen der Zweck der Verarbeitung ist, benutzt
man mitunter den nämlichen Ofen, in welchem diese Arbeit vor-
genommen wird, auch zum vorausgehenden Schmelzen des Roheisens;
die Einrichtung dieser Oefen wird demgemäss in Abtheilung III Be-
sprechung finden. In anderen Fällen dagegen benutzt man für das
Umschmelzen des Roheisens besondere Oefen, deren einziger Zweck
eben dieses Umschmelzen ist; das Roheisen geht wiederum als solches
aus dem Ofen hervor, um dann erst weiter verarbeitet zu werden, sei
es durch Eingiessen in Formen zu Eisengusswaaren, sei es durch einen
Frischprocess in einem besonderen Apparate zu schmiedbarem Eisen.

Auch bei diesem Umschmelzen lässt sich jedoch eine chemische
Beeinflussung des Roheisens nicht ganz vermeiden. Am geringsten
würde dieselbe ausfallen, wenn man das Roheisen entweder, wie im
Hochofen, in einer kohlenoxydreichen Gasatmosphäre schmelzen, oder
wenn man es durch Einschliessen in einen schützenden Tiegel vor der
Berührung mit den Verbrennungsgasen aus dem Brennstoffe schützen
wollte. In Rücksicht auf die ungleich ungünstigere Wärmeleistung der
Brennstoffe bei der Verbrennung des Kohlenstoffs zu Kohlenoxyd statt
zu Kohlensäure (S. 20) lässt sich ersteres Mittel nicht ohne einen be-
deutenden Mehrverbrauch an Brennstoff anwenden; noch ungünstiger
wird dieser Brennstoffverbrauch beim Tiegelschmelzen, wo mehrere Um-
stände zusammenkommen, um die Wärmeausnutzung auf ein sehr ge-
ringes Maass herabzudrücken.

Nur in seltenen Fällen, und zwar nur dann, wenn eine möglichste
Einschränkung jeder Aenderung der chemischen Zusammensetzung des
Roheisens Bedingung für das Gelingen des betreffenden Processes und
die Menge des zu schmelzenden Roheisens nicht beträchtlich ist, wird
man das Tiegelschmelzen benutzen, dessen Kosten noch obenein durch
den Verbrauch an Tiegeln beträchtlich gesteigert werden. Auch beim
Schmelzen ohne Tiegel (in Schacht- oder Herdflammöfen) wird man
meistens als erstes Ziel eine thunlichste Einschränkung des Brennstoff-
verbrauches ins Auge fassen; und dieses Ziel wird sich um so eher
erreichen lassen, je vollständiger der Brennstoff in dem Schmelzofen zu
Kohlensäure und Wasser verbrannt wird.

Bei einem derartigen Schmelzen in oxydirender Atmosphäre ist
nun freilich eine theilweise Oxydation der Bestandtheile des Roheisens
unvermeidlich; dieselbe wird um so weniger bedeutend sein, je rascher
der Schmelzprocess verläuft, je rascher also das Roheisen den Ein-
wirkungen desselben entzogen wird. Einer etwaigen Benachtheiligung
der Verwendbarkeit des Roheisens für diesen oder jenen Zweck durch
jene Verringerung einzelner Bestandtheile lässt sich entgegen wirken,
indem man von vorn herein ein Roheisen zum Einschmelzen verwendet,
welches einen entsprechenden Ueberschuss der austretenden Körper
enthält.

Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
für die Darstellung und Verarbeitung des Roheisens einander so nahe
zu bringen, dass jene unmittelbare Aufeinanderfolge beider Processe
überhaupt stattfinden kann.

Es sind also Schmelzöfen erforderlich, in welchen die abermalige
Verflüssigung des Roheisens bewirkt wird. Wo eine Umwandlung des
Roheisens in schmiedbares Eisen der Zweck der Verarbeitung ist, benutzt
man mitunter den nämlichen Ofen, in welchem diese Arbeit vor-
genommen wird, auch zum vorausgehenden Schmelzen des Roheisens;
die Einrichtung dieser Oefen wird demgemäss in Abtheilung III Be-
sprechung finden. In anderen Fällen dagegen benutzt man für das
Umschmelzen des Roheisens besondere Oefen, deren einziger Zweck
eben dieses Umschmelzen ist; das Roheisen geht wiederum als solches
aus dem Ofen hervor, um dann erst weiter verarbeitet zu werden, sei
es durch Eingiessen in Formen zu Eisengusswaaren, sei es durch einen
Frischprocess in einem besonderen Apparate zu schmiedbarem Eisen.

Auch bei diesem Umschmelzen lässt sich jedoch eine chemische
Beeinflussung des Roheisens nicht ganz vermeiden. Am geringsten
würde dieselbe ausfallen, wenn man das Roheisen entweder, wie im
Hochofen, in einer kohlenoxydreichen Gasatmosphäre schmelzen, oder
wenn man es durch Einschliessen in einen schützenden Tiegel vor der
Berührung mit den Verbrennungsgasen aus dem Brennstoffe schützen
wollte. In Rücksicht auf die ungleich ungünstigere Wärmeleistung der
Brennstoffe bei der Verbrennung des Kohlenstoffs zu Kohlenoxyd statt
zu Kohlensäure (S. 20) lässt sich ersteres Mittel nicht ohne einen be-
deutenden Mehrverbrauch an Brennstoff anwenden; noch ungünstiger
wird dieser Brennstoffverbrauch beim Tiegelschmelzen, wo mehrere Um-
stände zusammenkommen, um die Wärmeausnutzung auf ein sehr ge-
ringes Maass herabzudrücken.

Nur in seltenen Fällen, und zwar nur dann, wenn eine möglichste
Einschränkung jeder Aenderung der chemischen Zusammensetzung des
Roheisens Bedingung für das Gelingen des betreffenden Processes und
die Menge des zu schmelzenden Roheisens nicht beträchtlich ist, wird
man das Tiegelschmelzen benutzen, dessen Kosten noch obenein durch
den Verbrauch an Tiegeln beträchtlich gesteigert werden. Auch beim
Schmelzen ohne Tiegel (in Schacht- oder Herdflammöfen) wird man
meistens als erstes Ziel eine thunlichste Einschränkung des Brennstoff-
verbrauches ins Auge fassen; und dieses Ziel wird sich um so eher
erreichen lassen, je vollständiger der Brennstoff in dem Schmelzofen zu
Kohlensäure und Wasser verbrannt wird.

Bei einem derartigen Schmelzen in oxydirender Atmosphäre ist
nun freilich eine theilweise Oxydation der Bestandtheile des Roheisens
unvermeidlich; dieselbe wird um so weniger bedeutend sein, je rascher
der Schmelzprocess verläuft, je rascher also das Roheisen den Ein-
wirkungen desselben entzogen wird. Einer etwaigen Benachtheiligung
der Verwendbarkeit des Roheisens für diesen oder jenen Zweck durch
jene Verringerung einzelner Bestandtheile lässt sich entgegen wirken,
indem man von vorn herein ein Roheisen zum Einschmelzen verwendet,
welches einen entsprechenden Ueberschuss der austretenden Körper
enthält.

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[598/0658] Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens. für die Darstellung und Verarbeitung des Roheisens einander so nahe zu bringen, dass jene unmittelbare Aufeinanderfolge beider Processe überhaupt stattfinden kann. Es sind also Schmelzöfen erforderlich, in welchen die abermalige Verflüssigung des Roheisens bewirkt wird. Wo eine Umwandlung des Roheisens in schmiedbares Eisen der Zweck der Verarbeitung ist, benutzt man mitunter den nämlichen Ofen, in welchem diese Arbeit vor- genommen wird, auch zum vorausgehenden Schmelzen des Roheisens; die Einrichtung dieser Oefen wird demgemäss in Abtheilung III Be- sprechung finden. In anderen Fällen dagegen benutzt man für das Umschmelzen des Roheisens besondere Oefen, deren einziger Zweck eben dieses Umschmelzen ist; das Roheisen geht wiederum als solches aus dem Ofen hervor, um dann erst weiter verarbeitet zu werden, sei es durch Eingiessen in Formen zu Eisengusswaaren, sei es durch einen Frischprocess in einem besonderen Apparate zu schmiedbarem Eisen. Auch bei diesem Umschmelzen lässt sich jedoch eine chemische Beeinflussung des Roheisens nicht ganz vermeiden. Am geringsten würde dieselbe ausfallen, wenn man das Roheisen entweder, wie im Hochofen, in einer kohlenoxydreichen Gasatmosphäre schmelzen, oder wenn man es durch Einschliessen in einen schützenden Tiegel vor der Berührung mit den Verbrennungsgasen aus dem Brennstoffe schützen wollte. In Rücksicht auf die ungleich ungünstigere Wärmeleistung der Brennstoffe bei der Verbrennung des Kohlenstoffs zu Kohlenoxyd statt zu Kohlensäure (S. 20) lässt sich ersteres Mittel nicht ohne einen be- deutenden Mehrverbrauch an Brennstoff anwenden; noch ungünstiger wird dieser Brennstoffverbrauch beim Tiegelschmelzen, wo mehrere Um- stände zusammenkommen, um die Wärmeausnutzung auf ein sehr ge- ringes Maass herabzudrücken. Nur in seltenen Fällen, und zwar nur dann, wenn eine möglichste Einschränkung jeder Aenderung der chemischen Zusammensetzung des Roheisens Bedingung für das Gelingen des betreffenden Processes und die Menge des zu schmelzenden Roheisens nicht beträchtlich ist, wird man das Tiegelschmelzen benutzen, dessen Kosten noch obenein durch den Verbrauch an Tiegeln beträchtlich gesteigert werden. Auch beim Schmelzen ohne Tiegel (in Schacht- oder Herdflammöfen) wird man meistens als erstes Ziel eine thunlichste Einschränkung des Brennstoff- verbrauches ins Auge fassen; und dieses Ziel wird sich um so eher erreichen lassen, je vollständiger der Brennstoff in dem Schmelzofen zu Kohlensäure und Wasser verbrannt wird. Bei einem derartigen Schmelzen in oxydirender Atmosphäre ist nun freilich eine theilweise Oxydation der Bestandtheile des Roheisens unvermeidlich; dieselbe wird um so weniger bedeutend sein, je rascher der Schmelzprocess verläuft, je rascher also das Roheisen den Ein- wirkungen desselben entzogen wird. Einer etwaigen Benachtheiligung der Verwendbarkeit des Roheisens für diesen oder jenen Zweck durch jene Verringerung einzelner Bestandtheile lässt sich entgegen wirken, indem man von vorn herein ein Roheisen zum Einschmelzen verwendet, welches einen entsprechenden Ueberschuss der austretenden Körper enthält.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/658>, abgerufen am 29.04.2024.