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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Theorie des Schmiedens.
nach beendigtem Strecken das Arbeitsstück mit wenigen Schlägen einer
Hammerbahn bearbeitet wird, deren Längenrichtung mit der Längen-
richtung des gestreckten Arbeitsstückes übereinstimmt, während ihre
Breite mindestens so gross ist als die Breite des Arbeitsstückes. Die
Schlagwirkung wird hierbei auf eine grosse Fläche vertheilt, und eine
erhebliche Querschnittsverdünnung beziehentlich Ausbreitung findet nicht
statt; aber die mit Furchen bedeckte Oberfläche wird geglättet. Diese
Vervollkommnung der Oberfläche eines durch Hammerschläge ge-
streckten Arbeitsstückes heisst Schlichten.

Die entgegengesetzte Arbeit des Streckens ist das Stauchen,
eine Verkürzung der Längenabmessung (beziehentlich auch Breiten-
abmessung) unter Vergrösserung der Dicke. Dasselbe wird, wie schon
oben erwähnt wurde, ausgeführt, indem man das Arbeitsstück hoch-
kantig auf den Ambos stellt und Schläge auf die Stirnfläche ausführt.
Natürlicherweise lässt sich ein Maschinenhammer hierfür nur benutzen,
sofern die Länge des Arbeitsstückes, welche verkürzt werden soll, nicht
schon beträchtlicher ist, als die Hubhöhe des Hammers.

Der geschilderte Verlauf des Streckens, Schlichtens und Stauchens,
welche Arbeiten bei jedem Hammer zur Ausführung kommen, der nicht
etwa zum Treiben bestimmt und deshalb mit besonders geformter Bahn
versehen ist, erklärt die übliche Form und Anwendung der Hammer-
bahnen.

Den Aufwerf- und Schwanzhämmern der Herdfrischhütten, welche
die Bestimmung haben, zum Ausschmieden des Eisens zu Stäben benutzt
zu werden, pflegt man, wie schon oben
erwähnt wurde, eine rechteckige, lang-
gestreckte Bahn zu geben. Je schma-
ler die Bahn ist (deren Form mit der-
jenigen der Ambosbahn übereinstim-
men muss), desto rascher geht das
Strecken unter dem Hammer vor-
wärts; aber in Rücksicht auf das nach-
folgende Schlichten darf die Breite der
Bahn immerhin nicht geringer sein als
diejenige der zu schmiedenden Stäbe.

Beim Strecken nun wird man den
Stab so halten, dass er quer über dem
Ambos liegt (Fig. 177), beim Schlichten
legt man ihn von der Stirnseite des
Hammers aus der Länge nach auf
den Ambos. Soll die Breitenrichtung
verkürzt oder sollen die Kanten ge-

[Abbildung] Fig. 177.
ebnet werden, so wird er mit der schmalen Seite auf den Ambos
gelegt.

Grösseren Hämmern dagegen -- Stirnhämmern, Brusthämmern,
Dampfhämmern -- pflegt man eine Hammer- und Ambosbahn, wie in
Fig. 178 im Grundrisse skizzirt ist, d. i. mit Tförmiger Grundfläche
zu geben. Die beiden rundlichen Ansätze in den Ecken dienen nur
zur Verstärkung. Beim Strecken wird man, je nachdem dasselbe

Die Theorie des Schmiedens.
nach beendigtem Strecken das Arbeitsstück mit wenigen Schlägen einer
Hammerbahn bearbeitet wird, deren Längenrichtung mit der Längen-
richtung des gestreckten Arbeitsstückes übereinstimmt, während ihre
Breite mindestens so gross ist als die Breite des Arbeitsstückes. Die
Schlagwirkung wird hierbei auf eine grosse Fläche vertheilt, und eine
erhebliche Querschnittsverdünnung beziehentlich Ausbreitung findet nicht
statt; aber die mit Furchen bedeckte Oberfläche wird geglättet. Diese
Vervollkommnung der Oberfläche eines durch Hammerschläge ge-
streckten Arbeitsstückes heisst Schlichten.

Die entgegengesetzte Arbeit des Streckens ist das Stauchen,
eine Verkürzung der Längenabmessung (beziehentlich auch Breiten-
abmessung) unter Vergrösserung der Dicke. Dasselbe wird, wie schon
oben erwähnt wurde, ausgeführt, indem man das Arbeitsstück hoch-
kantig auf den Ambos stellt und Schläge auf die Stirnfläche ausführt.
Natürlicherweise lässt sich ein Maschinenhammer hierfür nur benutzen,
sofern die Länge des Arbeitsstückes, welche verkürzt werden soll, nicht
schon beträchtlicher ist, als die Hubhöhe des Hammers.

Der geschilderte Verlauf des Streckens, Schlichtens und Stauchens,
welche Arbeiten bei jedem Hammer zur Ausführung kommen, der nicht
etwa zum Treiben bestimmt und deshalb mit besonders geformter Bahn
versehen ist, erklärt die übliche Form und Anwendung der Hammer-
bahnen.

Den Aufwerf- und Schwanzhämmern der Herdfrischhütten, welche
die Bestimmung haben, zum Ausschmieden des Eisens zu Stäben benutzt
zu werden, pflegt man, wie schon oben
erwähnt wurde, eine rechteckige, lang-
gestreckte Bahn zu geben. Je schma-
ler die Bahn ist (deren Form mit der-
jenigen der Ambosbahn übereinstim-
men muss), desto rascher geht das
Strecken unter dem Hammer vor-
wärts; aber in Rücksicht auf das nach-
folgende Schlichten darf die Breite der
Bahn immerhin nicht geringer sein als
diejenige der zu schmiedenden Stäbe.

Beim Strecken nun wird man den
Stab so halten, dass er quer über dem
Ambos liegt (Fig. 177), beim Schlichten
legt man ihn von der Stirnseite des
Hammers aus der Länge nach auf
den Ambos. Soll die Breitenrichtung
verkürzt oder sollen die Kanten ge-

[Abbildung] Fig. 177.
ebnet werden, so wird er mit der schmalen Seite auf den Ambos
gelegt.

Grösseren Hämmern dagegen — Stirnhämmern, Brusthämmern,
Dampfhämmern — pflegt man eine Hammer- und Ambosbahn, wie in
Fig. 178 im Grundrisse skizzirt ist, d. i. mit Tförmiger Grundfläche
zu geben. Die beiden rundlichen Ansätze in den Ecken dienen nur
zur Verstärkung. Beim Strecken wird man, je nachdem dasselbe

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[695/0765] Die Theorie des Schmiedens. nach beendigtem Strecken das Arbeitsstück mit wenigen Schlägen einer Hammerbahn bearbeitet wird, deren Längenrichtung mit der Längen- richtung des gestreckten Arbeitsstückes übereinstimmt, während ihre Breite mindestens so gross ist als die Breite des Arbeitsstückes. Die Schlagwirkung wird hierbei auf eine grosse Fläche vertheilt, und eine erhebliche Querschnittsverdünnung beziehentlich Ausbreitung findet nicht statt; aber die mit Furchen bedeckte Oberfläche wird geglättet. Diese Vervollkommnung der Oberfläche eines durch Hammerschläge ge- streckten Arbeitsstückes heisst Schlichten. Die entgegengesetzte Arbeit des Streckens ist das Stauchen, eine Verkürzung der Längenabmessung (beziehentlich auch Breiten- abmessung) unter Vergrösserung der Dicke. Dasselbe wird, wie schon oben erwähnt wurde, ausgeführt, indem man das Arbeitsstück hoch- kantig auf den Ambos stellt und Schläge auf die Stirnfläche ausführt. Natürlicherweise lässt sich ein Maschinenhammer hierfür nur benutzen, sofern die Länge des Arbeitsstückes, welche verkürzt werden soll, nicht schon beträchtlicher ist, als die Hubhöhe des Hammers. Der geschilderte Verlauf des Streckens, Schlichtens und Stauchens, welche Arbeiten bei jedem Hammer zur Ausführung kommen, der nicht etwa zum Treiben bestimmt und deshalb mit besonders geformter Bahn versehen ist, erklärt die übliche Form und Anwendung der Hammer- bahnen. Den Aufwerf- und Schwanzhämmern der Herdfrischhütten, welche die Bestimmung haben, zum Ausschmieden des Eisens zu Stäben benutzt zu werden, pflegt man, wie schon oben erwähnt wurde, eine rechteckige, lang- gestreckte Bahn zu geben. Je schma- ler die Bahn ist (deren Form mit der- jenigen der Ambosbahn übereinstim- men muss), desto rascher geht das Strecken unter dem Hammer vor- wärts; aber in Rücksicht auf das nach- folgende Schlichten darf die Breite der Bahn immerhin nicht geringer sein als diejenige der zu schmiedenden Stäbe. Beim Strecken nun wird man den Stab so halten, dass er quer über dem Ambos liegt (Fig. 177), beim Schlichten legt man ihn von der Stirnseite des Hammers aus der Länge nach auf den Ambos. Soll die Breitenrichtung verkürzt oder sollen die Kanten ge- [Abbildung Fig. 177.] ebnet werden, so wird er mit der schmalen Seite auf den Ambos gelegt. Grösseren Hämmern dagegen — Stirnhämmern, Brusthämmern, Dampfhämmern — pflegt man eine Hammer- und Ambosbahn, wie in Fig. 178 im Grundrisse skizzirt ist, d. i. mit Tförmiger Grundfläche zu geben. Die beiden rundlichen Ansätze in den Ecken dienen nur zur Verstärkung. Beim Strecken wird man, je nachdem dasselbe

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/765>, abgerufen am 27.04.2024.