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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Schweisseisens.
den oben erwähnten Einflüssen einer hohen Temperatur auf den Ver-
lauf des Frischprocesses schliessen; und letztere Einflüsse, zumal die
Verzögerung der Verbrennung von Silicium und Mangan in hoher
Temperatur, lassen auch die mehrfach aufgestellte Behauptung gerecht-
fertigt erscheinen, dass in gewissen Fällen eine Verschlechterung der
Eisenbeschaffenheit durch die Erhitzung des Windes herbeigeführt
werde. Bei sehr gaarfrischendem Eisen dagegen wird die Anwendung
erwärmten Windes durch Verzögerung des allzu raschen Gaarens
wiederum vortheilhaft wirken können.

Die schwedischen Lancashirefeuer sind -- abweichend von der
älteren in Fig. 214a und 214b skizzirten Einrichtung -- mit zwei ein-
ander gegenüber liegenden Formen versehen, deren Düsen 24 mm im
Durchmesser weit sind, während die Windpressung 94--100 mm Queck-
silbersäule beträgt.

Man verwendet ein lichtgraues (stark halbirtes) oder weisses, also
ziemlich gaarfrischendes Roheisen und verarbeitet Einsätze von 65 bis
140 kg, abweichend nach der Grösse des Feuers.

Auf den Boden des Feuers bringt man etwas Holzkohlenlösche,
auf diese einige Schaufeln voll eisenoxydreicher Frischschlacke (Gaar-
schlacke) oder Hammerschlag, dann Holzkohlen. Das Roheisen pflegt
in einzelnen Stücken von 25--50 mm Stärke, 150--300 mm Länge
und Breite verarbeitet zu werden. Es wird während der Verarbeitung
des vorausgehenden Einsatzes stark angewärmt, alsdann auf die ein-
geschütteten Kohlen gebracht und mit einer Lage Kohlen bedeckt,
worauf das Gebläse angelassen wird. Hat in dieser Weise der Betrieb
begonnen, so schüttet man wohl zu oberst auf die Kohlen nochmals
Gaarschlacke oder Hammerschlag.

Während des nun beginnenden Schmelzens des Roheisens verhin-
dert der Arbeiter durch Wuchten mit einer eisernen Brechstange, dass
einzelne Roheisenstücke ungeschmolzen durch die Kohlen hindurch-
fallen und am Boden liegen bleiben. Je weniger gaarfrischend das Roh-
eisen ist, desto mehr muss der Process des Einschmelzens verzögert
werden, damit die Oxydation vollständiger sei und nicht allzu dünn-
flüssiges Eisen auf den Boden gelange. Nach Beendigung des Schmelzens
werden die aus Eisen und Schlacke bestehenden Ansätze, welche an
den "Zacken" sich gebildet haben, mit einer Stange losgebrochen und
nochmals niedergeschmolzen, damit das Eisen derselben von der Schlacke
getrennt werde. Ist es erforderlich, so wird jetzt ein Theil der zu
oberst befindlichen Schlacke abgelassen.

War der Process des Niederschmelzens günstig verlaufen, so soll
das Eisen sich jetzt in einem teigigen Zustande am Boden befinden.
Ist dieses nicht der Fall, so wird Gaarschlacke (eine gegen Ende des
Processes entstehende eisenoxydreiche Schlacke) nachgetragen und fort-
gesetzt mit kaltem Winde geblasen.

Die Zeitdauer dieser ersten Periode ist etwa 30 Minuten.

Mit einer starken Brechstange wird nunmehr das am Boden be-
findliche Eisen in einzelne Brocken zertheilt, diese werden in der Mitte
des Feuers angesammelt und schliesslich mit der Brechstange bis zur
Oberkante des Feuers emporgehoben, um aufs Neue vor dem Winde

Die Darstellung des Schweisseisens.
den oben erwähnten Einflüssen einer hohen Temperatur auf den Ver-
lauf des Frischprocesses schliessen; und letztere Einflüsse, zumal die
Verzögerung der Verbrennung von Silicium und Mangan in hoher
Temperatur, lassen auch die mehrfach aufgestellte Behauptung gerecht-
fertigt erscheinen, dass in gewissen Fällen eine Verschlechterung der
Eisenbeschaffenheit durch die Erhitzung des Windes herbeigeführt
werde. Bei sehr gaarfrischendem Eisen dagegen wird die Anwendung
erwärmten Windes durch Verzögerung des allzu raschen Gaarens
wiederum vortheilhaft wirken können.

Die schwedischen Lancashirefeuer sind — abweichend von der
älteren in Fig. 214a und 214b skizzirten Einrichtung — mit zwei ein-
ander gegenüber liegenden Formen versehen, deren Düsen 24 mm im
Durchmesser weit sind, während die Windpressung 94—100 mm Queck-
silbersäule beträgt.

Man verwendet ein lichtgraues (stark halbirtes) oder weisses, also
ziemlich gaarfrischendes Roheisen und verarbeitet Einsätze von 65 bis
140 kg, abweichend nach der Grösse des Feuers.

Auf den Boden des Feuers bringt man etwas Holzkohlenlösche,
auf diese einige Schaufeln voll eisenoxydreicher Frischschlacke (Gaar-
schlacke) oder Hammerschlag, dann Holzkohlen. Das Roheisen pflegt
in einzelnen Stücken von 25—50 mm Stärke, 150—300 mm Länge
und Breite verarbeitet zu werden. Es wird während der Verarbeitung
des vorausgehenden Einsatzes stark angewärmt, alsdann auf die ein-
geschütteten Kohlen gebracht und mit einer Lage Kohlen bedeckt,
worauf das Gebläse angelassen wird. Hat in dieser Weise der Betrieb
begonnen, so schüttet man wohl zu oberst auf die Kohlen nochmals
Gaarschlacke oder Hammerschlag.

Während des nun beginnenden Schmelzens des Roheisens verhin-
dert der Arbeiter durch Wuchten mit einer eisernen Brechstange, dass
einzelne Roheisenstücke ungeschmolzen durch die Kohlen hindurch-
fallen und am Boden liegen bleiben. Je weniger gaarfrischend das Roh-
eisen ist, desto mehr muss der Process des Einschmelzens verzögert
werden, damit die Oxydation vollständiger sei und nicht allzu dünn-
flüssiges Eisen auf den Boden gelange. Nach Beendigung des Schmelzens
werden die aus Eisen und Schlacke bestehenden Ansätze, welche an
den „Zacken“ sich gebildet haben, mit einer Stange losgebrochen und
nochmals niedergeschmolzen, damit das Eisen derselben von der Schlacke
getrennt werde. Ist es erforderlich, so wird jetzt ein Theil der zu
oberst befindlichen Schlacke abgelassen.

War der Process des Niederschmelzens günstig verlaufen, so soll
das Eisen sich jetzt in einem teigigen Zustande am Boden befinden.
Ist dieses nicht der Fall, so wird Gaarschlacke (eine gegen Ende des
Processes entstehende eisenoxydreiche Schlacke) nachgetragen und fort-
gesetzt mit kaltem Winde geblasen.

Die Zeitdauer dieser ersten Periode ist etwa 30 Minuten.

Mit einer starken Brechstange wird nunmehr das am Boden be-
findliche Eisen in einzelne Brocken zertheilt, diese werden in der Mitte
des Feuers angesammelt und schliesslich mit der Brechstange bis zur
Oberkante des Feuers emporgehoben, um aufs Neue vor dem Winde

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[764/0836] Die Darstellung des Schweisseisens. den oben erwähnten Einflüssen einer hohen Temperatur auf den Ver- lauf des Frischprocesses schliessen; und letztere Einflüsse, zumal die Verzögerung der Verbrennung von Silicium und Mangan in hoher Temperatur, lassen auch die mehrfach aufgestellte Behauptung gerecht- fertigt erscheinen, dass in gewissen Fällen eine Verschlechterung der Eisenbeschaffenheit durch die Erhitzung des Windes herbeigeführt werde. Bei sehr gaarfrischendem Eisen dagegen wird die Anwendung erwärmten Windes durch Verzögerung des allzu raschen Gaarens wiederum vortheilhaft wirken können. Die schwedischen Lancashirefeuer sind — abweichend von der älteren in Fig. 214a und 214b skizzirten Einrichtung — mit zwei ein- ander gegenüber liegenden Formen versehen, deren Düsen 24 mm im Durchmesser weit sind, während die Windpressung 94—100 mm Queck- silbersäule beträgt. Man verwendet ein lichtgraues (stark halbirtes) oder weisses, also ziemlich gaarfrischendes Roheisen und verarbeitet Einsätze von 65 bis 140 kg, abweichend nach der Grösse des Feuers. Auf den Boden des Feuers bringt man etwas Holzkohlenlösche, auf diese einige Schaufeln voll eisenoxydreicher Frischschlacke (Gaar- schlacke) oder Hammerschlag, dann Holzkohlen. Das Roheisen pflegt in einzelnen Stücken von 25—50 mm Stärke, 150—300 mm Länge und Breite verarbeitet zu werden. Es wird während der Verarbeitung des vorausgehenden Einsatzes stark angewärmt, alsdann auf die ein- geschütteten Kohlen gebracht und mit einer Lage Kohlen bedeckt, worauf das Gebläse angelassen wird. Hat in dieser Weise der Betrieb begonnen, so schüttet man wohl zu oberst auf die Kohlen nochmals Gaarschlacke oder Hammerschlag. Während des nun beginnenden Schmelzens des Roheisens verhin- dert der Arbeiter durch Wuchten mit einer eisernen Brechstange, dass einzelne Roheisenstücke ungeschmolzen durch die Kohlen hindurch- fallen und am Boden liegen bleiben. Je weniger gaarfrischend das Roh- eisen ist, desto mehr muss der Process des Einschmelzens verzögert werden, damit die Oxydation vollständiger sei und nicht allzu dünn- flüssiges Eisen auf den Boden gelange. Nach Beendigung des Schmelzens werden die aus Eisen und Schlacke bestehenden Ansätze, welche an den „Zacken“ sich gebildet haben, mit einer Stange losgebrochen und nochmals niedergeschmolzen, damit das Eisen derselben von der Schlacke getrennt werde. Ist es erforderlich, so wird jetzt ein Theil der zu oberst befindlichen Schlacke abgelassen. War der Process des Niederschmelzens günstig verlaufen, so soll das Eisen sich jetzt in einem teigigen Zustande am Boden befinden. Ist dieses nicht der Fall, so wird Gaarschlacke (eine gegen Ende des Processes entstehende eisenoxydreiche Schlacke) nachgetragen und fort- gesetzt mit kaltem Winde geblasen. Die Zeitdauer dieser ersten Periode ist etwa 30 Minuten. Mit einer starken Brechstange wird nunmehr das am Boden be- findliche Eisen in einzelne Brocken zertheilt, diese werden in der Mitte des Feuers angesammelt und schliesslich mit der Brechstange bis zur Oberkante des Feuers emporgehoben, um aufs Neue vor dem Winde

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 764. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/836>, abgerufen am 19.05.2024.