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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das Arbeitsverfahren beim Puddeln in feststehenden Oefen.
ofenschlacke, Hammerschlag) zu ersetzen; verarbeitet man aber phos-
phorreiches Roheisen, so würde, wenn man die nämliche Schlacke wieder
anwenden wollte, dieselbe immer phosphorreicher und infolge davon
die Abscheidung des Phosphors aus dem Roheisen immer spärlicher
werden. Man lässt also in diesem Falle die phosphorsäurereiche Schlacke
ab und setzt Hammerschlag, Schweissofenschlacke oder Eisenerze dafür
ein. Der Zusatz pflegt alsdann 25--50 Proc. von dem Gewichte des
Roheisens zu betragen.

Wenn das Einsetzen beendet ist, wird die Einsatzthür geschlossen,
vor die Arbeitsthür stellt man eine Blechplatte mit einem kleinen Schau-
loche, durch welches man die Vorgänge auf dem Herde beobachten
kann, auf die Thürschwelle aber legt man neben die Fugen der Thüren
einige Kohlen, welche sich rasch erhitzen und langsam verbrennen,
dadurch das Einströmen freien Sauerstoffes in den Ofen verhindernd.

Einstweilen überlässt man nun das Roheisen ohne Weiteres der
Erhitzung. Beginnt dasselbe zu schmelzen, was nach 20--25 Minuten
der Fall zu sein pflegt, so wird es "aufgestochen", d. h. mit einer
eisernen Brechstange gewendet, so dass die untere, weniger stark
erhitzte Seite nach oben zu liegen kommt, wobei man Stücke, die
etwa am Boden festsitzen, losbricht und überhaupt dafür sorgt, dass
nicht ungeschmolzene Stücke unter der Schlacke zurückbleiben. Im
Ganzen pflegt das Einschmelzen eine Zeit von 35--40 Minuten zu be-
anspruchen.

Verarbeitet man weisses manganarmes Eisen, so pflegen schon
beim Einschmelzen die ersten Spuren der beginnenden Kohlenstoffver-
brennung bemerkbar zu werden. An der Oberfläche der flüssigen
Schlacke, welche das Eisen bedeckt hält, zeigen sich Gasbläschen und
das entweichende Gas verbrennt mit blauer Flamme. Bei grauem Roh-
eisen ist dieser Vorgang weniger oder gar nicht bemerkbar; die Oxy-
dation wirft sich auf den Siliciumgehalt, und der Kohlenstoffgehalt bleibt
geschützt.

Es folgt nun die Arbeit des Rührens mit dem "Rührhaken" oder
der "Kratze", einer eisernen, vorn hakenartig umgebogenen Stange von
2.5--3 m Länge. Der Arbeiter schiebt dieselbe durch die Arbeits-
öffnung in den Ofen, setzt sie an der Fuchsbrücke ein, so dass der
Haken den Boden berührt und bewegt sie nun abwechselnd vor und
rückwärts durch das Eisenbad, gewissermaassen radiale Furchen durch
dasselbe ziehend, deren eine dicht neben der andern liegt, bis er mit
dem Haken an der entgegengesetzten Seite des Ofens, der Feuerbrücke
angekommen ist. Alsdann nimmt er denselben Weg unter steter Vor-
und Rückwärtsbewegung des Hakens rückwärts u. s. f. Ist der Haken
nach einigen Minuten des Rührens hellrothglühend geworden, so wird
er gegen einen frischen, den ein zweiter Arbeiter führt, umgetauscht.

Alsbald zeigt sich nun die Folge der durch das Rühren bewirkten
Mischung von Eisen und Schlacke. Die Kohlenoxydgasbildung wird
stärker, das Bad geräth allmählich in eine kochende Bewegung, die
sogenannte Kochperiode des Puddelprocesses beginnt. Wie schon früher
erwähnt wurde, wirkt eine allzu hohe Temperatur in dieser Periode
verzögernd auf die Entkohlung, da sie die Entmischung der beiden auf
einander wirkenden Körper, des Eisens und der Schlacke, durch grössere

Das Arbeitsverfahren beim Puddeln in feststehenden Oefen.
ofenschlacke, Hammerschlag) zu ersetzen; verarbeitet man aber phos-
phorreiches Roheisen, so würde, wenn man die nämliche Schlacke wieder
anwenden wollte, dieselbe immer phosphorreicher und infolge davon
die Abscheidung des Phosphors aus dem Roheisen immer spärlicher
werden. Man lässt also in diesem Falle die phosphorsäurereiche Schlacke
ab und setzt Hammerschlag, Schweissofenschlacke oder Eisenerze dafür
ein. Der Zusatz pflegt alsdann 25—50 Proc. von dem Gewichte des
Roheisens zu betragen.

Wenn das Einsetzen beendet ist, wird die Einsatzthür geschlossen,
vor die Arbeitsthür stellt man eine Blechplatte mit einem kleinen Schau-
loche, durch welches man die Vorgänge auf dem Herde beobachten
kann, auf die Thürschwelle aber legt man neben die Fugen der Thüren
einige Kohlen, welche sich rasch erhitzen und langsam verbrennen,
dadurch das Einströmen freien Sauerstoffes in den Ofen verhindernd.

Einstweilen überlässt man nun das Roheisen ohne Weiteres der
Erhitzung. Beginnt dasselbe zu schmelzen, was nach 20—25 Minuten
der Fall zu sein pflegt, so wird es „aufgestochen“, d. h. mit einer
eisernen Brechstange gewendet, so dass die untere, weniger stark
erhitzte Seite nach oben zu liegen kommt, wobei man Stücke, die
etwa am Boden festsitzen, losbricht und überhaupt dafür sorgt, dass
nicht ungeschmolzene Stücke unter der Schlacke zurückbleiben. Im
Ganzen pflegt das Einschmelzen eine Zeit von 35—40 Minuten zu be-
anspruchen.

Verarbeitet man weisses manganarmes Eisen, so pflegen schon
beim Einschmelzen die ersten Spuren der beginnenden Kohlenstoffver-
brennung bemerkbar zu werden. An der Oberfläche der flüssigen
Schlacke, welche das Eisen bedeckt hält, zeigen sich Gasbläschen und
das entweichende Gas verbrennt mit blauer Flamme. Bei grauem Roh-
eisen ist dieser Vorgang weniger oder gar nicht bemerkbar; die Oxy-
dation wirft sich auf den Siliciumgehalt, und der Kohlenstoffgehalt bleibt
geschützt.

Es folgt nun die Arbeit des Rührens mit dem „Rührhaken“ oder
der „Kratze“, einer eisernen, vorn hakenartig umgebogenen Stange von
2.5—3 m Länge. Der Arbeiter schiebt dieselbe durch die Arbeits-
öffnung in den Ofen, setzt sie an der Fuchsbrücke ein, so dass der
Haken den Boden berührt und bewegt sie nun abwechselnd vor und
rückwärts durch das Eisenbad, gewissermaassen radiale Furchen durch
dasselbe ziehend, deren eine dicht neben der andern liegt, bis er mit
dem Haken an der entgegengesetzten Seite des Ofens, der Feuerbrücke
angekommen ist. Alsdann nimmt er denselben Weg unter steter Vor-
und Rückwärtsbewegung des Hakens rückwärts u. s. f. Ist der Haken
nach einigen Minuten des Rührens hellrothglühend geworden, so wird
er gegen einen frischen, den ein zweiter Arbeiter führt, umgetauscht.

Alsbald zeigt sich nun die Folge der durch das Rühren bewirkten
Mischung von Eisen und Schlacke. Die Kohlenoxydgasbildung wird
stärker, das Bad geräth allmählich in eine kochende Bewegung, die
sogenannte Kochperiode des Puddelprocesses beginnt. Wie schon früher
erwähnt wurde, wirkt eine allzu hohe Temperatur in dieser Periode
verzögernd auf die Entkohlung, da sie die Entmischung der beiden auf
einander wirkenden Körper, des Eisens und der Schlacke, durch grössere

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[787/0863] Das Arbeitsverfahren beim Puddeln in feststehenden Oefen. ofenschlacke, Hammerschlag) zu ersetzen; verarbeitet man aber phos- phorreiches Roheisen, so würde, wenn man die nämliche Schlacke wieder anwenden wollte, dieselbe immer phosphorreicher und infolge davon die Abscheidung des Phosphors aus dem Roheisen immer spärlicher werden. Man lässt also in diesem Falle die phosphorsäurereiche Schlacke ab und setzt Hammerschlag, Schweissofenschlacke oder Eisenerze dafür ein. Der Zusatz pflegt alsdann 25—50 Proc. von dem Gewichte des Roheisens zu betragen. Wenn das Einsetzen beendet ist, wird die Einsatzthür geschlossen, vor die Arbeitsthür stellt man eine Blechplatte mit einem kleinen Schau- loche, durch welches man die Vorgänge auf dem Herde beobachten kann, auf die Thürschwelle aber legt man neben die Fugen der Thüren einige Kohlen, welche sich rasch erhitzen und langsam verbrennen, dadurch das Einströmen freien Sauerstoffes in den Ofen verhindernd. Einstweilen überlässt man nun das Roheisen ohne Weiteres der Erhitzung. Beginnt dasselbe zu schmelzen, was nach 20—25 Minuten der Fall zu sein pflegt, so wird es „aufgestochen“, d. h. mit einer eisernen Brechstange gewendet, so dass die untere, weniger stark erhitzte Seite nach oben zu liegen kommt, wobei man Stücke, die etwa am Boden festsitzen, losbricht und überhaupt dafür sorgt, dass nicht ungeschmolzene Stücke unter der Schlacke zurückbleiben. Im Ganzen pflegt das Einschmelzen eine Zeit von 35—40 Minuten zu be- anspruchen. Verarbeitet man weisses manganarmes Eisen, so pflegen schon beim Einschmelzen die ersten Spuren der beginnenden Kohlenstoffver- brennung bemerkbar zu werden. An der Oberfläche der flüssigen Schlacke, welche das Eisen bedeckt hält, zeigen sich Gasbläschen und das entweichende Gas verbrennt mit blauer Flamme. Bei grauem Roh- eisen ist dieser Vorgang weniger oder gar nicht bemerkbar; die Oxy- dation wirft sich auf den Siliciumgehalt, und der Kohlenstoffgehalt bleibt geschützt. Es folgt nun die Arbeit des Rührens mit dem „Rührhaken“ oder der „Kratze“, einer eisernen, vorn hakenartig umgebogenen Stange von 2.5—3 m Länge. Der Arbeiter schiebt dieselbe durch die Arbeits- öffnung in den Ofen, setzt sie an der Fuchsbrücke ein, so dass der Haken den Boden berührt und bewegt sie nun abwechselnd vor und rückwärts durch das Eisenbad, gewissermaassen radiale Furchen durch dasselbe ziehend, deren eine dicht neben der andern liegt, bis er mit dem Haken an der entgegengesetzten Seite des Ofens, der Feuerbrücke angekommen ist. Alsdann nimmt er denselben Weg unter steter Vor- und Rückwärtsbewegung des Hakens rückwärts u. s. f. Ist der Haken nach einigen Minuten des Rührens hellrothglühend geworden, so wird er gegen einen frischen, den ein zweiter Arbeiter führt, umgetauscht. Alsbald zeigt sich nun die Folge der durch das Rühren bewirkten Mischung von Eisen und Schlacke. Die Kohlenoxydgasbildung wird stärker, das Bad geräth allmählich in eine kochende Bewegung, die sogenannte Kochperiode des Puddelprocesses beginnt. Wie schon früher erwähnt wurde, wirkt eine allzu hohe Temperatur in dieser Periode verzögernd auf die Entkohlung, da sie die Entmischung der beiden auf einander wirkenden Körper, des Eisens und der Schlacke, durch grössere

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 787. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/863>, abgerufen am 15.05.2024.