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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.
Wasserschwall in drehende Bewegung versetzt werden, während sie
diesen durchschneiden. Von einer Gefahr ist jedoch keine Rede. Auch
bei Messina bilden sich solche Wirbel, deren Oertlichkeit wir im
Plane angezeigt haben; der grösste derselben ist der Garofalo (Nelke).

Der Farowirbel ist die Charybdis der griechischen Schiffersage,
eine der Gefahren am Eingange zur Meerenge. Die andere Gefahr
sind die steilen Felsabhänge, auf welchen Burg und Ort Scilla
thronen. Bei stürmischer Witterung tobt hier eine furchtbare Brandung.
Friedrich Schiller's herrliche Ballade "Der Taucher" bezieht sich
auf ein Ereigniss, das unter Friedrich II. Regierung (siehe geschicht-
liche Rückblicke im Abschnitte Palermo) beim Wirbel Garofalo vor-
kam. Dort tauchte Cola Pesce und fand den Tod. Schiller aber ver-
legte den Schauplatz nach Scilla.

Messina lagert höchst malerisch an den gefällig bewegten Ab-
hängen des mit Wald und fruchtbaren Culturen bedeckten Küsten-
gebirges.

Eine sichelförmige, durch Anschwemmung entstandene Landzunge
bildet ein ansehnliches, wohlgeschütztes Hafenbassin von grosser
Wassertiefe. Die italienische Regierung hat in den letzten Jahren
den stark besuchten Hafen durch mancherlei Bauten und Einrichtungen
sowie durch Entfernung bestandener Untiefen verbessert. Auf der
sichelförmigen Landzunge, welche die Citadelle und das Fort S. Sal-
vatore trägt, befinden sich die Kohlenmagazine in dem ehemaligen
Lazareth S. Raineri und östlich davon der Leuchtthurm Faro grande
unter 38° 11' nördl. Breite und 15° 35' östl. Länge v. Gr. Am Süd-
ende des Hafens liegt der Bahnhof, von dem die Geleise zum Zollamt und
zu den grossen Waarenmagazinen führen. In den letzten Jahren
tauchte das Project auf, Messina durch einem unterseeischen
Tunnel mit Calabrien zu verbinden; der Gedanke dürfte aber kaum
verwirklicht werden, denn, um ihn als ein wirkliches Bedürfniss
erscheinen zu lassen, müssten die Culturzustände auf Sicilien denn doch
ganz andere sein, als die bestehenden. Die herrliche Quaifront des Corso
Vittorio Emanuele, auch Marina genannt, eine palastreiche Esplanade
(ehemals Palazzata), zieht sich längs des Hafens als eine belebte und
durch Kunstbauten gezierte Promenade über ein und einen halben Kilo-
meter nordwärts. Längs derselben sind südlich der Sanität die Schiffe in
langer Reihe vertäut. Parallel mit der Quaifront ist die breite und schnur-
gerade Via Garibaldi geführt; dann folgen der Corso Cavour und die Via
Monasteri als höhergelegene Strassenzüge, welche die Stadt in nörd-
licher Richtung durchschneiden. Das Weichbild der Stadt Messina

Das Mittelmeerbecken.
Wasserschwall in drehende Bewegung versetzt werden, während sie
diesen durchschneiden. Von einer Gefahr ist jedoch keine Rede. Auch
bei Messina bilden sich solche Wirbel, deren Oertlichkeit wir im
Plane angezeigt haben; der grösste derselben ist der Garofalo (Nelke).

Der Farowirbel ist die Charybdis der griechischen Schiffersage,
eine der Gefahren am Eingange zur Meerenge. Die andere Gefahr
sind die steilen Felsabhänge, auf welchen Burg und Ort Scilla
thronen. Bei stürmischer Witterung tobt hier eine furchtbare Brandung.
Friedrich Schiller’s herrliche Ballade „Der Taucher“ bezieht sich
auf ein Ereigniss, das unter Friedrich II. Regierung (siehe geschicht-
liche Rückblicke im Abschnitte Palermo) beim Wirbel Garofalo vor-
kam. Dort tauchte Cola Pesce und fand den Tod. Schiller aber ver-
legte den Schauplatz nach Scilla.

Messina lagert höchst malerisch an den gefällig bewegten Ab-
hängen des mit Wald und fruchtbaren Culturen bedeckten Küsten-
gebirges.

Eine sichelförmige, durch Anschwemmung entstandene Landzunge
bildet ein ansehnliches, wohlgeschütztes Hafenbassin von grosser
Wassertiefe. Die italienische Regierung hat in den letzten Jahren
den stark besuchten Hafen durch mancherlei Bauten und Einrichtungen
sowie durch Entfernung bestandener Untiefen verbessert. Auf der
sichelförmigen Landzunge, welche die Citadelle und das Fort S. Sal-
vatore trägt, befinden sich die Kohlenmagazine in dem ehemaligen
Lazareth S. Raineri und östlich davon der Leuchtthurm Faro grande
unter 38° 11′ nördl. Breite und 15° 35′ östl. Länge v. Gr. Am Süd-
ende des Hafens liegt der Bahnhof, von dem die Geleise zum Zollamt und
zu den grossen Waarenmagazinen führen. In den letzten Jahren
tauchte das Project auf, Messina durch einem unterseeischen
Tunnel mit Calabrien zu verbinden; der Gedanke dürfte aber kaum
verwirklicht werden, denn, um ihn als ein wirkliches Bedürfniss
erscheinen zu lassen, müssten die Culturzustände auf Sicilien denn doch
ganz andere sein, als die bestehenden. Die herrliche Quaifront des Corso
Vittorio Emanuele, auch Marina genannt, eine palastreiche Esplanade
(ehemals Palazzata), zieht sich längs des Hafens als eine belebte und
durch Kunstbauten gezierte Promenade über ein und einen halben Kilo-
meter nordwärts. Längs derselben sind südlich der Sanität die Schiffe in
langer Reihe vertäut. Parallel mit der Quaifront ist die breite und schnur-
gerade Via Garibaldi geführt; dann folgen der Corso Cavour und die Via
Monasteri als höhergelegene Strassenzüge, welche die Stadt in nörd-
licher Richtung durchschneiden. Das Weichbild der Stadt Messina

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[334/0354] Das Mittelmeerbecken. Wasserschwall in drehende Bewegung versetzt werden, während sie diesen durchschneiden. Von einer Gefahr ist jedoch keine Rede. Auch bei Messina bilden sich solche Wirbel, deren Oertlichkeit wir im Plane angezeigt haben; der grösste derselben ist der Garofalo (Nelke). Der Farowirbel ist die Charybdis der griechischen Schiffersage, eine der Gefahren am Eingange zur Meerenge. Die andere Gefahr sind die steilen Felsabhänge, auf welchen Burg und Ort Scilla thronen. Bei stürmischer Witterung tobt hier eine furchtbare Brandung. Friedrich Schiller’s herrliche Ballade „Der Taucher“ bezieht sich auf ein Ereigniss, das unter Friedrich II. Regierung (siehe geschicht- liche Rückblicke im Abschnitte Palermo) beim Wirbel Garofalo vor- kam. Dort tauchte Cola Pesce und fand den Tod. Schiller aber ver- legte den Schauplatz nach Scilla. Messina lagert höchst malerisch an den gefällig bewegten Ab- hängen des mit Wald und fruchtbaren Culturen bedeckten Küsten- gebirges. Eine sichelförmige, durch Anschwemmung entstandene Landzunge bildet ein ansehnliches, wohlgeschütztes Hafenbassin von grosser Wassertiefe. Die italienische Regierung hat in den letzten Jahren den stark besuchten Hafen durch mancherlei Bauten und Einrichtungen sowie durch Entfernung bestandener Untiefen verbessert. Auf der sichelförmigen Landzunge, welche die Citadelle und das Fort S. Sal- vatore trägt, befinden sich die Kohlenmagazine in dem ehemaligen Lazareth S. Raineri und östlich davon der Leuchtthurm Faro grande unter 38° 11′ nördl. Breite und 15° 35′ östl. Länge v. Gr. Am Süd- ende des Hafens liegt der Bahnhof, von dem die Geleise zum Zollamt und zu den grossen Waarenmagazinen führen. In den letzten Jahren tauchte das Project auf, Messina durch einem unterseeischen Tunnel mit Calabrien zu verbinden; der Gedanke dürfte aber kaum verwirklicht werden, denn, um ihn als ein wirkliches Bedürfniss erscheinen zu lassen, müssten die Culturzustände auf Sicilien denn doch ganz andere sein, als die bestehenden. Die herrliche Quaifront des Corso Vittorio Emanuele, auch Marina genannt, eine palastreiche Esplanade (ehemals Palazzata), zieht sich längs des Hafens als eine belebte und durch Kunstbauten gezierte Promenade über ein und einen halben Kilo- meter nordwärts. Längs derselben sind südlich der Sanität die Schiffe in langer Reihe vertäut. Parallel mit der Quaifront ist die breite und schnur- gerade Via Garibaldi geführt; dann folgen der Corso Cavour und die Via Monasteri als höhergelegene Strassenzüge, welche die Stadt in nörd- licher Richtung durchschneiden. Das Weichbild der Stadt Messina

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/354>, abgerufen am 29.04.2024.