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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Brindisi.

Die Bedeutung von Brindisi ruht mehr in der Vergangenheit, als
in seiner heutigen Stellung im Weltverkehr, die den Rahmen einer
gewissen theoretischen Wichtigkeit kaum zu überschreiten vermag.
Der Durchstich von Suez (1869) erhob Brindisi zwar zur europäischen
Endstation auf der Route nach Indien, allein dieses "Mandat" konnte
ohne Begünstigung durch andere vortheilhafte handelsgeographische
Verhältnisse, die dem Platze abgehen, das Emporblühen desselben
bisher nicht nennenswerth fördern.

Im Alterthume lagen die Verhältnisse viel günstiger. Das schon
im dritten Jahrhundert v. Chr. unter die Herrschaft Roms gelangte
Brundusium war bald darauf zur wichtigsten Endstation für den über-
seeischen Verkehr auf der Route über Dyrrhachium (früher Epidamnos,
jetzt Durazzo) nach Griechenland und dem industriereichen Orient
geworden. Die von Horaz beschriebene herrliche Kunststrasse Via
Appia verband Capua mit dem volkreichen und blühenden Emporium
am Adria-Meere. Den wohlgeschützten Hafen, der die Stadt mit zwei
Wasserarmen umfasst, belebten zahlreiche mit den kostbarsten Er-
zeugnissen des prunkliebenden Ostens beladene Kaufmannsschiffe und
trotzige römische Triremen boten dem Handel Schutz und Schirm.
Hier sammelten sich die Kaufherren und ihre Trosse zur gefahrvollen
Reise nach Griechenland, Rhodus, Antiochia oder Alexandria, und
häuften so den Wohlstand der betriebsamen Bevölkerung.

In die Glanzzeit von Brundusium fiel der Kampf Cäsar's
mit Pompejus ernüchternd ein, und die von letzterem besetzte Stadt
bestand (49 v. Chr.) eine denkwürdige Belagerung.

Brundusium ist auch die Todesstätte Virgil's, des ruhmgekrönten
Sängers der Aeneis, der hier (19 v. Chr.), auf der Reise von Griechen-
land nach Rom, nachdem er kaum den heimatlichen Boden betreten
hatte, starb.


Brindisi.

Die Bedeutung von Brindisi ruht mehr in der Vergangenheit, als
in seiner heutigen Stellung im Weltverkehr, die den Rahmen einer
gewissen theoretischen Wichtigkeit kaum zu überschreiten vermag.
Der Durchstich von Suez (1869) erhob Brindisi zwar zur europäischen
Endstation auf der Route nach Indien, allein dieses „Mandat“ konnte
ohne Begünstigung durch andere vortheilhafte handelsgeographische
Verhältnisse, die dem Platze abgehen, das Emporblühen desselben
bisher nicht nennenswerth fördern.

Im Alterthume lagen die Verhältnisse viel günstiger. Das schon
im dritten Jahrhundert v. Chr. unter die Herrschaft Roms gelangte
Brundusium war bald darauf zur wichtigsten Endstation für den über-
seeischen Verkehr auf der Route über Dyrrhachium (früher Epidamnos,
jetzt Durazzo) nach Griechenland und dem industriereichen Orient
geworden. Die von Horaz beschriebene herrliche Kunststrasse Via
Appia verband Capua mit dem volkreichen und blühenden Emporium
am Adria-Meere. Den wohlgeschützten Hafen, der die Stadt mit zwei
Wasserarmen umfasst, belebten zahlreiche mit den kostbarsten Er-
zeugnissen des prunkliebenden Ostens beladene Kaufmannsschiffe und
trotzige römische Triremen boten dem Handel Schutz und Schirm.
Hier sammelten sich die Kaufherren und ihre Trosse zur gefahrvollen
Reise nach Griechenland, Rhodus, Antiochia oder Alexandria, und
häuften so den Wohlstand der betriebsamen Bevölkerung.

In die Glanzzeit von Brundusium fiel der Kampf Cäsar’s
mit Pompejus ernüchternd ein, und die von letzterem besetzte Stadt
bestand (49 v. Chr.) eine denkwürdige Belagerung.

Brundusium ist auch die Todesstätte Virgil’s, des ruhmgekrönten
Sängers der Aeneis, der hier (19 v. Chr.), auf der Reise von Griechen-
land nach Rom, nachdem er kaum den heimatlichen Boden betreten
hatte, starb.


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[[55]/0075] Brindisi. Die Bedeutung von Brindisi ruht mehr in der Vergangenheit, als in seiner heutigen Stellung im Weltverkehr, die den Rahmen einer gewissen theoretischen Wichtigkeit kaum zu überschreiten vermag. Der Durchstich von Suez (1869) erhob Brindisi zwar zur europäischen Endstation auf der Route nach Indien, allein dieses „Mandat“ konnte ohne Begünstigung durch andere vortheilhafte handelsgeographische Verhältnisse, die dem Platze abgehen, das Emporblühen desselben bisher nicht nennenswerth fördern. Im Alterthume lagen die Verhältnisse viel günstiger. Das schon im dritten Jahrhundert v. Chr. unter die Herrschaft Roms gelangte Brundusium war bald darauf zur wichtigsten Endstation für den über- seeischen Verkehr auf der Route über Dyrrhachium (früher Epidamnos, jetzt Durazzo) nach Griechenland und dem industriereichen Orient geworden. Die von Horaz beschriebene herrliche Kunststrasse Via Appia verband Capua mit dem volkreichen und blühenden Emporium am Adria-Meere. Den wohlgeschützten Hafen, der die Stadt mit zwei Wasserarmen umfasst, belebten zahlreiche mit den kostbarsten Er- zeugnissen des prunkliebenden Ostens beladene Kaufmannsschiffe und trotzige römische Triremen boten dem Handel Schutz und Schirm. Hier sammelten sich die Kaufherren und ihre Trosse zur gefahrvollen Reise nach Griechenland, Rhodus, Antiochia oder Alexandria, und häuften so den Wohlstand der betriebsamen Bevölkerung. In die Glanzzeit von Brundusium fiel der Kampf Cäsar’s mit Pompejus ernüchternd ein, und die von letzterem besetzte Stadt bestand (49 v. Chr.) eine denkwürdige Belagerung. Brundusium ist auch die Todesstätte Virgil’s, des ruhmgekrönten Sängers der Aeneis, der hier (19 v. Chr.), auf der Reise von Griechen- land nach Rom, nachdem er kaum den heimatlichen Boden betreten hatte, starb.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [55]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/75>, abgerufen am 30.04.2024.