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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.

An der Nordwestseite des Hafens liegt der Stadttheil Nordräs
auf einer Halbinsel, von ihm aus geht die Strandgaden (Gasse) den
Hafen entlang. Auf der Halbinsel befindet sich die Anhöhe Hougen
mit einer schönen Aussicht über die Stadt und den Hafen. Die
Strandgade und die mit ihr parallel laufende Strasse Markevejen
werden häufig von Plätzen mit Anlagen -- Almenningen -- unter-
brochen. Im Süden des Hafens befinden sich drei grosse Plätze, hier
sind die neuen, seit dem Brande von 1855 aufgeführten Stadttheile.
Vor der Börse auf dem Vaags-Almenning steht das Standbild des
Dichters Ludwig Holberg, der in Bergen geboren wurde. Weiter
südlich erhebt sich auf einem kleinen Hügel das schöne, neue
Museumsgebäude mit werthvollen Sammlungen. Hinter dem Museum
ist der neue Stadtpark.

Von der König Oskar-Strasse gelangt man durch die Stadtpforte
links zur Domkirche mit einem schönen Thurm. Nördlich davon, im
Osten des Hafens, liegt das alte hanseatische Kontor, Bryggen oder
Tydskebryggen (deutsche Brücke) genannt. Hier wohnten zur Zeit der
Hansaherrschaft die deutschen Kaufleute. Die Häuser in diesem Viertel
sind trotz wiederholter Feuersbrünste nach Art der alten norwegi-
schen Stadthäuser aufgebaut. Nördlich erhebt sich die Marienkirche,
welche den Hanseaten gehörte.

Den interessantesten Anblick bietet Bergen zur Zeit der Fisch-
messe, da wimmelt der Hafen von Fahrzeugen, welche mit den Fisch-
ladungen von Norden kommen, und in der Stadt bewegt sich Schiffer-
volk aller Nationen. Am inneren Hafen ist der Fischmarkt, wo an
Markttagen das lebhafteste Treiben und Feilschen vor sich geht.
Ausserhalb der Brücke ist die Festung Bergenhus, wo sich die Königs-
halle, der Festsaal der alten Könige, befindet.

Der Hafen von Bergen bildet das südliche Ende des By-Fjords,
welchem seewärts eine Barriere von Inseln (Askö, Soträ u. a.) vor-
lagert. Der Fjord, welcher mit vielen Abzweigungen tief ins Land
greift, hat die bedeutende Wassertiefe von mehr als 4 m und bietet
der Schiffahrt keine Hindernisse.

Die Bergen anlaufenden Schiffe wählen die Zufahrt im Süden
der Insel Soträ durch den Kors-Fjord, welcher durch Leuchtfeuer gut
gekennzeichnet ist.

Für den Handel bestehen keine völlig geschlossenen Becken oder
Docks. Die Eisenbahn durchschneidet die Stadt und führt bis zum
östlichen Quai der Hafenbucht (Vaagen), deren Eingang durch einen
Wellenbrecher geschützt ist. Die Flut erreicht hier eine Höhe von

Der atlantische Ocean.

An der Nordwestseite des Hafens liegt der Stadttheil Nordräs
auf einer Halbinsel, von ihm aus geht die Strandgaden (Gasse) den
Hafen entlang. Auf der Halbinsel befindet sich die Anhöhe Hougen
mit einer schönen Aussicht über die Stadt und den Hafen. Die
Strandgade und die mit ihr parallel laufende Strasse Markevejen
werden häufig von Plätzen mit Anlagen — Almenningen — unter-
brochen. Im Süden des Hafens befinden sich drei grosse Plätze, hier
sind die neuen, seit dem Brande von 1855 aufgeführten Stadttheile.
Vor der Börse auf dem Vaags-Almenning steht das Standbild des
Dichters Ludwig Holberg, der in Bergen geboren wurde. Weiter
südlich erhebt sich auf einem kleinen Hügel das schöne, neue
Museumsgebäude mit werthvollen Sammlungen. Hinter dem Museum
ist der neue Stadtpark.

Von der König Oskar-Strasse gelangt man durch die Stadtpforte
links zur Domkirche mit einem schönen Thurm. Nördlich davon, im
Osten des Hafens, liegt das alte hanseatische Kontor, Bryggen oder
Tydskebryggen (deutsche Brücke) genannt. Hier wohnten zur Zeit der
Hansaherrschaft die deutschen Kaufleute. Die Häuser in diesem Viertel
sind trotz wiederholter Feuersbrünste nach Art der alten norwegi-
schen Stadthäuser aufgebaut. Nördlich erhebt sich die Marienkirche,
welche den Hanseaten gehörte.

Den interessantesten Anblick bietet Bergen zur Zeit der Fisch-
messe, da wimmelt der Hafen von Fahrzeugen, welche mit den Fisch-
ladungen von Norden kommen, und in der Stadt bewegt sich Schiffer-
volk aller Nationen. Am inneren Hafen ist der Fischmarkt, wo an
Markttagen das lebhafteste Treiben und Feilschen vor sich geht.
Ausserhalb der Brücke ist die Festung Bergenhus, wo sich die Königs-
halle, der Festsaal der alten Könige, befindet.

Der Hafen von Bergen bildet das südliche Ende des By-Fjords,
welchem seewärts eine Barrière von Inseln (Askö, Soträ u. a.) vor-
lagert. Der Fjord, welcher mit vielen Abzweigungen tief ins Land
greift, hat die bedeutende Wassertiefe von mehr als 4 m und bietet
der Schiffahrt keine Hindernisse.

Die Bergen anlaufenden Schiffe wählen die Zufahrt im Süden
der Insel Soträ durch den Kors-Fjord, welcher durch Leuchtfeuer gut
gekennzeichnet ist.

Für den Handel bestehen keine völlig geschlossenen Becken oder
Docks. Die Eisenbahn durchschneidet die Stadt und führt bis zum
östlichen Quai der Hafenbucht (Vaagen), deren Eingang durch einen
Wellenbrecher geschützt ist. Die Flut erreicht hier eine Höhe von

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[912/0932] Der atlantische Ocean. An der Nordwestseite des Hafens liegt der Stadttheil Nordräs auf einer Halbinsel, von ihm aus geht die Strandgaden (Gasse) den Hafen entlang. Auf der Halbinsel befindet sich die Anhöhe Hougen mit einer schönen Aussicht über die Stadt und den Hafen. Die Strandgade und die mit ihr parallel laufende Strasse Markevejen werden häufig von Plätzen mit Anlagen — Almenningen — unter- brochen. Im Süden des Hafens befinden sich drei grosse Plätze, hier sind die neuen, seit dem Brande von 1855 aufgeführten Stadttheile. Vor der Börse auf dem Vaags-Almenning steht das Standbild des Dichters Ludwig Holberg, der in Bergen geboren wurde. Weiter südlich erhebt sich auf einem kleinen Hügel das schöne, neue Museumsgebäude mit werthvollen Sammlungen. Hinter dem Museum ist der neue Stadtpark. Von der König Oskar-Strasse gelangt man durch die Stadtpforte links zur Domkirche mit einem schönen Thurm. Nördlich davon, im Osten des Hafens, liegt das alte hanseatische Kontor, Bryggen oder Tydskebryggen (deutsche Brücke) genannt. Hier wohnten zur Zeit der Hansaherrschaft die deutschen Kaufleute. Die Häuser in diesem Viertel sind trotz wiederholter Feuersbrünste nach Art der alten norwegi- schen Stadthäuser aufgebaut. Nördlich erhebt sich die Marienkirche, welche den Hanseaten gehörte. Den interessantesten Anblick bietet Bergen zur Zeit der Fisch- messe, da wimmelt der Hafen von Fahrzeugen, welche mit den Fisch- ladungen von Norden kommen, und in der Stadt bewegt sich Schiffer- volk aller Nationen. Am inneren Hafen ist der Fischmarkt, wo an Markttagen das lebhafteste Treiben und Feilschen vor sich geht. Ausserhalb der Brücke ist die Festung Bergenhus, wo sich die Königs- halle, der Festsaal der alten Könige, befindet. Der Hafen von Bergen bildet das südliche Ende des By-Fjords, welchem seewärts eine Barrière von Inseln (Askö, Soträ u. a.) vor- lagert. Der Fjord, welcher mit vielen Abzweigungen tief ins Land greift, hat die bedeutende Wassertiefe von mehr als 4 m und bietet der Schiffahrt keine Hindernisse. Die Bergen anlaufenden Schiffe wählen die Zufahrt im Süden der Insel Soträ durch den Kors-Fjord, welcher durch Leuchtfeuer gut gekennzeichnet ist. Für den Handel bestehen keine völlig geschlossenen Becken oder Docks. Die Eisenbahn durchschneidet die Stadt und führt bis zum östlichen Quai der Hafenbucht (Vaagen), deren Eingang durch einen Wellenbrecher geschützt ist. Die Flut erreicht hier eine Höhe von

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 912. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/932>, abgerufen am 29.04.2024.