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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Westindische Häfen.

Der Ausnützung der Schätze, mit welchen die Natur Trinidad
in fast verschwenderischer Weise bedacht hat, steht ein um so grösseres
Feld offen, als das Klima, trotzdem es ein heisses genannt werden
muss, für den Weissen erträglich und gesund ist. Ausserdem erfreut
sich Trinidad des Vorzuges, dass es, obgleich selbst ein Herd vul-
canischer Thätigkeit, gegen die Erschütterungen vulcanischer Ausbrüche,
welche auf vielen der benachbarten Antillen zu wiederholtenmalen die
Werke menschlicher Cultur vernichteten, gefeit ist.

Dieser Umstand und nicht minder die Thatsache, dass Trinidad
ausser der Sturmbahn der verheerenden westindischen Orkane (Cyklonen)
liegt, lassen ihren Werth für den Colonisten, dessen Aussicht auf
sicheren Erfolg nicht getrübt wird, in erhöhtem Glanze erscheinen.
Auch die Navigation im Bereiche der Insel wird durch den letzter-
wähnten Umstand eine leichte.

Das Leben auf der Rhede der Hauptstadt Port of Spain ist
besonders für den Ankömmling, welcher zum erstenmale tropische
Gegenden berührt, überaus bezaubernd. Unzählige Canoes und Boote
mit Insassen aller erdenklichen Racen und Typen umkreisen und be-
lagern förmlich die anlangenden Schiffe.

Unwillkürlich betrachtet man mit seltsamen Gefühlen bald das
Getriebe auf der Rhede, bald das liebliche Panorama der Küste. Der
Charakter der Stadt ist ganz und echt tropisch; die weiss getünchten
Gebäude sind zumeist nur in den Erdgeschossen aus festem Materiale
hergestellt, das aufgesetzte Stockwerk hingegen aus Holz. Weit
vorspringende Verandas beschatten die Gehwege längst der Häuser-
fronten, in welchen sich ein Waarenhaus dem andern anreiht.

Zu den hervorragenden Gebäuden von Port of Spain gehören
drei Kirchen, das Stadthaus, ein Theater und ganz besonders das
Palais des Gouverneurs im botanischen Garten. Port of Spain
ist Sitz des Gouverneurs der Insel und der wichtigsten Schulen,
nämlich des Queen's Royal College und des diesem affilirten römisch-
katholischen Collegiums Immaculata Conception.

Ueber alle Beschreibung erhaben sind die Genüsse, welche jede
weitere Partie in das Innere der Insel lohnen; wir müssen auf ihre
Darstellung verzichten, aber dem Charakter des vorliegenden Buches
entsprechend, darf der sogenannte Asphaltsee (Pitchlake) im Süd-
westen der Insel, zu Wasser 48 km von Port of Spain entfernt, nicht
unerwähnt bleiben. Sein Areale beträgt 109--114 Acres und derselbe
enthält ungezählte Millionen Tonnen von Asphalt. Ein Syndicat eng-
lischer und amerikanischer Unternehmer zahlt jährlich 12.000 Dollars

Westindische Häfen.

Der Ausnützung der Schätze, mit welchen die Natur Trinidad
in fast verschwenderischer Weise bedacht hat, steht ein um so grösseres
Feld offen, als das Klima, trotzdem es ein heisses genannt werden
muss, für den Weissen erträglich und gesund ist. Ausserdem erfreut
sich Trinidad des Vorzuges, dass es, obgleich selbst ein Herd vul-
canischer Thätigkeit, gegen die Erschütterungen vulcanischer Ausbrüche,
welche auf vielen der benachbarten Antillen zu wiederholtenmalen die
Werke menschlicher Cultur vernichteten, gefeit ist.

Dieser Umstand und nicht minder die Thatsache, dass Trinidad
ausser der Sturmbahn der verheerenden westindischen Orkane (Cyklonen)
liegt, lassen ihren Werth für den Colonisten, dessen Aussicht auf
sicheren Erfolg nicht getrübt wird, in erhöhtem Glanze erscheinen.
Auch die Navigation im Bereiche der Insel wird durch den letzter-
wähnten Umstand eine leichte.

Das Leben auf der Rhede der Hauptstadt Port of Spain ist
besonders für den Ankömmling, welcher zum erstenmale tropische
Gegenden berührt, überaus bezaubernd. Unzählige Canoes und Boote
mit Insassen aller erdenklichen Racen und Typen umkreisen und be-
lagern förmlich die anlangenden Schiffe.

Unwillkürlich betrachtet man mit seltsamen Gefühlen bald das
Getriebe auf der Rhede, bald das liebliche Panorama der Küste. Der
Charakter der Stadt ist ganz und echt tropisch; die weiss getünchten
Gebäude sind zumeist nur in den Erdgeschossen aus festem Materiale
hergestellt, das aufgesetzte Stockwerk hingegen aus Holz. Weit
vorspringende Verandas beschatten die Gehwege längst der Häuser-
fronten, in welchen sich ein Waarenhaus dem andern anreiht.

Zu den hervorragenden Gebäuden von Port of Spain gehören
drei Kirchen, das Stadthaus, ein Theater und ganz besonders das
Palais des Gouverneurs im botanischen Garten. Port of Spain
ist Sitz des Gouverneurs der Insel und der wichtigsten Schulen,
nämlich des Queen’s Royal College und des diesem affilirten römisch-
katholischen Collegiums Immaculata Conception.

Ueber alle Beschreibung erhaben sind die Genüsse, welche jede
weitere Partie in das Innere der Insel lohnen; wir müssen auf ihre
Darstellung verzichten, aber dem Charakter des vorliegenden Buches
entsprechend, darf der sogenannte Asphaltsee (Pitchlake) im Süd-
westen der Insel, zu Wasser 48 km von Port of Spain entfernt, nicht
unerwähnt bleiben. Sein Areale beträgt 109—114 Acres und derselbe
enthält ungezählte Millionen Tonnen von Asphalt. Ein Syndicat eng-
lischer und amerikanischer Unternehmer zahlt jährlich 12.000 Dollars

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[215/0231] Westindische Häfen. Der Ausnützung der Schätze, mit welchen die Natur Trinidad in fast verschwenderischer Weise bedacht hat, steht ein um so grösseres Feld offen, als das Klima, trotzdem es ein heisses genannt werden muss, für den Weissen erträglich und gesund ist. Ausserdem erfreut sich Trinidad des Vorzuges, dass es, obgleich selbst ein Herd vul- canischer Thätigkeit, gegen die Erschütterungen vulcanischer Ausbrüche, welche auf vielen der benachbarten Antillen zu wiederholtenmalen die Werke menschlicher Cultur vernichteten, gefeit ist. Dieser Umstand und nicht minder die Thatsache, dass Trinidad ausser der Sturmbahn der verheerenden westindischen Orkane (Cyklonen) liegt, lassen ihren Werth für den Colonisten, dessen Aussicht auf sicheren Erfolg nicht getrübt wird, in erhöhtem Glanze erscheinen. Auch die Navigation im Bereiche der Insel wird durch den letzter- wähnten Umstand eine leichte. Das Leben auf der Rhede der Hauptstadt Port of Spain ist besonders für den Ankömmling, welcher zum erstenmale tropische Gegenden berührt, überaus bezaubernd. Unzählige Canoes und Boote mit Insassen aller erdenklichen Racen und Typen umkreisen und be- lagern förmlich die anlangenden Schiffe. Unwillkürlich betrachtet man mit seltsamen Gefühlen bald das Getriebe auf der Rhede, bald das liebliche Panorama der Küste. Der Charakter der Stadt ist ganz und echt tropisch; die weiss getünchten Gebäude sind zumeist nur in den Erdgeschossen aus festem Materiale hergestellt, das aufgesetzte Stockwerk hingegen aus Holz. Weit vorspringende Verandas beschatten die Gehwege längst der Häuser- fronten, in welchen sich ein Waarenhaus dem andern anreiht. Zu den hervorragenden Gebäuden von Port of Spain gehören drei Kirchen, das Stadthaus, ein Theater und ganz besonders das Palais des Gouverneurs im botanischen Garten. Port of Spain ist Sitz des Gouverneurs der Insel und der wichtigsten Schulen, nämlich des Queen’s Royal College und des diesem affilirten römisch- katholischen Collegiums Immaculata Conception. Ueber alle Beschreibung erhaben sind die Genüsse, welche jede weitere Partie in das Innere der Insel lohnen; wir müssen auf ihre Darstellung verzichten, aber dem Charakter des vorliegenden Buches entsprechend, darf der sogenannte Asphaltsee (Pitchlake) im Süd- westen der Insel, zu Wasser 48 km von Port of Spain entfernt, nicht unerwähnt bleiben. Sein Areale beträgt 109—114 Acres und derselbe enthält ungezählte Millionen Tonnen von Asphalt. Ein Syndicat eng- lischer und amerikanischer Unternehmer zahlt jährlich 12.000 Dollars

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/231>, abgerufen am 27.04.2024.