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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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ihre abgeschlossene Lage von den langwierigen Kriegen jener Zeit wenig in Mit-
leidenschaft gezogen wurde. Aus diesem Grunde wurde auch 1686 der Sitz der
westlichen indischen Gouvernements von dem damals grösseren Surate (Surat)
nach Bombay verlegt, was die Entwicklung der Stadt Bombay, wo noch im selben
Jahre ein Postamt und eine Münze errichtet wurden, wesentlich förderte.

Im Laufe des nächsten Jahrhunderts wechselten Surate und Bombay die
Rollen; in jenem Masse, als ersteres, das einstige "Thor von Mekka" mit
800.000 Einwohnern, mehr und mehr zurückging und einem langsamen, aber
stetigen Verfalle anheimfiel, stieg gleichzeitig die Bedeutung Bombays, das durch
den Fall der Mahraten-Dynastie und die Besetzung ihrer immensen Ländereien
durch die Ostindische Compagnie zu einer imposanten Machtstellung gelangte
die es in der Folge auch nicht mehr verlor.

Der amerikanische Secessionskrieg brachte durch den ge-
steigerten Baumwollexport Indiens der Stadt Bombay einen enormen
Gewinn, der aber infolge des Speculationsfiebers, das alle Schichten
der Bewohner Bombays ergriffen hatte, einen unausbleiblichen schweren
Rückschlag eintreten machte. Die Aufzählung aller Banken, Institute
und Gesellschaften, die bei diesem Anlasse fallit wurden, füllt mehrere
Seiten einer bezüglichen Chronik. Immerhin hatten aber Stadt und
Hafen von dem zugeströmten Gelde bereits grossen Nutzen gezogen.
Verschönerungen, Neubauten und eine Reihe sanitärer Verbesserungen
erinnern noch heute an jene Periode. So ist, allerdings auch durch
consequente Fortsetzung der zweckmässigen Vorkehrungen, Bombay
nunmehr eine der gesündesten Städte Indiens geworden. Hiezu trägt
besonders die grossartige Wasserleitung bei, die auf der bereits er-
wähnten Insel Salsette das Wasser eines Flüsschens in einem künst-
lichen See sammelt und von da nach Bombay führt.

Oestlich von der Stadt liegt der Hafen, von welchem aus be-
trachtet die Insel einen malerischen Anblick bietet. In ihrem süd-
lichsten Theile verläuft sie in zwei Landzungen, zwischen welchen
die südlich und westlich von der Stadt gelegene Back Bay eine weite,
jedoch seichte Bucht bildet.

Die westliche Landzunge trägt den Namen Malabar Hill und
ist dicht mit Bungalows (Villeggiaturen) bedeckt, zu denen gute Wege
durch schattige Palmengehölze führen. Die Hauptstrasse, die in zahl-
reichen Windungen auf den Bergesrücken und von da an das west-
liche Meeresufer führt, ist reich an herrlichen Ausblicken auf Stadt
und Hafen. Diese ländliche Niederlassung von leicht und luftig aus
Holz erbauten Häuschen auf Malabar Hill, der noch vor dreissig
Jahren nur zwei Bungalows trug, hat aber trotz der kurzen Zeit
ihres Bestehens ihren eigentlichen Werth verloren, weil der Hügel
seither schon zu dicht bevölkert und bebaut worden ist. Die Bun-

Bombay.
ihre abgeschlossene Lage von den langwierigen Kriegen jener Zeit wenig in Mit-
leidenschaft gezogen wurde. Aus diesem Grunde wurde auch 1686 der Sitz der
westlichen indischen Gouvernements von dem damals grösseren Surate (Surat)
nach Bombay verlegt, was die Entwicklung der Stadt Bombay, wo noch im selben
Jahre ein Postamt und eine Münze errichtet wurden, wesentlich förderte.

Im Laufe des nächsten Jahrhunderts wechselten Surate und Bombay die
Rollen; in jenem Masse, als ersteres, das einstige „Thor von Mekka“ mit
800.000 Einwohnern, mehr und mehr zurückging und einem langsamen, aber
stetigen Verfalle anheimfiel, stieg gleichzeitig die Bedeutung Bombays, das durch
den Fall der Mahraten-Dynastie und die Besetzung ihrer immensen Ländereien
durch die Ostindische Compagnie zu einer imposanten Machtstellung gelangte
die es in der Folge auch nicht mehr verlor.

Der amerikanische Secessionskrieg brachte durch den ge-
steigerten Baumwollexport Indiens der Stadt Bombay einen enormen
Gewinn, der aber infolge des Speculationsfiebers, das alle Schichten
der Bewohner Bombays ergriffen hatte, einen unausbleiblichen schweren
Rückschlag eintreten machte. Die Aufzählung aller Banken, Institute
und Gesellschaften, die bei diesem Anlasse fallit wurden, füllt mehrere
Seiten einer bezüglichen Chronik. Immerhin hatten aber Stadt und
Hafen von dem zugeströmten Gelde bereits grossen Nutzen gezogen.
Verschönerungen, Neubauten und eine Reihe sanitärer Verbesserungen
erinnern noch heute an jene Periode. So ist, allerdings auch durch
consequente Fortsetzung der zweckmässigen Vorkehrungen, Bombay
nunmehr eine der gesündesten Städte Indiens geworden. Hiezu trägt
besonders die grossartige Wasserleitung bei, die auf der bereits er-
wähnten Insel Salsette das Wasser eines Flüsschens in einem künst-
lichen See sammelt und von da nach Bombay führt.

Oestlich von der Stadt liegt der Hafen, von welchem aus be-
trachtet die Insel einen malerischen Anblick bietet. In ihrem süd-
lichsten Theile verläuft sie in zwei Landzungen, zwischen welchen
die südlich und westlich von der Stadt gelegene Back Bay eine weite,
jedoch seichte Bucht bildet.

Die westliche Landzunge trägt den Namen Malabar Hill und
ist dicht mit Bungalows (Villeggiaturen) bedeckt, zu denen gute Wege
durch schattige Palmengehölze führen. Die Hauptstrasse, die in zahl-
reichen Windungen auf den Bergesrücken und von da an das west-
liche Meeresufer führt, ist reich an herrlichen Ausblicken auf Stadt
und Hafen. Diese ländliche Niederlassung von leicht und luftig aus
Holz erbauten Häuschen auf Malabar Hill, der noch vor dreissig
Jahren nur zwei Bungalows trug, hat aber trotz der kurzen Zeit
ihres Bestehens ihren eigentlichen Werth verloren, weil der Hügel
seither schon zu dicht bevölkert und bebaut worden ist. Die Bun-

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[591/0607] Bombay. ihre abgeschlossene Lage von den langwierigen Kriegen jener Zeit wenig in Mit- leidenschaft gezogen wurde. Aus diesem Grunde wurde auch 1686 der Sitz der westlichen indischen Gouvernements von dem damals grösseren Surate (Surat) nach Bombay verlegt, was die Entwicklung der Stadt Bombay, wo noch im selben Jahre ein Postamt und eine Münze errichtet wurden, wesentlich förderte. Im Laufe des nächsten Jahrhunderts wechselten Surate und Bombay die Rollen; in jenem Masse, als ersteres, das einstige „Thor von Mekka“ mit 800.000 Einwohnern, mehr und mehr zurückging und einem langsamen, aber stetigen Verfalle anheimfiel, stieg gleichzeitig die Bedeutung Bombays, das durch den Fall der Mahraten-Dynastie und die Besetzung ihrer immensen Ländereien durch die Ostindische Compagnie zu einer imposanten Machtstellung gelangte die es in der Folge auch nicht mehr verlor. Der amerikanische Secessionskrieg brachte durch den ge- steigerten Baumwollexport Indiens der Stadt Bombay einen enormen Gewinn, der aber infolge des Speculationsfiebers, das alle Schichten der Bewohner Bombays ergriffen hatte, einen unausbleiblichen schweren Rückschlag eintreten machte. Die Aufzählung aller Banken, Institute und Gesellschaften, die bei diesem Anlasse fallit wurden, füllt mehrere Seiten einer bezüglichen Chronik. Immerhin hatten aber Stadt und Hafen von dem zugeströmten Gelde bereits grossen Nutzen gezogen. Verschönerungen, Neubauten und eine Reihe sanitärer Verbesserungen erinnern noch heute an jene Periode. So ist, allerdings auch durch consequente Fortsetzung der zweckmässigen Vorkehrungen, Bombay nunmehr eine der gesündesten Städte Indiens geworden. Hiezu trägt besonders die grossartige Wasserleitung bei, die auf der bereits er- wähnten Insel Salsette das Wasser eines Flüsschens in einem künst- lichen See sammelt und von da nach Bombay führt. Oestlich von der Stadt liegt der Hafen, von welchem aus be- trachtet die Insel einen malerischen Anblick bietet. In ihrem süd- lichsten Theile verläuft sie in zwei Landzungen, zwischen welchen die südlich und westlich von der Stadt gelegene Back Bay eine weite, jedoch seichte Bucht bildet. Die westliche Landzunge trägt den Namen Malabar Hill und ist dicht mit Bungalows (Villeggiaturen) bedeckt, zu denen gute Wege durch schattige Palmengehölze führen. Die Hauptstrasse, die in zahl- reichen Windungen auf den Bergesrücken und von da an das west- liche Meeresufer führt, ist reich an herrlichen Ausblicken auf Stadt und Hafen. Diese ländliche Niederlassung von leicht und luftig aus Holz erbauten Häuschen auf Malabar Hill, der noch vor dreissig Jahren nur zwei Bungalows trug, hat aber trotz der kurzen Zeit ihres Bestehens ihren eigentlichen Werth verloren, weil der Hügel seither schon zu dicht bevölkert und bebaut worden ist. Die Bun-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/607>, abgerufen am 05.05.2024.