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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die australischen Gewässer.

Australien ist der wasserärmste Erdtheil, und deshalb ist nur
ein verhältnissmässig nicht grosser Theil des Bodens für den Ackerbau
geeignet; der Viehzucht dienen riesig ausgedehnte Weiden und die
Kenntniss von dem Umfange der Schätze des Mineralreiches erweitert
sich noch unausgesetzt. Dieses Land kann ein Wunderwerk der Coloni-
sation genannt werden. Was hier im Laufe von hundert Jahren geleistet
wurde, verdient unsere Bewunderung und verdient sie doppelt, wenn
man bedenkt, dass gerade durch das Deportationssystem der gesunden
Entwicklung ungeheure Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden sind.

Die verschiedenen australischen Colonien kamen erst in der
zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts in Aufschwung, und zwar durch
die grossen Goldfunde, welche Millionen Europäer in das ferne
Land zogen. Sie gewannen bald ein hohes Mass von Autonomie,
ja sie kamen endlich in einen nur sehr losen Verband zum
Mutterlande. In allerjüngster Zeit schlossen die einzelnen Colonien
unter sich eine Conföderation, welche zwischen denselben ein engeres
Verhältniss zur Sicherung und Förderung gemeinsamer Interessen her-
stellt. Diese australische Conföderation kann der kaum zu verhindernde
erste Schritt zur vollen Selbständigkeit werden, wenn anders die
Australier nicht kluger Weise einsehen, dass die fast nur formelle
Anerkennung der britischen Oberhoheit ihnen, ohne Lasten drückender
Art aufzuerlegen, doch alle jene Vortheile bietet, welche durch die
Macht des Mutterlandes gewährleistet werden können.

Wenn wir einen kurzen Blick auf die Entdeckungsgeschichte Australiens
werfen, so treffen wir auf die allererste Kunde von der Existenz dieses Continentes
im Jahre 1606, in welchem der Führer eines holländischen Schiffes (Duyfken)
das Cap York am Carpentaria-Golf sichtete, nachdem übrigens der Portugiese
Godinho de Eredia bereits 1601 die Nordküste besucht hatte. Wohl finden sich
schon früher, im XV. Jahrhunderte, Strecken der südlichen und östlichen
Küste auf portugiesischen Karten verzeichnet, welche heute im British Museum
auf bewahrt werden, aber man hat keine Kunde über die Veranlassung zu diesen Ein-
zeichnungen. In dem schon genannten Jahre 1606 befuhr auch der spanische Seefahrer
Torres die jetzt nach ihm benannte Strasse im Norden Australiens. 1636 wurden
von Holländern Theile der nördlichen und der westlichen Küste untersucht, und
1642 entdeckte Tasman die grosse Insel im Südosten des australischen Continentes,
welcher er den Namen Vandiemensland gab, die aber jetzt nach ihrem Entdecker
als Tasmania bezeichnet wird.

Der eigentliche Entdecker Australiens ist jedoch der ob seiner grossen
und kühnen Fahrten berühmte Capitän Cook. Derselbe hat 1770 zuerst die süd-
östliche Spitze des Continentes, Point Hicks, gesichtet und sodann die ganze öst-
liche Küste von hier bis zu dem vorher erwähnten Cap York eingehend besucht.
Im Jahre 1798 entdeckte Bass die seinen Namen führende Strasse zwischen Australien
und Tasmania und befuhr Flinders die ganze Südküste.


Die australischen Gewässer.

Australien ist der wasserärmste Erdtheil, und deshalb ist nur
ein verhältnissmässig nicht grosser Theil des Bodens für den Ackerbau
geeignet; der Viehzucht dienen riesig ausgedehnte Weiden und die
Kenntniss von dem Umfange der Schätze des Mineralreiches erweitert
sich noch unausgesetzt. Dieses Land kann ein Wunderwerk der Coloni-
sation genannt werden. Was hier im Laufe von hundert Jahren geleistet
wurde, verdient unsere Bewunderung und verdient sie doppelt, wenn
man bedenkt, dass gerade durch das Deportationssystem der gesunden
Entwicklung ungeheure Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden sind.

Die verschiedenen australischen Colonien kamen erst in der
zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts in Aufschwung, und zwar durch
die grossen Goldfunde, welche Millionen Europäer in das ferne
Land zogen. Sie gewannen bald ein hohes Mass von Autonomie,
ja sie kamen endlich in einen nur sehr losen Verband zum
Mutterlande. In allerjüngster Zeit schlossen die einzelnen Colonien
unter sich eine Conföderation, welche zwischen denselben ein engeres
Verhältniss zur Sicherung und Förderung gemeinsamer Interessen her-
stellt. Diese australische Conföderation kann der kaum zu verhindernde
erste Schritt zur vollen Selbständigkeit werden, wenn anders die
Australier nicht kluger Weise einsehen, dass die fast nur formelle
Anerkennung der britischen Oberhoheit ihnen, ohne Lasten drückender
Art aufzuerlegen, doch alle jene Vortheile bietet, welche durch die
Macht des Mutterlandes gewährleistet werden können.

Wenn wir einen kurzen Blick auf die Entdeckungsgeschichte Australiens
werfen, so treffen wir auf die allererste Kunde von der Existenz dieses Continentes
im Jahre 1606, in welchem der Führer eines holländischen Schiffes (Duyfken)
das Cap York am Carpentaria-Golf sichtete, nachdem übrigens der Portugiese
Godinho de Eredia bereits 1601 die Nordküste besucht hatte. Wohl finden sich
schon früher, im XV. Jahrhunderte, Strecken der südlichen und östlichen
Küste auf portugiesischen Karten verzeichnet, welche heute im British Museum
auf bewahrt werden, aber man hat keine Kunde über die Veranlassung zu diesen Ein-
zeichnungen. In dem schon genannten Jahre 1606 befuhr auch der spanische Seefahrer
Torres die jetzt nach ihm benannte Strasse im Norden Australiens. 1636 wurden
von Holländern Theile der nördlichen und der westlichen Küste untersucht, und
1642 entdeckte Tasman die grosse Insel im Südosten des australischen Continentes,
welcher er den Namen Vandiemensland gab, die aber jetzt nach ihrem Entdecker
als Tasmania bezeichnet wird.

Der eigentliche Entdecker Australiens ist jedoch der ob seiner grossen
und kühnen Fahrten berühmte Capitän Cook. Derselbe hat 1770 zuerst die süd-
östliche Spitze des Continentes, Point Hicks, gesichtet und sodann die ganze öst-
liche Küste von hier bis zu dem vorher erwähnten Cap York eingehend besucht.
Im Jahre 1798 entdeckte Bass die seinen Namen führende Strasse zwischen Australien
und Tasmania und befuhr Flinders die ganze Südküste.


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[750/0766] Die australischen Gewässer. Australien ist der wasserärmste Erdtheil, und deshalb ist nur ein verhältnissmässig nicht grosser Theil des Bodens für den Ackerbau geeignet; der Viehzucht dienen riesig ausgedehnte Weiden und die Kenntniss von dem Umfange der Schätze des Mineralreiches erweitert sich noch unausgesetzt. Dieses Land kann ein Wunderwerk der Coloni- sation genannt werden. Was hier im Laufe von hundert Jahren geleistet wurde, verdient unsere Bewunderung und verdient sie doppelt, wenn man bedenkt, dass gerade durch das Deportationssystem der gesunden Entwicklung ungeheure Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden sind. Die verschiedenen australischen Colonien kamen erst in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts in Aufschwung, und zwar durch die grossen Goldfunde, welche Millionen Europäer in das ferne Land zogen. Sie gewannen bald ein hohes Mass von Autonomie, ja sie kamen endlich in einen nur sehr losen Verband zum Mutterlande. In allerjüngster Zeit schlossen die einzelnen Colonien unter sich eine Conföderation, welche zwischen denselben ein engeres Verhältniss zur Sicherung und Förderung gemeinsamer Interessen her- stellt. Diese australische Conföderation kann der kaum zu verhindernde erste Schritt zur vollen Selbständigkeit werden, wenn anders die Australier nicht kluger Weise einsehen, dass die fast nur formelle Anerkennung der britischen Oberhoheit ihnen, ohne Lasten drückender Art aufzuerlegen, doch alle jene Vortheile bietet, welche durch die Macht des Mutterlandes gewährleistet werden können. Wenn wir einen kurzen Blick auf die Entdeckungsgeschichte Australiens werfen, so treffen wir auf die allererste Kunde von der Existenz dieses Continentes im Jahre 1606, in welchem der Führer eines holländischen Schiffes (Duyfken) das Cap York am Carpentaria-Golf sichtete, nachdem übrigens der Portugiese Godinho de Eredia bereits 1601 die Nordküste besucht hatte. Wohl finden sich schon früher, im XV. Jahrhunderte, Strecken der südlichen und östlichen Küste auf portugiesischen Karten verzeichnet, welche heute im British Museum auf bewahrt werden, aber man hat keine Kunde über die Veranlassung zu diesen Ein- zeichnungen. In dem schon genannten Jahre 1606 befuhr auch der spanische Seefahrer Torres die jetzt nach ihm benannte Strasse im Norden Australiens. 1636 wurden von Holländern Theile der nördlichen und der westlichen Küste untersucht, und 1642 entdeckte Tasman die grosse Insel im Südosten des australischen Continentes, welcher er den Namen Vandiemensland gab, die aber jetzt nach ihrem Entdecker als Tasmania bezeichnet wird. Der eigentliche Entdecker Australiens ist jedoch der ob seiner grossen und kühnen Fahrten berühmte Capitän Cook. Derselbe hat 1770 zuerst die süd- östliche Spitze des Continentes, Point Hicks, gesichtet und sodann die ganze öst- liche Küste von hier bis zu dem vorher erwähnten Cap York eingehend besucht. Im Jahre 1798 entdeckte Bass die seinen Namen führende Strasse zwischen Australien und Tasmania und befuhr Flinders die ganze Südküste.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 750. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/766>, abgerufen am 29.04.2024.