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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] herum, hänget den Unrath an sich, und fällt damit heraus.

Dieses kommt daher, daß dieser Stein alkalisch ist, wird dannenhero von dem Wasser in dem Auge, oder von der Feuchtigkeit, die sauer ist, durchtrungen, dünn und weich gemacht, deshalben wird er auch herum getrieben, bis daß er den Unrath findet; der hängt sich an ihn an, daß man sie mit einander heraus nehmen kan, oder, sie fallen von sich selbst, wegen ihres Gewichts, heraus, nachdem das sauere das seinige verrichtet hat.

Lapis schistus.

Lapis schistus, sive Lapis scissilis, ist ein Stein, der gar leichtlich sich zerreiben und auch schneiden läst, als der Talck, theilet sich in gerade und veste Theile, als wie der Salmiac, siehet im übrigen saffrangelbe, gleissend und gläntzend aus. Unterweilen wird auch schwartzer angetroffen, derselbe heist beym Plinius Anthracites. Wie er gemeldet hat, soll er in Africa wachsen: der beste aber ist, der saffrangelbe sieht, der sich in Spanien läst finden, in Böhmen, und an vielen andern Orten mehr.

Er dienet gar gut das Bluten zu verstellen, den Durchfall und den Samenfluß. Er wird ingleichen zu den Augenwassern gebrauchet, die Geschwüre der Augen zu reinigen und auszutrocknen.

Schistus kommt von skhizo, findo, ich zerspalte, weil dieser Stein sich leichtlich spalten läst.

Lapis serpentis.

Lapis serpentis, frantzösisch, Pierre de serpent, und auf teutsch, Schlangenstein, ist ein platter, gantz runder Stein, der so breit ist als wie ein Liard in Franckreich; iedoch bisweilen auch oval, dick in der Mitten und am Rande dünn, zart und von Farbe schwartz. Viel Historici mercken an, daß dieser Stein sich in dem Kopfe einer Schlangenart befinde, welche die Portugiesen Cobra de capelos, die Frantzosen aber Serpent au chaperon, zu nennen pflegen: im teutschen heisset sie die Brillenschlange: denn sie hat auf ihrem Kopfe gleichsam wie eine Haube oder Mütze: und auf derselbigen eine Figur wie eine Brille: sie hält sich auf der Küste von Melinde in America auf. Allein, die heutigen Scribenten wollen lieber glauben, daß dieser Stein ein Gemenge sey von allerhand wider den Gift dienlichen Materien; solches werde von den Indianern zubereitet, und daraus dergleichen Küchlein zugerichtet, wie wir zu sehen kriegen. Dem sey iedannoch wie ihm wolle, der Stein wird in gar vielen Landen hoch geacht.

Er dienet wider den Biß von giftigen Thieren, wird auf den Schaden gelegt, und soll, wie sie vorgeben, alles Gift, das darein mag gerathen seyn, heraus und an sich ziehen.

Doch ist noch zu mercken, wann dieser Stein soll seine rechte Wirckung sehen lassen, daß aus der Wunde einige Tropfen Blut fliessen müssen: im Fall nun selbe nach dem Bisse nicht geblutet, müsse der angebissene Ort, mit einer Lanzette oder andern Instrumente nur leicht geritzet werden, damit das Blut nachgehe; hernachmahls wird der Stein darauf gelegt, der hängt sich alsobald dran an, welches allen Vermuthen nach der Leim, den er vom Blute überkommen hat, zu wege bringen muß; weil auch der Stein alkalisch ist und absorbirend, so muß ihn freylich [Spaltenumbruch] die scharffe Säure des Gifts durchgehen und anhengen. Sie sagen auch, der über grosse Schmertzen, den der Patiente in der Wunde empfindet, der werde nach und nach gemindert, und höre endlich gäntzlich auf. Auf der Wunde wird er so lang gelassen, bis daß er von sich selbst abfällt. Dieses muß nun wol geschehen, wann das Geblüte trocken worden ist, und ferner keinen Leim mehr giebet, ingleichen, wann der Stein sich hat voll Säure in der Wunde gezogen, und ist schwer geworden. Sodann wird er mit Milch gewaschen, in die er, ihrer Sage nach, den Gift ablegen soll, darauf rein abgetrocknet, und wieder auf die Wunde aufgelegt, da hängt er sich nicht mehr so leichtlich, als wie zuvorhero an, vermuthlich, weil er nicht mehr so viel Leim gefunden, weil er nicht mehr so alkalisch ist, und auch nicht mehr soviel vom sauren findet, das ihn anhengen kan. Den Stein legen sie abermahls in Milch, wann er ist abgefallen, und verfahren dergestalt damit, bis daß er nicht mehr an der Wunde kleben bleibt: das halten sie alsdann für ein gewisses Zeichen, daß alles Gift heraus gezogen sey, und folglich auch der Patient genesen.

Dieses Steines übergrosse Kraft und gantz verwundersame Tugend, haben zwey unter den berühmtesten Physicis, der P. Kircher, und der Ritter Boyle ausgebreitet. Beyde versichern, daß sie die Proben mit ihren Augen angesehen: iedannoch wunderts mich, daß man ihn nicht auch bey dem Bisse eines tollen Hundes hat versuchet, um zu erfahren, ob es dann dabey gleichfalls so glücklich, als wie bey dem Bisse andrer giftiger Thiere abgegangen wäre.

Eben dieser Stein wird auch innerlich gebraucht: sie nehmen einen, der zerbröckelt ist, oder der noch nie zu solcher Arbeit hat gedienet, giessen Wasser drauf, und lassens eine Weile stehen, hernach nehmen sie dasselbe ein, das soll dem Gifte gleichfalls widerstehen.

Lapis specularis.

Lapis specularis.

Alumen scajolae.

Glacies Mariae.

frantzösisch, Pierre speculaire oder Miroir d'ane.

teutsch, Fraueneis, Jungfernglas.

Ist ein zarter Stein, auf Crystallenart, und auch schier also gläntzend, läst sich gantz leicht zerschneiden, und in Blättlein theilen, bey nahe wie der Talck, von Farbe weiß, wie Glas. In den Steinbrüchen um Paris herum, wie zu Montmartre und zu Paßie wird seiner viel gefunden. Er wird gebrannt und Gyps davon gemacht. Zuweilen krieget man auch schwartzen, oder röthlichten, ingleichen gelben zu Gesichte, iedoch sehr selten.

Das Fraueneis dienet das Bluten zu verstellen, und zu den Brüchen: wird aber anders nicht, als äusserlich gebraucht. Bisweilen brauchen es die Weibspersonen eine weisse Haut zu machen, dann es trocknet die Flechten und die Schwinden ab.

Lapis specularis, kommt von speculare, ein Fenster, oder von speculum, ein Spiegel, dieweil von diesem Stein durchsichtige Blätter gemachet, und dieselbigen wie Gläser in die kleinen Laternen, oder auch als wie die Spiegel gebrauchet werden können.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] herum, hänget den Unrath an sich, und fällt damit heraus.

Dieses kommt daher, daß dieser Stein alkalisch ist, wird dannenhero von dem Wasser in dem Auge, oder von der Feuchtigkeit, die sauer ist, durchtrungen, dünn und weich gemacht, deshalben wird er auch herum getrieben, bis daß er den Unrath findet; der hängt sich an ihn an, daß man sie mit einander heraus nehmen kan, oder, sie fallen von sich selbst, wegen ihres Gewichts, heraus, nachdem das sauere das seinige verrichtet hat.

Lapis schistus.

Lapis schistus, sive Lapis scissilis, ist ein Stein, der gar leichtlich sich zerreiben und auch schneiden läst, als der Talck, theilet sich in gerade und veste Theile, als wie der Salmiac, siehet im übrigen saffrangelbe, gleissend und gläntzend aus. Unterweilen wird auch schwartzer angetroffen, derselbe heist beym Plinius Anthracites. Wie er gemeldet hat, soll er in Africa wachsen: der beste aber ist, der saffrangelbe sieht, der sich in Spanien läst finden, in Böhmen, und an vielen andern Orten mehr.

Er dienet gar gut das Bluten zu verstellen, den Durchfall und den Samenfluß. Er wird ingleichen zu den Augenwassern gebrauchet, die Geschwüre der Augen zu reinigen und auszutrocknen.

Schistus kommt von σχίζω, findo, ich zerspalte, weil dieser Stein sich leichtlich spalten läst.

Lapis serpentis.

Lapis serpentis, frantzösisch, Pierre de serpent, und auf teutsch, Schlangenstein, ist ein platter, gantz runder Stein, der so breit ist als wie ein Liard in Franckreich; iedoch bisweilen auch oval, dick in der Mitten und am Rande dünn, zart und von Farbe schwartz. Viel Historici mercken an, daß dieser Stein sich in dem Kopfe einer Schlangenart befinde, welche die Portugiesen Cobra de capelos, die Frantzosen aber Serpent au chaperon, zu nennen pflegen: im teutschen heisset sie die Brillenschlange: denn sie hat auf ihrem Kopfe gleichsam wie eine Haube oder Mütze: und auf derselbigen eine Figur wie eine Brille: sie hält sich auf der Küste von Melinde in America auf. Allein, die heutigen Scribenten wollen lieber glauben, daß dieser Stein ein Gemenge sey von allerhand wider den Gift dienlichen Materien; solches werde von den Indianern zubereitet, und daraus dergleichen Küchlein zugerichtet, wie wir zu sehen kriegen. Dem sey iedannoch wie ihm wolle, der Stein wird in gar vielen Landen hoch geacht.

Er dienet wider den Biß von giftigen Thieren, wird auf den Schaden gelegt, und soll, wie sie vorgeben, alles Gift, das darein mag gerathen seyn, heraus und an sich ziehen.

Doch ist noch zu mercken, wann dieser Stein soll seine rechte Wirckung sehen lassen, daß aus der Wunde einige Tropfen Blut fliessen müssen: im Fall nun selbe nach dem Bisse nicht geblutet, müsse der angebissene Ort, mit einer Lanzette oder andern Instrumente nur leicht geritzet werden, damit das Blut nachgehe; hernachmahls wird der Stein darauf gelegt, der hängt sich alsobald dran an, welches allen Vermuthen nach der Leim, den er vom Blute überkommen hat, zu wege bringen muß; weil auch der Stein alkalisch ist und absorbirend, so muß ihn freylich [Spaltenumbruch] die scharffe Säure des Gifts durchgehen und anhengen. Sie sagen auch, der über grosse Schmertzen, den der Patiente in der Wunde empfindet, der werde nach und nach gemindert, und höre endlich gäntzlich auf. Auf der Wunde wird er so lang gelassen, bis daß er von sich selbst abfällt. Dieses muß nun wol geschehen, wann das Geblüte trocken worden ist, und ferner keinen Leim mehr giebet, ingleichen, wann der Stein sich hat voll Säure in der Wunde gezogen, und ist schwer geworden. Sodann wird er mit Milch gewaschen, in die er, ihrer Sage nach, den Gift ablegen soll, darauf rein abgetrocknet, und wieder auf die Wunde aufgelegt, da hängt er sich nicht mehr so leichtlich, als wie zuvorhero an, vermuthlich, weil er nicht mehr so viel Leim gefunden, weil er nicht mehr so alkalisch ist, und auch nicht mehr soviel vom sauren findet, das ihn anhengen kan. Den Stein legen sie abermahls in Milch, wann er ist abgefallen, und verfahren dergestalt damit, bis daß er nicht mehr an der Wunde kleben bleibt: das halten sie alsdann für ein gewisses Zeichen, daß alles Gift heraus gezogen sey, und folglich auch der Patient genesen.

Dieses Steines übergrosse Kraft und gantz verwundersame Tugend, haben zwey unter den berühmtesten Physicis, der P. Kircher, und der Ritter Boyle ausgebreitet. Beyde versichern, daß sie die Proben mit ihren Augen angesehen: iedannoch wunderts mich, daß man ihn nicht auch bey dem Bisse eines tollen Hundes hat versuchet, um zu erfahren, ob es dann dabey gleichfalls so glücklich, als wie bey dem Bisse andrer giftiger Thiere abgegangen wäre.

Eben dieser Stein wird auch innerlich gebraucht: sie nehmen einen, der zerbröckelt ist, oder der noch nie zu solcher Arbeit hat gedienet, giessen Wasser drauf, und lassens eine Weile stehen, hernach nehmen sie dasselbe ein, das soll dem Gifte gleichfalls widerstehen.

Lapis specularis.

Lapis specularis.

Alumen scajolæ.

Glacies Mariæ.

frantzösisch, Pierre speculaire oder Miroir d'ane.

teutsch, Fraueneis, Jungfernglas.

Ist ein zarter Stein, auf Crystallenart, und auch schier also gläntzend, läst sich gantz leicht zerschneiden, und in Blättlein theilen, bey nahe wie der Talck, von Farbe weiß, wie Glas. In den Steinbrüchen um Paris herum, wie zu Montmartre und zu Paßie wird seiner viel gefunden. Er wird gebrannt und Gyps davon gemacht. Zuweilen krieget man auch schwartzen, oder röthlichten, ingleichen gelben zu Gesichte, iedoch sehr selten.

Das Fraueneis dienet das Bluten zu verstellen, und zu den Brüchen: wird aber anders nicht, als äusserlich gebraucht. Bisweilen brauchen es die Weibspersonen eine weisse Haut zu machen, dann es trocknet die Flechten und die Schwinden ab.

Lapis specularis, kommt von speculare, ein Fenster, oder von speculum, ein Spiegel, dieweil von diesem Stein durchsichtige Blätter gemachet, und dieselbigen wie Gläser in die kleinen Laternen, oder auch als wie die Spiegel gebrauchet werden können.

[Ende Spaltensatz]
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Wie er gemeldet hat, soll er in Africa wachsen: der beste aber ist, der saffrangelbe sieht, der sich in Spanien läst finden, in Böhmen, und an vielen andern Orten mehr. Er dienet gar gut das Bluten zu verstellen, den Durchfall und den Samenfluß. Er wird ingleichen zu den Augenwassern gebrauchet, die Geschwüre der Augen zu reinigen und auszutrocknen. Schistus kommt von σχίζω, findo, ich zerspalte, weil dieser Stein sich leichtlich spalten läst. Lapis serpentis. Lapis serpentis, frantzösisch, Pierre de serpent, und auf teutsch, Schlangenstein, ist ein platter, gantz runder Stein, der so breit ist als wie ein Liard in Franckreich; iedoch bisweilen auch oval, dick in der Mitten und am Rande dünn, zart und von Farbe schwartz. 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Beyde versichern, daß sie die Proben mit ihren Augen angesehen: iedannoch wunderts mich, daß man ihn nicht auch bey dem Bisse eines tollen Hundes hat versuchet, um zu erfahren, ob es dann dabey gleichfalls so glücklich, als wie bey dem Bisse andrer giftiger Thiere abgegangen wäre. Eben dieser Stein wird auch innerlich gebraucht: sie nehmen einen, der zerbröckelt ist, oder der noch nie zu solcher Arbeit hat gedienet, giessen Wasser drauf, und lassens eine Weile stehen, hernach nehmen sie dasselbe ein, das soll dem Gifte gleichfalls widerstehen. Lapis specularis. Lapis specularis. Alumen scajolæ. Glacies Mariæ. frantzösisch, Pierre speculaire oder Miroir d'ane. teutsch, Fraueneis, Jungfernglas. Ist ein zarter Stein, auf Crystallenart, und auch schier also gläntzend, läst sich gantz leicht zerschneiden, und in Blättlein theilen, bey nahe wie der Talck, von Farbe weiß, wie Glas. In den Steinbrüchen um Paris herum, wie zu Montmartre und zu Paßie wird seiner viel gefunden. 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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/327>, abgerufen am 29.04.2024.