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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] in der Jacobs-Strasse, habe ich einen Floh gesehen, von mittelmäßiger Grösse, der war an ein klein silbern Stück geleget, und zog dasselbe fort. Das Stück war eines halben Nagels lang, wie eine Nehenadel dicke, und wuge dannoch achtzig mahl mehr als der Floh. Es lage auf zwey kleinen Rädern, und war just so gestalt als wie ein grosses Stück, das man im Kriege braucht. Bisweilen wurde es geladen und auch losgebrannt, ohne daß sich der Floh darüber entsetzet hätte. Seine Herrschaft bewahrte ihn in einem kleinen Büchslein, mit Sammet gefüttert, das führete sie in dem Sack bey sich. Sie erhielt ihn auch gar leichtlich, denn sie setzte ihn alle Tage eine halbe Viertelstunde auf den Arm, daraus saugete der Floh etliche Tropfen Blut, ohne daß sie dasselbe sehr empfunde. Der Winter nahm ihn weg, ob er gleich ziemlich warm gehalten wurde.

Mit den mercurialischen Salben, mit Schwefel, und mit andern solchen Dingen, damit man sonsten pflegt die Krätze zu vertreiben, werden auch die Flöhe vertrieben und getödtet.

Pulmo Marinus.

Pulmo marinus, frantzösisch, Poulmon marin, teutsch, Seelunge, ist ein leichtes, schwammiges Wesen, welches eine Gestalt hat, wie eine Lunge. Die Naturerforscher haben es unter die Zoophyta und Thiergewächse gerechnet, gleich als ob es dererselben einige gäbe. Das aber hat Anlaß gegeben zu glauben, die Seelunge sey belebet, dieweil man siehet, daß sie sich im Meer beweget, gleichwie ander Gewürme mehr.

Allein, es wird diese Bewegung nur von dem Wasser verursachet; welches, wann es in die Löchlein dieser schwammigen Materie getreten ist, mit aller Macht suchet wiederum heraus zu kommen, blähet dessentwegen die Theile nach und nach auf, dieweil es allerhand krumme Wege gehen muß, bevor es einen freyen Austritt kan erlangen. Eben dieses geschiehet bey den Schwämmen und vielen andern solchen Dingen mehr.

Die Seelunge schwimmet oben auf dem Wasser, und, wie man will vorgeben, soll sie Sturm und Unwetter zuvorher verkündigen. Ihre Farbe ist so gläntzend wie Crystall, mit blauen untermischt. Ihr Wesen ist dermassen brechlich, daß man sie mit genauer Noth gantz kan über das Wasser bringen. Sie scheinet wie ein dicker zusammen geronnener Schleim, und ist dem Ansehen nach, nichts als ein schleimiger Auswurff der See, der sich zusammen hat gehäuffet, und von der Sonnen harte ist gemachet worden, unter der Gestalt einer Lunge. Sie ist dannoch ein phosphorus, dann sie leuchtet bey der Nacht: und wann ein Stock damit bestrichen wird, so machet sie denselbigen helleuchtend; so erreget sie auch auf der Haut, wann man sie angegriffen hat, ein jucken und einen Seegeruch. Die Seelunge führet viel Oel bey sich, auch flüchtiges und fixes Saltz.

Sie ist ein depilatorium, das ist, wann sie auf eine rauhe Haut gerieben wird, so frisset sie das Haar hinweg. Sie wird gebrennet oder calciniret, und mit viel Wasser eine Lauge davon bereitet, die dienet, wann sie jemand trinckt, zum [Spaltenumbruch] Stein, erreget der Weiber Reinigung und treibet den Urin.

Pulmonaria.

Pulmonaria, frantzösisch, Pulmonaire, teutsch, Lungenkraut, ist ein Kraut, von dem es zwey Hauptsorten giebet, eine mit breiten, die andere mit schmalen Blättern.

Die erste wird genannt:

Pulmonaria maculosa, Ger. Raji Hist.

Pulmonaria latifolia maculosa, Phark.

Pulmonaria Italorum ad Buglossum accedens, J.B. Pit. Tournef.

Pulmonalis, Dod.

Symphytum maculosum, sive Pulmonaria latifolia, C. B.

Die wächst auf einen Schuh hoch. Sie treibt einen oder mehr Stengel, die sind eckigt und rauch, in etwas purperfarbig, der Buglossa ihren nicht unähnlich. Die Blätter sprossen eines theils aus ihrer Wurtzel, und liegen auf dem Boden herum ausgebreitet. Die andern umgeben den Stengel, und haben keinen Stiel. Alle diese Blätter sind länglicht, breit und spitzig, nach der Länge hindurch läuft eine Ader oder Nerve; sie sind mit weich und wolligem Haar besetzet, und oftermals mit weißlichten Flecken bezeichnet. Ihre Blüten sind kleine Röhrlein, die oben als wie kleine Becken ausgeschweifft, und in fünff Theile zerschnitten sind, sehen bald purperfarbig aus, bald veilgenbraun, und stehen in einem Kelche, der ein ander ausgezacktes Röhrlein ist. Dieser Blüten stehen viele bey einander auf kurtzen Stielen, oben auf den Stengeln. Wann die Blüte vergangen ist, so folgen ihr vier Samenkörner, die sind fast gäntzlich rund, und stecken in dem Kelche. Die Wurtzel ist so zaserig, als wie die Niesewurtz, allein, die Zasern sind mehr ausgebreitet, und unterweilen dicker, haben einen schleimmigen Geschmack.

Die andre wird genannt

Pulmonaria angustifolia caeruleo flore, J.B. Pit. Tournef.

Pulmonaria 2. aut 3. Clus. Ger. Raji Hist.

Symphytum maculosum, sive Pulmonaria angustifolia caerulea, C. B.

Die ist darinne von der ersten unterschieden, daß ihre Blätter schmal sind und schier der wilden Ochsenzunge ihren gleich, jedoch viel weicher, haarig und ohne Stiel. Ihre Blüten sind im Anfange purperfarbig und röthlicht; wann sie sich aber völlig aufgethan, so überkommen sie eine sehr schöne blaue Farbe. Ihre Wurtzel besteht aus dicken Fasen, welche anfangs weißlicht sind, werden sie aber alt, so werden sie schwartz, und schmecken süsse. Alle beyde wachsen in dem Holtze, in den Weinbergen und an dunckeln, verborgenen Orten.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] in der Jacobs-Strasse, habe ich einen Floh gesehen, von mittelmäßiger Grösse, der war an ein klein silbern Stück geleget, und zog dasselbe fort. Das Stück war eines halben Nagels lang, wie eine Nehenadel dicke, und wuge dannoch achtzig mahl mehr als der Floh. Es lage auf zwey kleinen Rädern, und war just so gestalt als wie ein grosses Stück, das man im Kriege braucht. Bisweilen wurde es geladen und auch losgebrannt, ohne daß sich der Floh darüber entsetzet hätte. Seine Herrschaft bewahrte ihn in einem kleinen Büchslein, mit Sammet gefüttert, das führete sie in dem Sack bey sich. Sie erhielt ihn auch gar leichtlich, denn sie setzte ihn alle Tage eine halbe Viertelstunde auf den Arm, daraus saugete der Floh etliche Tropfen Blut, ohne daß sie dasselbe sehr empfunde. Der Winter nahm ihn weg, ob er gleich ziemlich warm gehalten wurde.

Mit den mercurialischen Salben, mit Schwefel, und mit andern solchen Dingen, damit man sonsten pflegt die Krätze zu vertreiben, werden auch die Flöhe vertrieben und getödtet.

Pulmo Marinus.

Pulmo marinus, frantzösisch, Poulmon marin, teutsch, Seelunge, ist ein leichtes, schwammiges Wesen, welches eine Gestalt hat, wie eine Lunge. Die Naturerforscher haben es unter die Zoophyta und Thiergewächse gerechnet, gleich als ob es dererselben einige gäbe. Das aber hat Anlaß gegeben zu glauben, die Seelunge sey belebet, dieweil man siehet, daß sie sich im Meer beweget, gleichwie ander Gewürme mehr.

Allein, es wird diese Bewegung nur von dem Wasser verursachet; welches, wann es in die Löchlein dieser schwammigen Materie getreten ist, mit aller Macht suchet wiederum heraus zu kommen, blähet dessentwegen die Theile nach und nach auf, dieweil es allerhand krumme Wege gehen muß, bevor es einen freyen Austritt kan erlangen. Eben dieses geschiehet bey den Schwämmen und vielen andern solchen Dingen mehr.

Die Seelunge schwimmet oben auf dem Wasser, und, wie man will vorgeben, soll sie Sturm und Unwetter zuvorher verkündigen. Ihre Farbe ist so gläntzend wie Crystall, mit blauen untermischt. Ihr Wesen ist dermassen brechlich, daß man sie mit genauer Noth gantz kan über das Wasser bringen. Sie scheinet wie ein dicker zusammen geronnener Schleim, und ist dem Ansehen nach, nichts als ein schleimiger Auswurff der See, der sich zusammen hat gehäuffet, und von der Sonnen harte ist gemachet worden, unter der Gestalt einer Lunge. Sie ist dannoch ein phosphorus, dann sie leuchtet bey der Nacht: und wann ein Stock damit bestrichen wird, so machet sie denselbigen helleuchtend; so erreget sie auch auf der Haut, wann man sie angegriffen hat, ein jucken und einen Seegeruch. Die Seelunge führet viel Oel bey sich, auch flüchtiges und fixes Saltz.

Sie ist ein depilatorium, das ist, wann sie auf eine rauhe Haut gerieben wird, so frisset sie das Haar hinweg. Sie wird gebrennet oder calciniret, und mit viel Wasser eine Lauge davon bereitet, die dienet, wann sie jemand trinckt, zum [Spaltenumbruch] Stein, erreget der Weiber Reinigung und treibet den Urin.

Pulmonaria.

Pulmonaria, frantzösisch, Pulmonaire, teutsch, Lungenkraut, ist ein Kraut, von dem es zwey Hauptsorten giebet, eine mit breiten, die andere mit schmalen Blättern.

Die erste wird genannt:

Pulmonaria maculosa, Ger. Raji Hist.

Pulmonaria latifolia maculosa, Phark.

Pulmonaria Italorum ad Buglossum accedens, J.B. Pit. Tournef.

Pulmonalis, Dod.

Symphytum maculosum, sive Pulmonaria latifolia, C. B.

Die wächst auf einen Schuh hoch. Sie treibt einen oder mehr Stengel, die sind eckigt und rauch, in etwas purperfarbig, der Buglossa ihren nicht unähnlich. Die Blätter sprossen eines theils aus ihrer Wurtzel, und liegen auf dem Boden herum ausgebreitet. Die andern umgeben den Stengel, und haben keinen Stiel. Alle diese Blätter sind länglicht, breit und spitzig, nach der Länge hindurch läuft eine Ader oder Nerve; sie sind mit weich und wolligem Haar besetzet, uñ oftermals mit weißlichten Flecken bezeichnet. Ihre Blüten sind kleine Röhrlein, die oben als wie kleine Becken ausgeschweifft, und in fünff Theile zerschnitten sind, sehen bald purperfarbig aus, bald veilgenbraun, und stehen in einem Kelche, der ein ander ausgezacktes Röhrlein ist. Dieser Blüten stehen viele bey einander auf kurtzen Stielen, oben auf den Stengeln. Wann die Blüte vergangen ist, so folgen ihr vier Samenkörner, die sind fast gäntzlich rund, und stecken in dem Kelche. Die Wurtzel ist so zaserig, als wie die Niesewurtz, allein, die Zasern sind mehr ausgebreitet, und unterweilen dicker, haben einen schleimmigen Geschmack.

Die andre wird genannt

Pulmonaria angustifolia cæruleo flore, J.B. Pit. Tournef.

Pulmonaria 2. aut 3. Clus. Ger. Raji Hist.

Symphytum maculosum, sive Pulmonaria angustifolia cærulea, C. B.

Die ist darinne von der ersten unterschieden, daß ihre Blätter schmal sind und schier der wilden Ochsenzunge ihren gleich, jedoch viel weicher, haarig und ohne Stiel. Ihre Blüten sind im Anfange purperfarbig und röthlicht; wann sie sich aber völlig aufgethan, so überkommen sie eine sehr schöne blaue Farbe. Ihre Wurtzel besteht aus dicken Fasen, welche anfangs weißlicht sind, werden sie aber alt, so werden sie schwartz, und schmecken süsse. Alle beyde wachsen in dem Holtze, in den Weinbergen und an dunckeln, verborgenen Orten.

[Ende Spaltensatz]
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[0482] in der Jacobs-Strasse, habe ich einen Floh gesehen, von mittelmäßiger Grösse, der war an ein klein silbern Stück geleget, und zog dasselbe fort. Das Stück war eines halben Nagels lang, wie eine Nehenadel dicke, und wuge dannoch achtzig mahl mehr als der Floh. Es lage auf zwey kleinen Rädern, und war just so gestalt als wie ein grosses Stück, das man im Kriege braucht. Bisweilen wurde es geladen und auch losgebrannt, ohne daß sich der Floh darüber entsetzet hätte. Seine Herrschaft bewahrte ihn in einem kleinen Büchslein, mit Sammet gefüttert, das führete sie in dem Sack bey sich. Sie erhielt ihn auch gar leichtlich, denn sie setzte ihn alle Tage eine halbe Viertelstunde auf den Arm, daraus saugete der Floh etliche Tropfen Blut, ohne daß sie dasselbe sehr empfunde. Der Winter nahm ihn weg, ob er gleich ziemlich warm gehalten wurde. Mit den mercurialischen Salben, mit Schwefel, und mit andern solchen Dingen, damit man sonsten pflegt die Krätze zu vertreiben, werden auch die Flöhe vertrieben und getödtet. Pulmo Marinus. Pulmo marinus, frantzösisch, Poulmon marin, teutsch, Seelunge, ist ein leichtes, schwammiges Wesen, welches eine Gestalt hat, wie eine Lunge. Die Naturerforscher haben es unter die Zoophyta und Thiergewächse gerechnet, gleich als ob es dererselben einige gäbe. Das aber hat Anlaß gegeben zu glauben, die Seelunge sey belebet, dieweil man siehet, daß sie sich im Meer beweget, gleichwie ander Gewürme mehr. Allein, es wird diese Bewegung nur von dem Wasser verursachet; welches, wann es in die Löchlein dieser schwammigen Materie getreten ist, mit aller Macht suchet wiederum heraus zu kommen, blähet dessentwegen die Theile nach und nach auf, dieweil es allerhand krumme Wege gehen muß, bevor es einen freyen Austritt kan erlangen. 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Die andern umgeben den Stengel, und haben keinen Stiel. Alle diese Blätter sind länglicht, breit und spitzig, nach der Länge hindurch läuft eine Ader oder Nerve; sie sind mit weich und wolligem Haar besetzet, uñ oftermals mit weißlichten Flecken bezeichnet. Ihre Blüten sind kleine Röhrlein, die oben als wie kleine Becken ausgeschweifft, und in fünff Theile zerschnitten sind, sehen bald purperfarbig aus, bald veilgenbraun, und stehen in einem Kelche, der ein ander ausgezacktes Röhrlein ist. Dieser Blüten stehen viele bey einander auf kurtzen Stielen, oben auf den Stengeln. Wann die Blüte vergangen ist, so folgen ihr vier Samenkörner, die sind fast gäntzlich rund, und stecken in dem Kelche. Die Wurtzel ist so zaserig, als wie die Niesewurtz, allein, die Zasern sind mehr ausgebreitet, und unterweilen dicker, haben einen schleimmigen Geschmack. Die andre wird genannt Pulmonaria angustifolia cæruleo flore, J.B. Pit. Tournef. Pulmonaria 2. aut 3. Clus. Ger. Raji Hist. Symphytum maculosum, sive Pulmonaria angustifolia cærulea, C. B. Die ist darinne von der ersten unterschieden, daß ihre Blätter schmal sind und schier der wilden Ochsenzunge ihren gleich, jedoch viel weicher, haarig und ohne Stiel. Ihre Blüten sind im Anfange purperfarbig und röthlicht; wann sie sich aber völlig aufgethan, so überkommen sie eine sehr schöne blaue Farbe. Ihre Wurtzel besteht aus dicken Fasen, welche anfangs weißlicht sind, werden sie aber alt, so werden sie schwartz, und schmecken süsse. Alle beyde wachsen in dem Holtze, in den Weinbergen und an dunckeln, verborgenen Orten.

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/482>, abgerufen am 01.05.2024.