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[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769].

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doch sind, für Erweiterungen des einzeln Cha-
rakters, für Erhebungen des Persönlichen zum
Allgemeinen!

Hier ließe sich von dem Gebrauche der wah-
ren Namen in der Griechischen Komödie über-
haupt verschiednes sagen, was von den Gelehr-
ten so genau noch nicht aus einander gesetzt wor-
den, als es wohl verdiente. Es ließe sich an-
merken, daß dieser Gebrauch keinesweges in
der ältern Griechischen Komödie allgemein ge-
wesen, (*) daß sich nur der und jener Dichter
gelegentlich desselben erkühnet, (**) daß er

folg-
(*) Wenn, nach dem Aristoteles, das Schema
der Komödie von dem Margites des Homer,
ou' psogon, alla to geloion dramato-
poiesantos, genommen worden: so wird
man, allem Ansehen nach, auch gleich An-
fangs die erdichteten Namen mit eingeführt
haben. Denn Margites war wohl nicht der
wahre Name einer gewissen Person: indem
Margeites, wohl eher von marges gemacht
worden, als daß marges von Margeites
sollte entstanden seyn. Von verschiednen
Dichtern der alten Komödie finden wir es
auch ausdrücklich angemerkt, daß sie sich al-
ler Anzüglichkeiten enthalten, welches bey
wahren Namen nicht möglich gewesen wäre.
Z. E. von dem Pherekrates.
(**) Die persönliche und namentliche Satyre war
so wenig eine wesentliche Eigenschaft der al-
ten

doch ſind, für Erweiterungen des einzeln Cha-
rakters, für Erhebungen des Perſönlichen zum
Allgemeinen!

Hier ließe ſich von dem Gebrauche der wah-
ren Namen in der Griechiſchen Komödie über-
haupt verſchiednes ſagen, was von den Gelehr-
ten ſo genau noch nicht aus einander geſetzt wor-
den, als es wohl verdiente. Es ließe ſich an-
merken, daß dieſer Gebrauch keinesweges in
der ältern Griechiſchen Komödie allgemein ge-
weſen, (*) daß ſich nur der und jener Dichter
gelegentlich deſſelben erkühnet, (**) daß er

folg-
(*) Wenn, nach dem Ariſtoteles, das Schema
der Komödie von dem Margites des Homer,
ου᾽ ψογον, ἀλλα το γελοιον δϱαματο-
ποιησαντος, genommen worden: ſo wird
man, allem Anſehen nach, auch gleich An-
fangs die erdichteten Namen mit eingeführt
haben. Denn Margites war wohl nicht der
wahre Name einer gewiſſen Perſon: indem
Μαϱγειτης, wohl eher von μαϱγης gemacht
worden, als daß μαϱγης von Μαργειτης
ſollte entſtanden ſeyn. Von verſchiednen
Dichtern der alten Komödie finden wir es
auch ausdrücklich angemerkt, daß ſie ſich al-
ler Anzüglichkeiten enthalten, welches bey
wahren Namen nicht möglich geweſen wäre.
Z. E. von dem Pherekrates.
(**) Die perſönliche und namentliche Satyre war
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[306/0312] doch ſind, für Erweiterungen des einzeln Cha- rakters, für Erhebungen des Perſönlichen zum Allgemeinen! Hier ließe ſich von dem Gebrauche der wah- ren Namen in der Griechiſchen Komödie über- haupt verſchiednes ſagen, was von den Gelehr- ten ſo genau noch nicht aus einander geſetzt wor- den, als es wohl verdiente. Es ließe ſich an- merken, daß dieſer Gebrauch keinesweges in der ältern Griechiſchen Komödie allgemein ge- weſen, (*) daß ſich nur der und jener Dichter gelegentlich deſſelben erkühnet, (**) daß er folg- (*) Wenn, nach dem Ariſtoteles, das Schema der Komödie von dem Margites des Homer, ου᾽ ψογον, ἀλλα το γελοιον δϱαματο- ποιησαντος, genommen worden: ſo wird man, allem Anſehen nach, auch gleich An- fangs die erdichteten Namen mit eingeführt haben. Denn Margites war wohl nicht der wahre Name einer gewiſſen Perſon: indem Μαϱγειτης, wohl eher von μαϱγης gemacht worden, als daß μαϱγης von Μαργειτης ſollte entſtanden ſeyn. Von verſchiednen Dichtern der alten Komödie finden wir es auch ausdrücklich angemerkt, daß ſie ſich al- ler Anzüglichkeiten enthalten, welches bey wahren Namen nicht möglich geweſen wäre. Z. E. von dem Pherekrates. (**) Die perſönliche und namentliche Satyre war ſo wenig eine weſentliche Eigenſchaft der al- ten

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Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 2. Hamburg u. a., [1769], S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie02_1767/312>, abgerufen am 27.04.2024.