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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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lichkeit und ein ewiges Leben wie der einzige
Trost dagegen erscheinen mußte.

Den Eltern und Eduard blieb die vortheil-
hafte Veränderung in Jenny's Wesen nicht
verborgen, und wenn Eduard, was häufig ge-
schah, mit Reinhard über die Schwester sprach,
so verfehlte er nicht, es dankend anzuerkennen,
wie wohltuend Reinhard's Unterricht und na-
mentlich die religiöse Richtung, die er ihr gebe,
auf dieselbe wirke. Nur Joseph schien der Mei-
nung nicht zu sein. "Er wird eine schlechte
Christin aus ihr machen", äußerte er gelegent-
lich, verweigerte es aber, sich näher darüber zu
erklären, weil er ein Geheimniß nicht verrathen
wollte, das ihm seine sorgsam wachende Liebe
allein entdeckt hatte.

So war Jenny in das sechzehnte Jahr ge-
treten. Ihr Aeußeres hatte sich zu seltener
Schönheit entwickelt, ihre Liebe zu Reinhard
war von Tag zu Tag gewachsen, und es konnte

lichkeit und ein ewiges Leben wie der einzige
Troſt dagegen erſcheinen mußte.

Den Eltern und Eduard blieb die vortheil-
hafte Veränderung in Jenny's Weſen nicht
verborgen, und wenn Eduard, was häufig ge-
ſchah, mit Reinhard über die Schweſter ſprach,
ſo verfehlte er nicht, es dankend anzuerkennen,
wie wohltuend Reinhard's Unterricht und na-
mentlich die religiöſe Richtung, die er ihr gebe,
auf dieſelbe wirke. Nur Joſeph ſchien der Mei-
nung nicht zu ſein. „Er wird eine ſchlechte
Chriſtin aus ihr machen“, äußerte er gelegent-
lich, verweigerte es aber, ſich näher darüber zu
erklären, weil er ein Geheimniß nicht verrathen
wollte, das ihm ſeine ſorgſam wachende Liebe
allein entdeckt hatte.

So war Jenny in das ſechzehnte Jahr ge-
treten. Ihr Aeußeres hatte ſich zu ſeltener
Schönheit entwickelt, ihre Liebe zu Reinhard
war von Tag zu Tag gewachſen, und es konnte

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[71/0083] lichkeit und ein ewiges Leben wie der einzige Troſt dagegen erſcheinen mußte. Den Eltern und Eduard blieb die vortheil- hafte Veränderung in Jenny's Weſen nicht verborgen, und wenn Eduard, was häufig ge- ſchah, mit Reinhard über die Schweſter ſprach, ſo verfehlte er nicht, es dankend anzuerkennen, wie wohltuend Reinhard's Unterricht und na- mentlich die religiöſe Richtung, die er ihr gebe, auf dieſelbe wirke. Nur Joſeph ſchien der Mei- nung nicht zu ſein. „Er wird eine ſchlechte Chriſtin aus ihr machen“, äußerte er gelegent- lich, verweigerte es aber, ſich näher darüber zu erklären, weil er ein Geheimniß nicht verrathen wollte, das ihm ſeine ſorgſam wachende Liebe allein entdeckt hatte. So war Jenny in das ſechzehnte Jahr ge- treten. Ihr Aeußeres hatte ſich zu ſeltener Schönheit entwickelt, ihre Liebe zu Reinhard war von Tag zu Tag gewachſen, und es konnte

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/83>, abgerufen am 28.04.2024.