Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Photorin, Conrad [i. e. Georg Christoph Lichtenberg]: Timorus, das ist, Vertheidigung zweyer Israeliten, die durch die Kräftigkeit der Lavaterischen Beweisgründe und der Göttingischen Mettwürste bewogen den wahren Glauben angenommen haben. Berlin, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

heimlich seine ehmaligen Brüder lieben. Aber wie edel ist dieses nicht! Nicht einmal so viel würdigt er sie, daß er seinen Fingern Einhalt thut, welches wir alte Christen doch noch selbst gegen die Ungläubigen thun. Sollte man die That auch nicht billigen, so ist doch nicht zu läugnen, daß der Anlaß dazu etwas verräth, was man mit den Herrnhutern ein gesalbtes Wesen nennen möchte. Alles übrige, was man von ihm weiß, gereicht ihm zur höchsten Ehre, daß er das Hebräische tief studirt hat; daß er sich auf die Sterne versteht und im Stande ist, ein ehrliches Stück Brod mit Wahrsagen aus den Händen zu verdienen u. d. gl. Mir ist zwar nicht unbekannt, was die heutigen superklugen und namentlich die Professoren zu G.... gegen sein Hebräisch einwenden: Er verstünde kein Arabisch. Gut, er versteht auch keines, aber dafür ist er ein gebohrner Jude, und das sind wir nicht. Im Englischen läßt sich vieles durch das Plattdeutsche erklären, lernen deswegen die Engländer Plattdeutsch? Keinesweges. Und am Ende sagt mir, wessen Sprache ist das

heimlich seine ehmaligen Brüder lieben. Aber wie edel ist dieses nicht! Nicht einmal so viel würdigt er sie, daß er seinen Fingern Einhalt thut, welches wir alte Christen doch noch selbst gegen die Ungläubigen thun. Sollte man die That auch nicht billigen, so ist doch nicht zu läugnen, daß der Anlaß dazu etwas verräth, was man mit den Herrnhutern ein gesalbtes Wesen nennen möchte. Alles übrige, was man von ihm weiß, gereicht ihm zur höchsten Ehre, daß er das Hebräische tief studirt hat; daß er sich auf die Sterne versteht und im Stande ist, ein ehrliches Stück Brod mit Wahrsagen aus den Händen zu verdienen u. d. gl. Mir ist zwar nicht unbekannt, was die heutigen superklugen und namentlich die Professoren zu G.... gegen sein Hebräisch einwenden: Er verstünde kein Arabisch. Gut, er versteht auch keines, aber dafür ist er ein gebohrner Jude, und das sind wir nicht. Im Englischen läßt sich vieles durch das Plattdeutsche erklären, lernen deswegen die Engländer Plattdeutsch? Keinesweges. Und am Ende sagt mir, wessen Sprache ist das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039" n="39"/>
heimlich seine ehmaligen Brüder lieben. Aber wie edel ist dieses nicht! Nicht einmal so viel würdigt er sie, daß er seinen Fingern Einhalt thut, welches wir alte Christen doch noch selbst gegen die Ungläubigen thun. Sollte man die That auch nicht billigen, so ist doch nicht zu läugnen, daß der Anlaß dazu etwas verräth, was man mit den Herrnhutern <hi rendition="#fr">ein gesalbtes Wesen</hi> nennen möchte. Alles übrige, was man von ihm weiß, gereicht ihm zur höchsten Ehre, daß er das Hebräische tief studirt hat; daß er sich auf die Sterne versteht und im Stande ist, ein ehrliches Stück Brod mit Wahrsagen aus den Händen zu verdienen u. d. gl. Mir ist zwar nicht unbekannt, was die heutigen superklugen und namentlich die Professoren zu G.... gegen sein Hebräisch einwenden: Er verstünde kein Arabisch. Gut, er versteht auch keines, aber dafür ist er ein gebohrner Jude, und das sind wir nicht. Im Englischen läßt sich vieles durch das Plattdeutsche erklären, lernen deswegen die Engländer Plattdeutsch? Keinesweges. Und am Ende sagt mir, wessen Sprache ist das
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0039] heimlich seine ehmaligen Brüder lieben. Aber wie edel ist dieses nicht! Nicht einmal so viel würdigt er sie, daß er seinen Fingern Einhalt thut, welches wir alte Christen doch noch selbst gegen die Ungläubigen thun. Sollte man die That auch nicht billigen, so ist doch nicht zu läugnen, daß der Anlaß dazu etwas verräth, was man mit den Herrnhutern ein gesalbtes Wesen nennen möchte. Alles übrige, was man von ihm weiß, gereicht ihm zur höchsten Ehre, daß er das Hebräische tief studirt hat; daß er sich auf die Sterne versteht und im Stande ist, ein ehrliches Stück Brod mit Wahrsagen aus den Händen zu verdienen u. d. gl. Mir ist zwar nicht unbekannt, was die heutigen superklugen und namentlich die Professoren zu G.... gegen sein Hebräisch einwenden: Er verstünde kein Arabisch. Gut, er versteht auch keines, aber dafür ist er ein gebohrner Jude, und das sind wir nicht. Im Englischen läßt sich vieles durch das Plattdeutsche erklären, lernen deswegen die Engländer Plattdeutsch? Keinesweges. Und am Ende sagt mir, wessen Sprache ist das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-22T17:43:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-22T17:43:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-22T17:43:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lichtenberg_timorus_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lichtenberg_timorus_1773/39
Zitationshilfe: Photorin, Conrad [i. e. Georg Christoph Lichtenberg]: Timorus, das ist, Vertheidigung zweyer Israeliten, die durch die Kräftigkeit der Lavaterischen Beweisgründe und der Göttingischen Mettwürste bewogen den wahren Glauben angenommen haben. Berlin, 1773, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lichtenberg_timorus_1773/39>, abgerufen am 09.10.2024.