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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Cultur.
bindungen zeigt, und diese Verschiedenheit wird bemerkbar durch
einen höhern oder geringern Grad der Beschleunigung der
Action.

Chlor und Wasserstoff vereinigen sich beide zu Salzsäure,
im gewöhnlichen Tageslichte geht die Verbindung in einigen
Stunden, im Sonnenlichte augenblicklich mit einer gewaltsamen
Explosion vor sich, in völliger Dunkelheit beobachtet man nicht
die geringste Veränderung.

Das Oel des ölbildenden Gases liefert mit Chlor in Berüh-
rung im Sonnenlichte augenblicklich Chlorkohlenstoff, in gewöhn-
lichem Tageslichte kann der letztere ebenfalls mit derselben Leich-
tigkeit erhalten werden, es gehört dazu nur eine längere Zeit.
Während man bei diesem Versuche, wenn er im Sonnenlichte
angestellt wird, nur zwei Produkte bemerkt (Salzsäure und Chlor-
kohlenstoff), beobachtet man bei der Einwirkung im Tageslichte
eine Reihe von Zwischenstufen, von Verbindungen nemlich, de-
ren Chlorgehalt beständig zunimmt, bis zuletzt das ganze Oel
in zwei Produkte übergeht, die mit denen im Sonnenlichte
erhaltenen absolut identisch sind. Im dunkeln beobachtet man
auch hier nicht die geringste Zersetzung. Salpetersäure zerlegt
sich im gewöhnlichen Tageslichte in Sauerstoffgas und sal-
petrige Säure, Chlorsilber schwärzt sich im Tageslichte so gut
wie im Sonnenlichte, kurz alle Actionen ganz ähnlicher Art
nehmen im Tageslichte dieselbe Form an wie im Sonnenlichte,
nur in der Zeit, in der es geschieht, bemerkt man einen Un-
terschied. Bei den Pflanzen kann es nicht anders sein, die
Art ihrer Ernährung ist bei allen dieselbe, und ihre Bestand-
theile beweisen es, daß die Nahrungsstoffe absolut dieselbe Ver-
änderung erlitten haben.

Was wir also an Kohlensäure einer Pflanze auch zuführen
mögen, wenn ihre Quantität nicht mehr beträgt, als was von

Die Cultur.
bindungen zeigt, und dieſe Verſchiedenheit wird bemerkbar durch
einen höhern oder geringern Grad der Beſchleunigung der
Action.

Chlor und Waſſerſtoff vereinigen ſich beide zu Salzſäure,
im gewöhnlichen Tageslichte geht die Verbindung in einigen
Stunden, im Sonnenlichte augenblicklich mit einer gewaltſamen
Exploſion vor ſich, in völliger Dunkelheit beobachtet man nicht
die geringſte Veränderung.

Das Oel des ölbildenden Gaſes liefert mit Chlor in Berüh-
rung im Sonnenlichte augenblicklich Chlorkohlenſtoff, in gewöhn-
lichem Tageslichte kann der letztere ebenfalls mit derſelben Leich-
tigkeit erhalten werden, es gehört dazu nur eine längere Zeit.
Während man bei dieſem Verſuche, wenn er im Sonnenlichte
angeſtellt wird, nur zwei Produkte bemerkt (Salzſäure und Chlor-
kohlenſtoff), beobachtet man bei der Einwirkung im Tageslichte
eine Reihe von Zwiſchenſtufen, von Verbindungen nemlich, de-
ren Chlorgehalt beſtändig zunimmt, bis zuletzt das ganze Oel
in zwei Produkte übergeht, die mit denen im Sonnenlichte
erhaltenen abſolut identiſch ſind. Im dunkeln beobachtet man
auch hier nicht die geringſte Zerſetzung. Salpeterſäure zerlegt
ſich im gewöhnlichen Tageslichte in Sauerſtoffgas und ſal-
petrige Säure, Chlorſilber ſchwärzt ſich im Tageslichte ſo gut
wie im Sonnenlichte, kurz alle Actionen ganz ähnlicher Art
nehmen im Tageslichte dieſelbe Form an wie im Sonnenlichte,
nur in der Zeit, in der es geſchieht, bemerkt man einen Un-
terſchied. Bei den Pflanzen kann es nicht anders ſein, die
Art ihrer Ernährung iſt bei allen dieſelbe, und ihre Beſtand-
theile beweiſen es, daß die Nahrungsſtoffe abſolut dieſelbe Ver-
änderung erlitten haben.

Was wir alſo an Kohlenſäure einer Pflanze auch zuführen
mögen, wenn ihre Quantität nicht mehr beträgt, als was von

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[122/0140] Die Cultur. bindungen zeigt, und dieſe Verſchiedenheit wird bemerkbar durch einen höhern oder geringern Grad der Beſchleunigung der Action. Chlor und Waſſerſtoff vereinigen ſich beide zu Salzſäure, im gewöhnlichen Tageslichte geht die Verbindung in einigen Stunden, im Sonnenlichte augenblicklich mit einer gewaltſamen Exploſion vor ſich, in völliger Dunkelheit beobachtet man nicht die geringſte Veränderung. Das Oel des ölbildenden Gaſes liefert mit Chlor in Berüh- rung im Sonnenlichte augenblicklich Chlorkohlenſtoff, in gewöhn- lichem Tageslichte kann der letztere ebenfalls mit derſelben Leich- tigkeit erhalten werden, es gehört dazu nur eine längere Zeit. Während man bei dieſem Verſuche, wenn er im Sonnenlichte angeſtellt wird, nur zwei Produkte bemerkt (Salzſäure und Chlor- kohlenſtoff), beobachtet man bei der Einwirkung im Tageslichte eine Reihe von Zwiſchenſtufen, von Verbindungen nemlich, de- ren Chlorgehalt beſtändig zunimmt, bis zuletzt das ganze Oel in zwei Produkte übergeht, die mit denen im Sonnenlichte erhaltenen abſolut identiſch ſind. Im dunkeln beobachtet man auch hier nicht die geringſte Zerſetzung. Salpeterſäure zerlegt ſich im gewöhnlichen Tageslichte in Sauerſtoffgas und ſal- petrige Säure, Chlorſilber ſchwärzt ſich im Tageslichte ſo gut wie im Sonnenlichte, kurz alle Actionen ganz ähnlicher Art nehmen im Tageslichte dieſelbe Form an wie im Sonnenlichte, nur in der Zeit, in der es geſchieht, bemerkt man einen Un- terſchied. Bei den Pflanzen kann es nicht anders ſein, die Art ihrer Ernährung iſt bei allen dieſelbe, und ihre Beſtand- theile beweiſen es, daß die Nahrungsſtoffe abſolut dieſelbe Ver- änderung erlitten haben. Was wir alſo an Kohlenſäure einer Pflanze auch zuführen mögen, wenn ihre Quantität nicht mehr beträgt, als was von

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/140>, abgerufen am 27.04.2024.