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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Gift, Contagien, Miasmen.
letzung gewisser Organe der Tod herbeigeführt werden kann;
sie lassen sich im engern Sinne nicht als Gifte betrachten, da
ihre giftige Wirkung von ihrem Zustande abhängig ist.

Die Wirkung der eigentlichen anorganischen Gifte beruht
in den meisten Fällen auf der Bildung einer chemischen Ver-
bindung des Giftes mit den Bestandtheilen der Organe, sie
beruht auf einer chemischen Verwandtschaftsäußerung, welche
stärker ist, wie die Lebensthätigkeit.

Betrachten wir, um zu einer klaren Anschauung zu gelan-
gen, die Wirkung von anorganischen Substanzen überhaupt,
so finden wir, daß eine gewisse Klasse von löslichen Verbin-
dungen, verschiedenen Theilen des Körpers dargeboten, in das
Blut aufgenommen werden, aus welchem sie wieder durch die
Secretionsorgane, verändert oder unverändert abgeschieden werden.

Jodkalium, Schwefelcyankalium, Blutlaugensalz,
Salpeter, chlorsaures Kali, kieselsaures Kali
und
im Allgemeinen Salze mit alkalischer Basis, welche Menschen
und Thieren in verdünnnten Lösungen innerlich oder äußerlich
gegeben werden, lassen sich im Blute, Schweiße, im Chylus,
in der Galle, in den Milzvenen unverändert nachweisen, ohne
Ausnahme werden sie zuletzt durch die Harnwege aus dem
Körper wieder entfernt.

Diese Materien bringen, jedes für sich, eine besondere Art
von Störung in dem Organismus hervor, sie üben eine me-
dicinische Wirkung aus, allein sie haben in ihrem Wege durch
den Organismus keine Zersetzung erlitten, und wenn sie die
Fähigkeit hatten, eine Verbindung in irgend einem Theile des
Körpers einzugehen, so war diese nicht fester Art, denn ihr
Wiedererscheinen in dem Harne setzt voraus, daß diese Verbin-
dung durch die Lebensthätigkeit wieder aufgehoben werden
konnte.

Gift, Contagien, Miasmen.
letzung gewiſſer Organe der Tod herbeigeführt werden kann;
ſie laſſen ſich im engern Sinne nicht als Gifte betrachten, da
ihre giftige Wirkung von ihrem Zuſtande abhängig iſt.

Die Wirkung der eigentlichen anorganiſchen Gifte beruht
in den meiſten Fällen auf der Bildung einer chemiſchen Ver-
bindung des Giftes mit den Beſtandtheilen der Organe, ſie
beruht auf einer chemiſchen Verwandtſchaftsäußerung, welche
ſtärker iſt, wie die Lebensthätigkeit.

Betrachten wir, um zu einer klaren Anſchauung zu gelan-
gen, die Wirkung von anorganiſchen Subſtanzen überhaupt,
ſo finden wir, daß eine gewiſſe Klaſſe von löslichen Verbin-
dungen, verſchiedenen Theilen des Körpers dargeboten, in das
Blut aufgenommen werden, aus welchem ſie wieder durch die
Secretionsorgane, verändert oder unverändert abgeſchieden werden.

Jodkalium, Schwefelcyankalium, Blutlaugenſalz,
Salpeter, chlorſaures Kali, kieſelſaures Kali
und
im Allgemeinen Salze mit alkaliſcher Baſis, welche Menſchen
und Thieren in verdünnnten Löſungen innerlich oder äußerlich
gegeben werden, laſſen ſich im Blute, Schweiße, im Chylus,
in der Galle, in den Milzvenen unverändert nachweiſen, ohne
Ausnahme werden ſie zuletzt durch die Harnwege aus dem
Körper wieder entfernt.

Dieſe Materien bringen, jedes für ſich, eine beſondere Art
von Störung in dem Organismus hervor, ſie üben eine me-
diciniſche Wirkung aus, allein ſie haben in ihrem Wege durch
den Organismus keine Zerſetzung erlitten, und wenn ſie die
Fähigkeit hatten, eine Verbindung in irgend einem Theile des
Körpers einzugehen, ſo war dieſe nicht feſter Art, denn ihr
Wiedererſcheinen in dem Harne ſetzt voraus, daß dieſe Verbin-
dung durch die Lebensthätigkeit wieder aufgehoben werden
konnte.

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[300/0318] Gift, Contagien, Miasmen. letzung gewiſſer Organe der Tod herbeigeführt werden kann; ſie laſſen ſich im engern Sinne nicht als Gifte betrachten, da ihre giftige Wirkung von ihrem Zuſtande abhängig iſt. Die Wirkung der eigentlichen anorganiſchen Gifte beruht in den meiſten Fällen auf der Bildung einer chemiſchen Ver- bindung des Giftes mit den Beſtandtheilen der Organe, ſie beruht auf einer chemiſchen Verwandtſchaftsäußerung, welche ſtärker iſt, wie die Lebensthätigkeit. Betrachten wir, um zu einer klaren Anſchauung zu gelan- gen, die Wirkung von anorganiſchen Subſtanzen überhaupt, ſo finden wir, daß eine gewiſſe Klaſſe von löslichen Verbin- dungen, verſchiedenen Theilen des Körpers dargeboten, in das Blut aufgenommen werden, aus welchem ſie wieder durch die Secretionsorgane, verändert oder unverändert abgeſchieden werden. Jodkalium, Schwefelcyankalium, Blutlaugenſalz, Salpeter, chlorſaures Kali, kieſelſaures Kali und im Allgemeinen Salze mit alkaliſcher Baſis, welche Menſchen und Thieren in verdünnnten Löſungen innerlich oder äußerlich gegeben werden, laſſen ſich im Blute, Schweiße, im Chylus, in der Galle, in den Milzvenen unverändert nachweiſen, ohne Ausnahme werden ſie zuletzt durch die Harnwege aus dem Körper wieder entfernt. Dieſe Materien bringen, jedes für ſich, eine beſondere Art von Störung in dem Organismus hervor, ſie üben eine me- diciniſche Wirkung aus, allein ſie haben in ihrem Wege durch den Organismus keine Zerſetzung erlitten, und wenn ſie die Fähigkeit hatten, eine Verbindung in irgend einem Theile des Körpers einzugehen, ſo war dieſe nicht feſter Art, denn ihr Wiedererſcheinen in dem Harne ſetzt voraus, daß dieſe Verbin- dung durch die Lebensthätigkeit wieder aufgehoben werden konnte.

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/318>, abgerufen am 26.04.2024.