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Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

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Ein solcher Drachen stellt sich mit geblähten Flügeln
fast horizontal nach Fig. 65, und die haltende Schnur steht
unter dem Drachen fast senkrecht.

Man kann aber noch mehr erreichen, wenn man die Flü-
gel solcher Drachen in fester Form ausführt, so dass man auf
die Wölbung der Flächen durch den Wind nicht angewiesen
ist. Man muss dann nach der Querrichtung der Flügel ge-
krümmte leichte Rippen einfügen, durch welche die Bespannung
zur richtigen Wölbung gezwungen wird.

Einen solchen Drachenapparat Fig. 66 hatten wir durch
zwei Schnüre a und b so befestigt, dass wir die Drachen-
neigung in der Luft beliebig ändern konnten, je nachdem wir

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 66.
Schnur a oder Schnur b anzogen. Brachte man nun durch
Anziehen von a den Apparat in horizontale Lage, so schwebte
derselbe ohne zu sinken vorwärts gegen den Wind. Es war
aber nicht möglich, dieses Schweben dauernd zu unterhalten;
denn durch das Vorwärtsschweben wurden die haltenden
Schnüre schlaff, wie auch in Fig. 66 angedeutet, und die ge-
ringste Windänderung störte die Gleichgewichtslage. Nur
einmal konnten wir, bei zufällig längerer Periode gleichmässigen
Windes, ein längeres freies Schweben gegen den Wind beob-
achten. Der Vorgang dabei war folgender:

Wir hatten den Drachenkörper wiederholt zum freien
Schweben gebracht, bis er aus der Gleichgewichtslage kam
und vom Wind zurückgedrängt wurde. Während eines dieser
Versuche dauerte das Schweben gegen den Wind jedoch länger
an, so dass wir uns veranlasst sahen, die Schnüre loszulassen.

Ein solcher Drachen stellt sich mit geblähten Flügeln
fast horizontal nach Fig. 65, und die haltende Schnur steht
unter dem Drachen fast senkrecht.

Man kann aber noch mehr erreichen, wenn man die Flü-
gel solcher Drachen in fester Form ausführt, so daſs man auf
die Wölbung der Flächen durch den Wind nicht angewiesen
ist. Man muſs dann nach der Querrichtung der Flügel ge-
krümmte leichte Rippen einfügen, durch welche die Bespannung
zur richtigen Wölbung gezwungen wird.

Einen solchen Drachenapparat Fig. 66 hatten wir durch
zwei Schnüre a und b so befestigt, daſs wir die Drachen-
neigung in der Luft beliebig ändern konnten, je nachdem wir

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 66.
Schnur a oder Schnur b anzogen. Brachte man nun durch
Anziehen von a den Apparat in horizontale Lage, so schwebte
derselbe ohne zu sinken vorwärts gegen den Wind. Es war
aber nicht möglich, dieses Schweben dauernd zu unterhalten;
denn durch das Vorwärtsschweben wurden die haltenden
Schnüre schlaff, wie auch in Fig. 66 angedeutet, und die ge-
ringste Windänderung störte die Gleichgewichtslage. Nur
einmal konnten wir, bei zufällig längerer Periode gleichmäſsigen
Windes, ein längeres freies Schweben gegen den Wind beob-
achten. Der Vorgang dabei war folgender:

Wir hatten den Drachenkörper wiederholt zum freien
Schweben gebracht, bis er aus der Gleichgewichtslage kam
und vom Wind zurückgedrängt wurde. Während eines dieser
Versuche dauerte das Schweben gegen den Wind jedoch länger
an, so daſs wir uns veranlaſst sahen, die Schnüre loszulassen.

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[135/0151] Ein solcher Drachen stellt sich mit geblähten Flügeln fast horizontal nach Fig. 65, und die haltende Schnur steht unter dem Drachen fast senkrecht. Man kann aber noch mehr erreichen, wenn man die Flü- gel solcher Drachen in fester Form ausführt, so daſs man auf die Wölbung der Flächen durch den Wind nicht angewiesen ist. Man muſs dann nach der Querrichtung der Flügel ge- krümmte leichte Rippen einfügen, durch welche die Bespannung zur richtigen Wölbung gezwungen wird. Einen solchen Drachenapparat Fig. 66 hatten wir durch zwei Schnüre a und b so befestigt, daſs wir die Drachen- neigung in der Luft beliebig ändern konnten, je nachdem wir [Abbildung] [Abbildung Fig. 66.] Schnur a oder Schnur b anzogen. Brachte man nun durch Anziehen von a den Apparat in horizontale Lage, so schwebte derselbe ohne zu sinken vorwärts gegen den Wind. Es war aber nicht möglich, dieses Schweben dauernd zu unterhalten; denn durch das Vorwärtsschweben wurden die haltenden Schnüre schlaff, wie auch in Fig. 66 angedeutet, und die ge- ringste Windänderung störte die Gleichgewichtslage. Nur einmal konnten wir, bei zufällig längerer Periode gleichmäſsigen Windes, ein längeres freies Schweben gegen den Wind beob- achten. Der Vorgang dabei war folgender: Wir hatten den Drachenkörper wiederholt zum freien Schweben gebracht, bis er aus der Gleichgewichtslage kam und vom Wind zurückgedrängt wurde. Während eines dieser Versuche dauerte das Schweben gegen den Wind jedoch länger an, so daſs wir uns veranlaſst sahen, die Schnüre loszulassen.

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Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/151>, abgerufen am 26.04.2024.