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Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

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sprechend vergrössert, müssen uns auf Formen und Dimensionen
solcher Apparate führen, deren sich der Mensch beim freien
Fluge zu bedienen hätte.

Wir betrachten es nun nicht als unsere Aufgabe, durch
sensationelle Bilder Eindrücke hervorzurufen, sondern über-
lassen es der Phantasie jedes Einzelnen, sich auszumalen, wie
der Mensch unter Innehaltung der hier entwickelten Principien
fliegend in der Luft sich ausnehmen würde. Statt dessen
wollen wir aber kurz noch einmal die Gesichtspunkte zu-
sammenstellen, nach denen die Konstruktion der Flugapparate
zu erfolgen hätte, wenn die in diesem Werke veröffentlichten
Versuchsresultate berücksichtigt werden, und die demzufolge
entwickelten Ansichten richtige sind.

Es würden sich dann folgende Sätze ergeben:

1. Die Konstruktion brauchbarer Flugvorrichtungen ist
nicht unter allen Umständen abhängig von der Beschaffung
starker und leichter Motore.

2. Der Flug auf der Stelle bei ruhender Luft kann vom
Menschen durch eigene Kraft nicht bewirkt werden, derselbe
erfordert unter den allergünstigsten Verhältnissen mindestens
1,5 HP.

3. Bei Wind von mittlerer Stärke genügt die physische
Kraft des Menschen, um einen geeigneten Flugapparat wir-
kungsvoll in Bewegung zu setzen.

4. Bei Wind von über 10 m Geschwindigkeit ist der an-
strengungslose Segelflug mittelst geeigneter Trageflächen vom
Menschen ausführbar.

5. Ein Flugapparat, der mit möglichster Arbeitsersparnis
wirken soll, hat sich in Form und Verhältnissen genau den
Flügeln der gutfliegenden grösseren Vögel anzuschliessen.

6. Als Flügelgrösse ist pro Kilogramm Gesamtgewicht
1/10-- 1/8 qm Flugfläche zu wählen.

7. Tragfähige Apparate, hergestellt aus Weidenruten mit
Stoffbespannung, bei 10 qm Tragefläche lassen sich bei einem
Gewicht von cirka 15 kg anfertigen.

sprechend vergröſsert, müssen uns auf Formen und Dimensionen
solcher Apparate führen, deren sich der Mensch beim freien
Fluge zu bedienen hätte.

Wir betrachten es nun nicht als unsere Aufgabe, durch
sensationelle Bilder Eindrücke hervorzurufen, sondern über-
lassen es der Phantasie jedes Einzelnen, sich auszumalen, wie
der Mensch unter Innehaltung der hier entwickelten Principien
fliegend in der Luft sich ausnehmen würde. Statt dessen
wollen wir aber kurz noch einmal die Gesichtspunkte zu-
sammenstellen, nach denen die Konstruktion der Flugapparate
zu erfolgen hätte, wenn die in diesem Werke veröffentlichten
Versuchsresultate berücksichtigt werden, und die demzufolge
entwickelten Ansichten richtige sind.

Es würden sich dann folgende Sätze ergeben:

1. Die Konstruktion brauchbarer Flugvorrichtungen ist
nicht unter allen Umständen abhängig von der Beschaffung
starker und leichter Motore.

2. Der Flug auf der Stelle bei ruhender Luft kann vom
Menschen durch eigene Kraft nicht bewirkt werden, derselbe
erfordert unter den allergünstigsten Verhältnissen mindestens
1,5 HP.

3. Bei Wind von mittlerer Stärke genügt die physische
Kraft des Menschen, um einen geeigneten Flugapparat wir-
kungsvoll in Bewegung zu setzen.

4. Bei Wind von über 10 m Geschwindigkeit ist der an-
strengungslose Segelflug mittelst geeigneter Trageflächen vom
Menschen ausführbar.

5. Ein Flugapparat, der mit möglichster Arbeitsersparnis
wirken soll, hat sich in Form und Verhältnissen genau den
Flügeln der gutfliegenden gröſseren Vögel anzuschlieſsen.

6. Als Flügelgröſse ist pro Kilogramm Gesamtgewicht
1/10—⅛ qm Flugfläche zu wählen.

7. Tragfähige Apparate, hergestellt aus Weidenruten mit
Stoffbespannung, bei 10 qm Tragefläche lassen sich bei einem
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[178/0194] sprechend vergröſsert, müssen uns auf Formen und Dimensionen solcher Apparate führen, deren sich der Mensch beim freien Fluge zu bedienen hätte. Wir betrachten es nun nicht als unsere Aufgabe, durch sensationelle Bilder Eindrücke hervorzurufen, sondern über- lassen es der Phantasie jedes Einzelnen, sich auszumalen, wie der Mensch unter Innehaltung der hier entwickelten Principien fliegend in der Luft sich ausnehmen würde. Statt dessen wollen wir aber kurz noch einmal die Gesichtspunkte zu- sammenstellen, nach denen die Konstruktion der Flugapparate zu erfolgen hätte, wenn die in diesem Werke veröffentlichten Versuchsresultate berücksichtigt werden, und die demzufolge entwickelten Ansichten richtige sind. Es würden sich dann folgende Sätze ergeben: 1. Die Konstruktion brauchbarer Flugvorrichtungen ist nicht unter allen Umständen abhängig von der Beschaffung starker und leichter Motore. 2. Der Flug auf der Stelle bei ruhender Luft kann vom Menschen durch eigene Kraft nicht bewirkt werden, derselbe erfordert unter den allergünstigsten Verhältnissen mindestens 1,5 HP. 3. Bei Wind von mittlerer Stärke genügt die physische Kraft des Menschen, um einen geeigneten Flugapparat wir- kungsvoll in Bewegung zu setzen. 4. Bei Wind von über 10 m Geschwindigkeit ist der an- strengungslose Segelflug mittelst geeigneter Trageflächen vom Menschen ausführbar. 5. Ein Flugapparat, der mit möglichster Arbeitsersparnis wirken soll, hat sich in Form und Verhältnissen genau den Flügeln der gutfliegenden gröſseren Vögel anzuschlieſsen. 6. Als Flügelgröſse ist pro Kilogramm Gesamtgewicht 1/10—⅛ qm Flugfläche zu wählen. 7. Tragfähige Apparate, hergestellt aus Weidenruten mit Stoffbespannung, bei 10 qm Tragefläche lassen sich bei einem Gewicht von cirka 15 kg anfertigen.

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Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/194>, abgerufen am 26.04.2024.