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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
nen zu lernen, muß uns nothwendig ein unaussprechli-
ches Vergnüge geben, weil es eine Sache ist, die wir so
lange vergebens gewünschet haben. Allein das zorni-
ge Gesicht, die funckelnden, und gar nicht huldrei-
chen Augen,
samt den übrigen, von nichts, als Ra-
che, Grimm, Eyfer, Wut und Verzweifelung zeu-
genden Geberden, mit welchen Ew. Hoch-Edelgeb.
in unsere Versammlung treten, setzen uns in die grös-
seste Verwirrung.

Wir wissen uns nicht darin zu finden, daß Ew.
Hoch-Edelgeb. so böse thun, da wir doch Dieselbe so
wenig beleidiget haben, daß wir vielmehr uns rühmen
können, eben diejenigen zu seyn, die vor Ew. Hoch-
Edelgeb. die grösseste Hochachtung hegen. Die Pro-
ben, so wir davon gegeben haben, liegen vor jedermans
Augen, und sind so deutlich, daß es uns vermuthlich
niemand zum Hochmuth deuten wird, wenn wir sa-
gen, daß wir von Ew. Hoch-Edelgeb. eine grössere
Erkenntlichkeit vermuthet hätten. Eine höfliche
Dancksagung war das wenigste, das wir hoften.
Aber so müssen wir, zu unserer nicht geringen Be-
fremdung, erfahren, daß wir uns in unserer Hofnung
betrogen haben.

Ew. Hoch-Edelgeb. Eintritt in unsere Versamm-
lung siehet einem feindlichen Einbruch nicht ungleich.

"Iratus, Germane, venis . . . . . . . (1)
Sie schnauben mit Dreuen und Morden, und er-
regen dadurch in unseren Hertzen so mancherley
Bewegungen des Schreckens, Schmertzens,
Furcht, Bangigkeit und Wehklagens,
(2) daß

Leute,
(1) Statius Thebaid Lib. II.
(2) S. die sechs deutschen Reden des Hn. Prof. Philippi p. 21.

(o)
nen zu lernen, muß uns nothwendig ein unausſpꝛechli-
ches Vergnuͤgē geben, weil es eine Sache iſt, die wir ſo
lange vergebens gewuͤnſchet haben. Allein das zorni-
ge Geſicht, die funckelnden, und gar nicht huldrei-
chen Augen,
ſamt den uͤbrigen, von nichts, als Ra-
che, Grimm, Eyfer, Wut und Verzweifelung zeu-
genden Geberden, mit welchen Ew. Hoch-Edelgeb.
in unſere Verſammlung treten, ſetzen uns in die groͤſ-
ſeſte Verwirrung.

Wir wiſſen uns nicht darin zu finden, daß Ew.
Hoch-Edelgeb. ſo boͤſe thun, da wir doch Dieſelbe ſo
wenig beleidiget haben, daß wir vielmehr uns ruͤhmen
koͤnnen, eben diejenigen zu ſeyn, die vor Ew. Hoch-
Edelgeb. die groͤſſeſte Hochachtung hegen. Die Pro-
ben, ſo wir davon gegeben haben, liegen vor jedermans
Augen, und ſind ſo deutlich, daß es uns vermuthlich
niemand zum Hochmuth deuten wird, wenn wir ſa-
gen, daß wir von Ew. Hoch-Edelgeb. eine groͤſſere
Erkenntlichkeit vermuthet haͤtten. Eine hoͤfliche
Danckſagung war das wenigſte, das wir hoften.
Aber ſo muͤſſen wir, zu unſerer nicht geringen Be-
fremdung, erfahren, daß wir uns in unſerer Hofnung
betrogen haben.

Ew. Hoch-Edelgeb. Eintritt in unſere Verſamm-
lung ſiehet einem feindlichen Einbruch nicht ungleich.

“Iratus, Germane, venis . . . . . . . (1)
Sie ſchnauben mit Dreuen und Morden, und er-
regen dadurch in unſeren Hertzen ſo mancherley
Bewegungen des Schreckens, Schmertzens,
Furcht, Bangigkeit und Wehklagens,
(2) daß

Leute,
(1) Statius Thebaid Lib. II.
(2) S. die ſechs deutſchen Reden des Hn. Prof. Philippi p. 21.
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[354/0446] (o) nen zu lernen, muß uns nothwendig ein unausſpꝛechli- ches Vergnuͤgē geben, weil es eine Sache iſt, die wir ſo lange vergebens gewuͤnſchet haben. Allein das zorni- ge Geſicht, die funckelnden, und gar nicht huldrei- chen Augen, ſamt den uͤbrigen, von nichts, als Ra- che, Grimm, Eyfer, Wut und Verzweifelung zeu- genden Geberden, mit welchen Ew. Hoch-Edelgeb. in unſere Verſammlung treten, ſetzen uns in die groͤſ- ſeſte Verwirrung. Wir wiſſen uns nicht darin zu finden, daß Ew. Hoch-Edelgeb. ſo boͤſe thun, da wir doch Dieſelbe ſo wenig beleidiget haben, daß wir vielmehr uns ruͤhmen koͤnnen, eben diejenigen zu ſeyn, die vor Ew. Hoch- Edelgeb. die groͤſſeſte Hochachtung hegen. Die Pro- ben, ſo wir davon gegeben haben, liegen vor jedermans Augen, und ſind ſo deutlich, daß es uns vermuthlich niemand zum Hochmuth deuten wird, wenn wir ſa- gen, daß wir von Ew. Hoch-Edelgeb. eine groͤſſere Erkenntlichkeit vermuthet haͤtten. Eine hoͤfliche Danckſagung war das wenigſte, das wir hoften. Aber ſo muͤſſen wir, zu unſerer nicht geringen Be- fremdung, erfahren, daß wir uns in unſerer Hofnung betrogen haben. Ew. Hoch-Edelgeb. Eintritt in unſere Verſamm- lung ſiehet einem feindlichen Einbruch nicht ungleich. “Iratus, Germane, venis . . . . . . . (1) Sie ſchnauben mit Dreuen und Morden, und er- regen dadurch in unſeren Hertzen ſo mancherley Bewegungen des Schreckens, Schmertzens, Furcht, Bangigkeit und Wehklagens, (2) daß Leute, (1) Statius Thebaid Lib. II. (2) S. die ſechs deutſchen Reden des Hn. Prof. Philippi p. 21.

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/446>, abgerufen am 26.04.2024.