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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Viertes Buch. III. Delikte geg. den Gang der Staatsverw.
1. wenn es sich um eigentlichen Meineid oder um einen
gleichgestellten Fall handelt (oben II A 1 und 2 mit
Zuchthaus bis zu 5 Jahren;
2. wenn dagegen eine falsche Versicherung an Eides-
statt (oben II A 3) in Frage steht, mit Gefängnis bis
zu einem Jahre.

IV. Die Verleitung zur falschen Aussage (Vorsatz
vorhanden beim Verleitenden, fehlend beim Schwörenden) ist
in der Reichsgesetzgebung, mit Durchbrechung der allgemeinen
Regeln über fingierte Thäterschaft (vgl. oben §. 36 I) eben-
falls zum selbständigen Delikte gemacht (StGB. §. 160),
und damit ein theoretisch wie praktisch gleich verkehrtes
Privilegium zu Gunsten der Herbeiführung einer falschen
Aussage geschaffen worden.

Strafe:

1. bei Verleitung zum Falscheid (oben II A 1 und 2)
Gefängnis bis zu 2 Jahren mit fakultativem Verlust
der bürgerlichen Ehrenrechte;
2. bei Verleitung zur falschen Versicherung an Eidesstatt
(oben II A 3) Gefängnis bis zu 6 Monaten.

Der Versuch ist strafbar.

V. Strafmilderungs- und Strafaufhebungs-
gründe
.

1. Bei vorsätzlicher falscher Aussage des Zeugen oder
Sachverständigen (oben II A 1 b, 2 und 3) ist die an sich
verwirkte Strafe auf die Hälfte bis ein Viertel zu ermäßigen
(StGB. §. 157), wobei Zuchthaus unter einem Jahre in
Gefängnis umgerechnet werden muß (vgl. oben §. 55 I 2;
§. 46 II 3), wenn

a) die Angabe der Wahrheit gegen den Aussagenden eine
Viertes Buch. III. Delikte geg. den Gang der Staatsverw.
1. wenn es ſich um eigentlichen Meineid oder um einen
gleichgeſtellten Fall handelt (oben II A 1 und 2 mit
Zuchthaus bis zu 5 Jahren;
2. wenn dagegen eine falſche Verſicherung an Eides-
ſtatt (oben II A 3) in Frage ſteht, mit Gefängnis bis
zu einem Jahre.

IV. Die Verleitung zur falſchen Ausſage (Vorſatz
vorhanden beim Verleitenden, fehlend beim Schwörenden) iſt
in der Reichsgeſetzgebung, mit Durchbrechung der allgemeinen
Regeln über fingierte Thäterſchaft (vgl. oben §. 36 I) eben-
falls zum ſelbſtändigen Delikte gemacht (StGB. §. 160),
und damit ein theoretiſch wie praktiſch gleich verkehrtes
Privilegium zu Gunſten der Herbeiführung einer falſchen
Ausſage geſchaffen worden.

Strafe:

1. bei Verleitung zum Falſcheid (oben II A 1 und 2)
Gefängnis bis zu 2 Jahren mit fakultativem Verluſt
der bürgerlichen Ehrenrechte;
2. bei Verleitung zur falſchen Verſicherung an Eidesſtatt
(oben II A 3) Gefängnis bis zu 6 Monaten.

Der Verſuch iſt ſtrafbar.

V. Strafmilderungs- und Strafaufhebungs-
gründe
.

1. Bei vorſätzlicher falſcher Ausſage des Zeugen oder
Sachverſtändigen (oben II A 1 b, 2 und 3) iſt die an ſich
verwirkte Strafe auf die Hälfte bis ein Viertel zu ermäßigen
(StGB. §. 157), wobei Zuchthaus unter einem Jahre in
Gefängnis umgerechnet werden muß (vgl. oben §. 55 I 2;
§. 46 II 3), wenn

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[424/0450] Viertes Buch. III. Delikte geg. den Gang der Staatsverw. 1. wenn es ſich um eigentlichen Meineid oder um einen gleichgeſtellten Fall handelt (oben II A 1 und 2 mit Zuchthaus bis zu 5 Jahren; 2. wenn dagegen eine falſche Verſicherung an Eides- ſtatt (oben II A 3) in Frage ſteht, mit Gefängnis bis zu einem Jahre. IV. Die Verleitung zur falſchen Ausſage (Vorſatz vorhanden beim Verleitenden, fehlend beim Schwörenden) iſt in der Reichsgeſetzgebung, mit Durchbrechung der allgemeinen Regeln über fingierte Thäterſchaft (vgl. oben §. 36 I) eben- falls zum ſelbſtändigen Delikte gemacht (StGB. §. 160), und damit ein theoretiſch wie praktiſch gleich verkehrtes Privilegium zu Gunſten der Herbeiführung einer falſchen Ausſage geſchaffen worden. Strafe: 1. bei Verleitung zum Falſcheid (oben II A 1 und 2) Gefängnis bis zu 2 Jahren mit fakultativem Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte; 2. bei Verleitung zur falſchen Verſicherung an Eidesſtatt (oben II A 3) Gefängnis bis zu 6 Monaten. Der Verſuch iſt ſtrafbar. V. Strafmilderungs- und Strafaufhebungs- gründe. 1. Bei vorſätzlicher falſcher Ausſage des Zeugen oder Sachverſtändigen (oben II A 1 b, 2 und 3) iſt die an ſich verwirkte Strafe auf die Hälfte bis ein Viertel zu ermäßigen (StGB. §. 157), wobei Zuchthaus unter einem Jahre in Gefängnis umgerechnet werden muß (vgl. oben §. 55 I 2; §. 46 II 3), wenn a) die Angabe der Wahrheit gegen den Ausſagenden eine

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/450>, abgerufen am 30.04.2024.