III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.
Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass durch die Artikel XC--XCIV der Brüsseler Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890 (R. G. Bl. 1892 S. 605) der Handel mit Spirituosen innerhalb einer genau abgegrenzten Zone wesentlichen Beschränkungen unterworfen ist.
Artikel XC erwähnt als Grund dieser Bestimmung die gerechte Besorgnis wegen der moralischen und materiellen Folgen, welche der Missbrauch der Spirituosen bei den eingeborenen Völkerschaften mit sich bringt. Zunächst wird durch Artikel XCI die Einfuhr wie auch die Fabrikation dieser Getränke in denjenigen Teilen der Zone gänzlich verboten, in welchen erweislich, sei es aus religiösen oder andern Gründen, keine Spirituosen konsumiert werden oder deren Genuss sich nicht eingebürgert hat. In den übrigen Teilen der Zone soll der Verkehr mit Spirituosen durch einen im Vertrag be- stimmten Einfuhrzoll sowie durch eine diesem entsprechende Fabrika- tionssteuer eingedämmt werden (Artikel XCII und XCIII). Die Mächte, deren Besitzungen an die bezeichnete Zone angrenzen, ver- pflichten sich, die erforderlichen Massregeln zu treffen, um zu ver- hindern, dass Spirituosen über ihre inländischen Grenzen in das Ge- biet der Zone eingeführt werden (Artikel XCIV).
4. Noch deutlicher ist das Bestreben, die Eingeborenen der europäischen "Schutzgebiete" vor dem Untergang zu schützen, in der Kongoakte von 1885 zum Ausdruck gebracht.
Artikel 6 Absatz 1 verfügt: "Alle Mächte, welche in den ge- dachten Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluss ausüben, verpflichten sich, die Erhaltung der eingeborenen Bevölke- rung und die Verbesserung ihrer sittlichen und mate- riellen Lebenslage zu überwachen (und an der Unterdrückung der Sklaverei und insbesondere des Negerhandels mitzuwirken); sie werden ohne Unterschied der Nationalität oder des Kultus alle religiösen, wissenschaftlichen und wohlthätigen Einrichtungen und Unternehmungen schützen und begünstigen, welche zu jenem Zweck geschaffen und organisiert sind, oder dahin zielen, die Eingeborenen zu unterrichten und ihnen die Vorteile der Civilisation verständlich und wert zu machen."
III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.
Es ist ferner darauf hinzuweisen, daſs durch die Artikel XC—XCIV der Brüsseler Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890 (R. G. Bl. 1892 S. 605) der Handel mit Spirituosen innerhalb einer genau abgegrenzten Zone wesentlichen Beschränkungen unterworfen ist.
Artikel XC erwähnt als Grund dieser Bestimmung die gerechte Besorgnis wegen der moralischen und materiellen Folgen, welche der Miſsbrauch der Spirituosen bei den eingeborenen Völkerschaften mit sich bringt. Zunächst wird durch Artikel XCI die Einfuhr wie auch die Fabrikation dieser Getränke in denjenigen Teilen der Zone gänzlich verboten, in welchen erweislich, sei es aus religiösen oder andern Gründen, keine Spirituosen konsumiert werden oder deren Genuſs sich nicht eingebürgert hat. In den übrigen Teilen der Zone soll der Verkehr mit Spirituosen durch einen im Vertrag be- stimmten Einfuhrzoll sowie durch eine diesem entsprechende Fabrika- tionssteuer eingedämmt werden (Artikel XCII und XCIII). Die Mächte, deren Besitzungen an die bezeichnete Zone angrenzen, ver- pflichten sich, die erforderlichen Maſsregeln zu treffen, um zu ver- hindern, daſs Spirituosen über ihre inländischen Grenzen in das Ge- biet der Zone eingeführt werden (Artikel XCIV).
4. Noch deutlicher ist das Bestreben, die Eingeborenen der europäischen „Schutzgebiete“ vor dem Untergang zu schützen, in der Kongoakte von 1885 zum Ausdruck gebracht.
Artikel 6 Absatz 1 verfügt: „Alle Mächte, welche in den ge- dachten Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluſs ausüben, verpflichten sich, die Erhaltung der eingeborenen Bevölke- rung und die Verbesserung ihrer sittlichen und mate- riellen Lebenslage zu überwachen (und an der Unterdrückung der Sklaverei und insbesondere des Negerhandels mitzuwirken); sie werden ohne Unterschied der Nationalität oder des Kultus alle religiösen, wissenschaftlichen und wohlthätigen Einrichtungen und Unternehmungen schützen und begünstigen, welche zu jenem Zweck geschaffen und organisiert sind, oder dahin zielen, die Eingeborenen zu unterrichten und ihnen die Vorteile der Civilisation verständlich und wert zu machen.“
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III. Buch. Die friedl. Regelung u. Verwaltung gemeins. Interessen.
Es ist ferner darauf hinzuweisen, daſs durch die Artikel XC—XCIV
der Brüsseler Antisklavereiakte vom 2. Juli 1890 (R. G. Bl. 1892 S. 605)
der Handel mit Spirituosen innerhalb einer genau abgegrenzten Zone
wesentlichen Beschränkungen unterworfen ist.
Artikel XC erwähnt als Grund dieser Bestimmung die gerechte
Besorgnis wegen der moralischen und materiellen Folgen, welche
der Miſsbrauch der Spirituosen bei den eingeborenen Völkerschaften
mit sich bringt. Zunächst wird durch Artikel XCI die Einfuhr wie
auch die Fabrikation dieser Getränke in denjenigen Teilen der
Zone gänzlich verboten, in welchen erweislich, sei es aus religiösen
oder andern Gründen, keine Spirituosen konsumiert werden oder
deren Genuſs sich nicht eingebürgert hat. In den übrigen Teilen der
Zone soll der Verkehr mit Spirituosen durch einen im Vertrag be-
stimmten Einfuhrzoll sowie durch eine diesem entsprechende Fabrika-
tionssteuer eingedämmt werden (Artikel XCII und XCIII). Die
Mächte, deren Besitzungen an die bezeichnete Zone angrenzen, ver-
pflichten sich, die erforderlichen Maſsregeln zu treffen, um zu ver-
hindern, daſs Spirituosen über ihre inländischen Grenzen in das Ge-
biet der Zone eingeführt werden (Artikel XCIV).
4. Noch deutlicher ist das Bestreben, die Eingeborenen der
europäischen „Schutzgebiete“ vor dem Untergang zu schützen, in der
Kongoakte von 1885 zum Ausdruck gebracht.
Artikel 6 Absatz 1 verfügt: „Alle Mächte, welche in den ge-
dachten Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluſs ausüben,
verpflichten sich, die Erhaltung der eingeborenen Bevölke-
rung und die Verbesserung ihrer sittlichen und mate-
riellen Lebenslage zu überwachen (und an der Unterdrückung
der Sklaverei und insbesondere des Negerhandels mitzuwirken);
sie werden ohne Unterschied der Nationalität oder des Kultus alle
religiösen, wissenschaftlichen und wohlthätigen Einrichtungen und
Unternehmungen schützen und begünstigen, welche zu jenem Zweck
geschaffen und organisiert sind, oder dahin zielen, die Eingeborenen
zu unterrichten und ihnen die Vorteile der Civilisation verständlich
und wert zu machen.“
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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/210>, abgerufen am 03.12.2023.
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