Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Jupiter.
über die kurzen Nächte und die noch kürzeren Bälle von nicht
einmal fünf Stunden klagen, da sie schon zur Vorbereitung dazu
mehr als doppelt so viel Zeit gebrauchen? Desto zufriedener werden
im Gegentheile die Astronomen dieses Planeten seyn, wenn es
anders noch daselbst auch Leute gibt, die es der Mühe werth
achten, zuweilen wenigstens einen Blick auf den gestirnten Himmel
zu richten. Die Sonne zwar erscheint ihnen viel kleiner, im
Durchmesser über 5, und in der Fläche 27 mal kleiner, als uns,
daher auch die Beleuchtung, die Jupiter von der Sonne erhält,
27 mal schwächer ist, als die unserer Erde, und sogar 180 mal
geringer, als die Beleuchtung, deren sich Merkur, der nächste
Planet an der Sonne, erfreut. Aber eben diese Düsterkeit ihrer
Tage wird den Astronomen Gelegenheit geben, die übrigen größern
Gestirne, auch ohne Fernröhre, selbst um die Zeit ihres Mittags
zu sehen. Wenn sie überdieß ihre Zeitrechnungen, so wie wir, in
letzter Instanz auf die Länge ihrer Tage beziehen, welche viel
genauere Zeitbestimmung werden sie dann haben, da ihre Tage
nur zehn unserer Stunden dauern. In diesen zehn Stunden
schwingen sich alle Gestirne des Himmels mit einer Schnelligkeit
herum, die es ihnen ungemein leicht machen muß, den Ort der-
selben für jeden Augenblick mit der größten Schärfe zu bestimmen.
Da die Körper in ihrem freien Falle auf der Oberfläche dieses
Planeten, wie wir gesehen haben, in der ersten Secunde durch
38 Fuß fallen, oder da die Schwere auf der Oberfläche dieses
Planeten bald dreimal größer ist, als auf der Erde, so würde
unser Secundenpendel von drei Fuß dort in einer Secunde schon
zwei Schwingungen vollenden, und ein Pendel, welcher auf Jupiter
seine Schwingungen in einer unser Secunden machen soll, müßte
eine Länge von acht Fuß haben. Diese schnelle Rotation um ihre
Axe wird daher den Astronomen Jupiters ein Mittel geben, ihre
Zeit mit der größten Schärfe zu bestimmen, und dieß ist bekannt-
lich eines der wichtigsten Elemente aller practischen Astronomie.
Die vielen Finsternisse, welche ihnen ihre vier Monde bereiten,
und die beinahe täglich vorfallen, werden ihnen nicht nur den
Anblick des gestirnten Himmels verschönern, sondern die vielen
künstlich in einander verschlungenen Bewegungen dieser Monde

Jupiter.
über die kurzen Nächte und die noch kürzeren Bälle von nicht
einmal fünf Stunden klagen, da ſie ſchon zur Vorbereitung dazu
mehr als doppelt ſo viel Zeit gebrauchen? Deſto zufriedener werden
im Gegentheile die Aſtronomen dieſes Planeten ſeyn, wenn es
anders noch daſelbſt auch Leute gibt, die es der Mühe werth
achten, zuweilen wenigſtens einen Blick auf den geſtirnten Himmel
zu richten. Die Sonne zwar erſcheint ihnen viel kleiner, im
Durchmeſſer über 5, und in der Fläche 27 mal kleiner, als uns,
daher auch die Beleuchtung, die Jupiter von der Sonne erhält,
27 mal ſchwächer iſt, als die unſerer Erde, und ſogar 180 mal
geringer, als die Beleuchtung, deren ſich Merkur, der nächſte
Planet an der Sonne, erfreut. Aber eben dieſe Düſterkeit ihrer
Tage wird den Aſtronomen Gelegenheit geben, die übrigen größern
Geſtirne, auch ohne Fernröhre, ſelbſt um die Zeit ihres Mittags
zu ſehen. Wenn ſie überdieß ihre Zeitrechnungen, ſo wie wir, in
letzter Inſtanz auf die Länge ihrer Tage beziehen, welche viel
genauere Zeitbeſtimmung werden ſie dann haben, da ihre Tage
nur zehn unſerer Stunden dauern. In dieſen zehn Stunden
ſchwingen ſich alle Geſtirne des Himmels mit einer Schnelligkeit
herum, die es ihnen ungemein leicht machen muß, den Ort der-
ſelben für jeden Augenblick mit der größten Schärfe zu beſtimmen.
Da die Körper in ihrem freien Falle auf der Oberfläche dieſes
Planeten, wie wir geſehen haben, in der erſten Secunde durch
38 Fuß fallen, oder da die Schwere auf der Oberfläche dieſes
Planeten bald dreimal größer iſt, als auf der Erde, ſo würde
unſer Secundenpendel von drei Fuß dort in einer Secunde ſchon
zwei Schwingungen vollenden, und ein Pendel, welcher auf Jupiter
ſeine Schwingungen in einer unſer Secunden machen ſoll, müßte
eine Länge von acht Fuß haben. Dieſe ſchnelle Rotation um ihre
Axe wird daher den Aſtronomen Jupiters ein Mittel geben, ihre
Zeit mit der größten Schärfe zu beſtimmen, und dieß iſt bekannt-
lich eines der wichtigſten Elemente aller practiſchen Aſtronomie.
Die vielen Finſterniſſe, welche ihnen ihre vier Monde bereiten,
und die beinahe täglich vorfallen, werden ihnen nicht nur den
Anblick des geſtirnten Himmels verſchönern, ſondern die vielen
künſtlich in einander verſchlungenen Bewegungen dieſer Monde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0144" n="134"/><fw place="top" type="header">Jupiter.</fw><lb/>
über die kurzen Nächte und die noch kürzeren Bälle von nicht<lb/>
einmal fünf Stunden klagen, da &#x017F;ie &#x017F;chon zur Vorbereitung dazu<lb/>
mehr als doppelt &#x017F;o viel Zeit gebrauchen? De&#x017F;to zufriedener werden<lb/>
im Gegentheile die A&#x017F;tronomen die&#x017F;es Planeten &#x017F;eyn, wenn es<lb/>
anders noch da&#x017F;elb&#x017F;t auch Leute gibt, die es der Mühe werth<lb/>
achten, zuweilen wenig&#x017F;tens einen Blick auf den ge&#x017F;tirnten Himmel<lb/>
zu richten. Die Sonne zwar er&#x017F;cheint ihnen viel kleiner, im<lb/>
Durchme&#x017F;&#x017F;er über 5, und in der Fläche 27 mal kleiner, als uns,<lb/>
daher auch die Beleuchtung, die Jupiter von der Sonne erhält,<lb/>
27 mal &#x017F;chwächer i&#x017F;t, als die un&#x017F;erer Erde, und &#x017F;ogar 180 mal<lb/>
geringer, als die Beleuchtung, deren &#x017F;ich Merkur, der näch&#x017F;te<lb/>
Planet an der Sonne, erfreut. Aber eben die&#x017F;e Dü&#x017F;terkeit ihrer<lb/>
Tage wird den A&#x017F;tronomen Gelegenheit geben, die übrigen größern<lb/>
Ge&#x017F;tirne, auch ohne Fernröhre, &#x017F;elb&#x017F;t um die Zeit ihres Mittags<lb/>
zu &#x017F;ehen. Wenn &#x017F;ie überdieß ihre Zeitrechnungen, &#x017F;o wie wir, in<lb/>
letzter In&#x017F;tanz auf die Länge ihrer Tage beziehen, welche viel<lb/>
genauere Zeitbe&#x017F;timmung werden &#x017F;ie dann haben, da ihre Tage<lb/>
nur zehn un&#x017F;erer Stunden dauern. In die&#x017F;en zehn Stunden<lb/>
&#x017F;chwingen &#x017F;ich alle Ge&#x017F;tirne des Himmels mit einer Schnelligkeit<lb/>
herum, die es ihnen ungemein leicht machen muß, den Ort der-<lb/>
&#x017F;elben für jeden Augenblick mit der größten Schärfe zu be&#x017F;timmen.<lb/>
Da die Körper in ihrem freien Falle auf der Oberfläche die&#x017F;es<lb/>
Planeten, wie wir ge&#x017F;ehen haben, in der er&#x017F;ten Secunde durch<lb/>
38 Fuß fallen, oder da die Schwere auf der Oberfläche die&#x017F;es<lb/>
Planeten bald dreimal größer i&#x017F;t, als auf der Erde, &#x017F;o würde<lb/>
un&#x017F;er Secundenpendel von drei Fuß dort in einer Secunde &#x017F;chon<lb/>
zwei Schwingungen vollenden, und ein Pendel, welcher auf Jupiter<lb/>
&#x017F;eine Schwingungen in einer un&#x017F;er Secunden machen &#x017F;oll, müßte<lb/>
eine Länge von acht Fuß haben. Die&#x017F;e &#x017F;chnelle Rotation um ihre<lb/>
Axe wird daher den A&#x017F;tronomen Jupiters ein Mittel geben, ihre<lb/>
Zeit mit der größten Schärfe zu be&#x017F;timmen, und dieß i&#x017F;t bekannt-<lb/>
lich eines der wichtig&#x017F;ten Elemente aller practi&#x017F;chen A&#x017F;tronomie.<lb/>
Die vielen Fin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;e, welche ihnen ihre vier Monde bereiten,<lb/>
und die beinahe täglich vorfallen, werden ihnen nicht nur den<lb/>
Anblick des ge&#x017F;tirnten Himmels ver&#x017F;chönern, &#x017F;ondern die vielen<lb/>
kün&#x017F;tlich in einander ver&#x017F;chlungenen Bewegungen die&#x017F;er Monde<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0144] Jupiter. über die kurzen Nächte und die noch kürzeren Bälle von nicht einmal fünf Stunden klagen, da ſie ſchon zur Vorbereitung dazu mehr als doppelt ſo viel Zeit gebrauchen? Deſto zufriedener werden im Gegentheile die Aſtronomen dieſes Planeten ſeyn, wenn es anders noch daſelbſt auch Leute gibt, die es der Mühe werth achten, zuweilen wenigſtens einen Blick auf den geſtirnten Himmel zu richten. Die Sonne zwar erſcheint ihnen viel kleiner, im Durchmeſſer über 5, und in der Fläche 27 mal kleiner, als uns, daher auch die Beleuchtung, die Jupiter von der Sonne erhält, 27 mal ſchwächer iſt, als die unſerer Erde, und ſogar 180 mal geringer, als die Beleuchtung, deren ſich Merkur, der nächſte Planet an der Sonne, erfreut. Aber eben dieſe Düſterkeit ihrer Tage wird den Aſtronomen Gelegenheit geben, die übrigen größern Geſtirne, auch ohne Fernröhre, ſelbſt um die Zeit ihres Mittags zu ſehen. Wenn ſie überdieß ihre Zeitrechnungen, ſo wie wir, in letzter Inſtanz auf die Länge ihrer Tage beziehen, welche viel genauere Zeitbeſtimmung werden ſie dann haben, da ihre Tage nur zehn unſerer Stunden dauern. In dieſen zehn Stunden ſchwingen ſich alle Geſtirne des Himmels mit einer Schnelligkeit herum, die es ihnen ungemein leicht machen muß, den Ort der- ſelben für jeden Augenblick mit der größten Schärfe zu beſtimmen. Da die Körper in ihrem freien Falle auf der Oberfläche dieſes Planeten, wie wir geſehen haben, in der erſten Secunde durch 38 Fuß fallen, oder da die Schwere auf der Oberfläche dieſes Planeten bald dreimal größer iſt, als auf der Erde, ſo würde unſer Secundenpendel von drei Fuß dort in einer Secunde ſchon zwei Schwingungen vollenden, und ein Pendel, welcher auf Jupiter ſeine Schwingungen in einer unſer Secunden machen ſoll, müßte eine Länge von acht Fuß haben. Dieſe ſchnelle Rotation um ihre Axe wird daher den Aſtronomen Jupiters ein Mittel geben, ihre Zeit mit der größten Schärfe zu beſtimmen, und dieß iſt bekannt- lich eines der wichtigſten Elemente aller practiſchen Aſtronomie. Die vielen Finſterniſſe, welche ihnen ihre vier Monde bereiten, und die beinahe täglich vorfallen, werden ihnen nicht nur den Anblick des geſtirnten Himmels verſchönern, ſondern die vielen künſtlich in einander verſchlungenen Bewegungen dieſer Monde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/144
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/144>, abgerufen am 28.04.2024.