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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Die Sonne.
schlecht begränzten Farbenstreifen selbst als die eigentlichen Beob-
achtungspunkte nehmen mußte.

§. 9. (Verschiedene Intensität des Spectrums.) Die Intensi-
tät oder die Stärke der Beleuchtung ist nicht in allen Theilen des
Sonnenspectrums gleich groß. Fraunhofer fand durch sehr genaue
Beobachtungen mit einem Photometer, daß die stärkste Beleuch-
tung sehr nahe bei der Gränze zwischen orange und gelb liegt. --
Man hat früher geglaubt, daß die helleren Stellen des Spec-
trums auch zugleich die heißesten seyen, d. h. daß die größte In-
tensität des Lichts mit jener der Temperatur zusammenfalle, daher
Landriani, Sennebier u. a. die gelben Strahlen für die heißesten
hielten. Allein der ältere Herschel hat durch unmittelbare Ther-
mometer-Beobachtungen gezeigt, daß erstens die Temperatur in
dem Maaße zunehme, wie man von den violetten zu den rothen
Strahlen fortgeht, und daß zweitens die höchste Temperatur noch
etwas jenseits der rothen Farbe, also außerhalb des Spectrums
liege. Daraus folgt, daß die Sonne nicht bloß sichtbare, Licht-
strahlen, sondern daß sie auch unsichtbare, Wärmestrahlen habe,
und daß die Brechbarkeit der letzten kleiner sey, als die der er-
sten, weil, wie schon erwähnt, unter den sichtbaren Strahlen die
rothen die kleinste, und die violetten die größte Brechung haben.
Selbst in der Entfernung von zwei Zollen von den äußersten ro-
then Strahlen ist die Temperatur der Wärmestrahlen noch be-
trächtlich. Englefield fand die Temperatur der blauen
Strahlen 13° Reaumur, der grünen 14°, der gelben 17°, der ro-
then 22°, und die höchste Temperatur jenseits der rothen Strah-
len 26°. Seebuch, der diese Beobachtungen mit besonderem
Fleiße wiederholte, fand den Ort der höchsten Temperatur ver-
schieden je nach der Materie, aus welcher das Prisma gemacht
wurde. Für das Glas gaben die rothen Strahlen die größte
Wärme, für Ammoniacsalz und Schwefelsäure die orangefarbnen,
für Wasser, Alcohol und mehrere Oehle die gelben u. s. w.

§. 10. (Chemische Wirkungen des Spectrums.) Die verschie-
denen Stellen des Sonnenspectrums unterscheiden sich auch noch
durch ihre chemischen Wirkungen. Schon Scheele hatte bemerkt,
daß salzsaures Silber in der blauen Farbe des Spectrums viel
eher und viel stärker schwarz werde, als in der rothen, und der

Die Sonne.
ſchlecht begränzten Farbenſtreifen ſelbſt als die eigentlichen Beob-
achtungspunkte nehmen mußte.

§. 9. (Verſchiedene Intenſität des Spectrums.) Die Intenſi-
tät oder die Stärke der Beleuchtung iſt nicht in allen Theilen des
Sonnenſpectrums gleich groß. Fraunhofer fand durch ſehr genaue
Beobachtungen mit einem Photometer, daß die ſtärkſte Beleuch-
tung ſehr nahe bei der Gränze zwiſchen orange und gelb liegt. —
Man hat früher geglaubt, daß die helleren Stellen des Spec-
trums auch zugleich die heißeſten ſeyen, d. h. daß die größte In-
tenſität des Lichts mit jener der Temperatur zuſammenfalle, daher
Landriani, Sennebier u. a. die gelben Strahlen für die heißeſten
hielten. Allein der ältere Herſchel hat durch unmittelbare Ther-
mometer-Beobachtungen gezeigt, daß erſtens die Temperatur in
dem Maaße zunehme, wie man von den violetten zu den rothen
Strahlen fortgeht, und daß zweitens die höchſte Temperatur noch
etwas jenſeits der rothen Farbe, alſo außerhalb des Spectrums
liege. Daraus folgt, daß die Sonne nicht bloß ſichtbare, Licht-
ſtrahlen, ſondern daß ſie auch unſichtbare, Wärmeſtrahlen habe,
und daß die Brechbarkeit der letzten kleiner ſey, als die der er-
ſten, weil, wie ſchon erwähnt, unter den ſichtbaren Strahlen die
rothen die kleinſte, und die violetten die größte Brechung haben.
Selbſt in der Entfernung von zwei Zollen von den äußerſten ro-
then Strahlen iſt die Temperatur der Wärmeſtrahlen noch be-
trächtlich. Englefield fand die Temperatur der blauen
Strahlen 13° Reaumur, der grünen 14°, der gelben 17°, der ro-
then 22°, und die höchſte Temperatur jenſeits der rothen Strah-
len 26°. Seebuch, der dieſe Beobachtungen mit beſonderem
Fleiße wiederholte, fand den Ort der höchſten Temperatur ver-
ſchieden je nach der Materie, aus welcher das Prisma gemacht
wurde. Für das Glas gaben die rothen Strahlen die größte
Wärme, für Ammoniacſalz und Schwefelſäure die orangefarbnen,
für Waſſer, Alcohol und mehrere Oehle die gelben u. ſ. w.

§. 10. (Chemiſche Wirkungen des Spectrums.) Die verſchie-
denen Stellen des Sonnenſpectrums unterſcheiden ſich auch noch
durch ihre chemiſchen Wirkungen. Schon Scheele hatte bemerkt,
daß ſalzſaures Silber in der blauen Farbe des Spectrums viel
eher und viel ſtärker ſchwarz werde, als in der rothen, und der

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[12/0022] Die Sonne. ſchlecht begränzten Farbenſtreifen ſelbſt als die eigentlichen Beob- achtungspunkte nehmen mußte. §. 9. (Verſchiedene Intenſität des Spectrums.) Die Intenſi- tät oder die Stärke der Beleuchtung iſt nicht in allen Theilen des Sonnenſpectrums gleich groß. Fraunhofer fand durch ſehr genaue Beobachtungen mit einem Photometer, daß die ſtärkſte Beleuch- tung ſehr nahe bei der Gränze zwiſchen orange und gelb liegt. — Man hat früher geglaubt, daß die helleren Stellen des Spec- trums auch zugleich die heißeſten ſeyen, d. h. daß die größte In- tenſität des Lichts mit jener der Temperatur zuſammenfalle, daher Landriani, Sennebier u. a. die gelben Strahlen für die heißeſten hielten. Allein der ältere Herſchel hat durch unmittelbare Ther- mometer-Beobachtungen gezeigt, daß erſtens die Temperatur in dem Maaße zunehme, wie man von den violetten zu den rothen Strahlen fortgeht, und daß zweitens die höchſte Temperatur noch etwas jenſeits der rothen Farbe, alſo außerhalb des Spectrums liege. Daraus folgt, daß die Sonne nicht bloß ſichtbare, Licht- ſtrahlen, ſondern daß ſie auch unſichtbare, Wärmeſtrahlen habe, und daß die Brechbarkeit der letzten kleiner ſey, als die der er- ſten, weil, wie ſchon erwähnt, unter den ſichtbaren Strahlen die rothen die kleinſte, und die violetten die größte Brechung haben. Selbſt in der Entfernung von zwei Zollen von den äußerſten ro- then Strahlen iſt die Temperatur der Wärmeſtrahlen noch be- trächtlich. Englefield fand die Temperatur der blauen Strahlen 13° Reaumur, der grünen 14°, der gelben 17°, der ro- then 22°, und die höchſte Temperatur jenſeits der rothen Strah- len 26°. Seebuch, der dieſe Beobachtungen mit beſonderem Fleiße wiederholte, fand den Ort der höchſten Temperatur ver- ſchieden je nach der Materie, aus welcher das Prisma gemacht wurde. Für das Glas gaben die rothen Strahlen die größte Wärme, für Ammoniacſalz und Schwefelſäure die orangefarbnen, für Waſſer, Alcohol und mehrere Oehle die gelben u. ſ. w. §. 10. (Chemiſche Wirkungen des Spectrums.) Die verſchie- denen Stellen des Sonnenſpectrums unterſcheiden ſich auch noch durch ihre chemiſchen Wirkungen. Schon Scheele hatte bemerkt, daß ſalzſaures Silber in der blauen Farbe des Spectrums viel eher und viel ſtärker ſchwarz werde, als in der rothen, und der

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/22>, abgerufen am 26.04.2024.