Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Kometen.
(completement eclipsee) gesehen habe, aber sein Fernrohr war
offenbar zu schwach, um diesen Gegenstand durch eine einzige
Beobachtung zur Entscheidung zu bringen. -- Noch kann man
der berüchtigten Bedeckung des Mondes von einem Kometen er-
wähnen, die Georg Phranza in seiner griechischen Chronik für das
Jahr 1454 aufgestellt hat. Allein man weiß jetzt, daß diese Mei-
nung bloß durch eine unrichtige Uebersetzung des griechischen Textes
durch den Jesuiten Pontanus entstanden ist. Besonders wichtig
wäre uns in dieser Beziehung der Komet von dem Jahre 1819
gewesen, der am 26. Junius d. J. in einer Entfernung von
14 Millionen Meilen zwischen der Sonne und der Erde vorüber-
ging, und den wir daher auf dem lichten Hintergrunde der Sonne
hätten sehen können. Allein unglücklicher Weise wurde diese Er-
scheinung, ein bloßes Resultat der Vorherberechnung, zu spät be-
kannt gemacht, um die Beobachter auf dieselbe aufmerksam zu
machen. Jedoch will Pastorf an diesem Tage einen Sonnenflecken
beobachtet haben (Bode's Jahrb. 1823), den er für diesen Kome-
ten hielt. -- Wie es sich daher auch mit diesen Kometenkernen
verhalten mag, wir müssen darüber die Beobachtungen unserer
Nachfolger abwarten, die diesen Gegenstand vielleicht bald ent-
scheiden werden.

§. 163. (Komet von dem Jahre 1770.) Einen andern Be-
weis für die ungemein geringe Dichtigkeit der Kometenmasse über-
haupt liefert uns der sonderbare Komet von dem Jahre 1770. Die
ersten Beobachtungen desselben gaben uns eine nicht sehr excentri-
sche, elliptische Bahn mit einer Umlaufszeit von 51/2 Jahren. Bei
diesem Resultate der Berechnung war es aber sehr auffallend, daß
der Komet, seiner kurzen Umlaufszeit ungeachtet, weder vor, noch
auch nach dem Jahre 1770 wieder gesehen wurde. Endlich fand
man nach vielen umständlichen Rechnungen, daß er im Jahre
1767 dem Planeten Jupiter nahe vorbei ging, und daß dieser
größte aller Planeten seine ursprüngliche, wahrscheinlich sehr excen-
trische Bahn in diese viel kleinere von 51/2 Jahren verändert
habe. In dieser seiner neuen Bahn würden wir ihn auch wahrschein-
lich im März d. J. 1776 wieder gesehen haben, wenn er nicht mit
der Sonne zugleich über unserem Horizonte gestanden, also uns

16 *

Kometen.
(complètement éclipsée) geſehen habe, aber ſein Fernrohr war
offenbar zu ſchwach, um dieſen Gegenſtand durch eine einzige
Beobachtung zur Entſcheidung zu bringen. — Noch kann man
der berüchtigten Bedeckung des Mondes von einem Kometen er-
wähnen, die Georg Phranza in ſeiner griechiſchen Chronik für das
Jahr 1454 aufgeſtellt hat. Allein man weiß jetzt, daß dieſe Mei-
nung bloß durch eine unrichtige Ueberſetzung des griechiſchen Textes
durch den Jeſuiten Pontanus entſtanden iſt. Beſonders wichtig
wäre uns in dieſer Beziehung der Komet von dem Jahre 1819
geweſen, der am 26. Junius d. J. in einer Entfernung von
14 Millionen Meilen zwiſchen der Sonne und der Erde vorüber-
ging, und den wir daher auf dem lichten Hintergrunde der Sonne
hätten ſehen können. Allein unglücklicher Weiſe wurde dieſe Er-
ſcheinung, ein bloßes Reſultat der Vorherberechnung, zu ſpät be-
kannt gemacht, um die Beobachter auf dieſelbe aufmerkſam zu
machen. Jedoch will Paſtorf an dieſem Tage einen Sonnenflecken
beobachtet haben (Bode’s Jahrb. 1823), den er für dieſen Kome-
ten hielt. — Wie es ſich daher auch mit dieſen Kometenkernen
verhalten mag, wir müſſen darüber die Beobachtungen unſerer
Nachfolger abwarten, die dieſen Gegenſtand vielleicht bald ent-
ſcheiden werden.

§. 163. (Komet von dem Jahre 1770.) Einen andern Be-
weis für die ungemein geringe Dichtigkeit der Kometenmaſſe über-
haupt liefert uns der ſonderbare Komet von dem Jahre 1770. Die
erſten Beobachtungen deſſelben gaben uns eine nicht ſehr excentri-
ſche, elliptiſche Bahn mit einer Umlaufszeit von 5½ Jahren. Bei
dieſem Reſultate der Berechnung war es aber ſehr auffallend, daß
der Komet, ſeiner kurzen Umlaufszeit ungeachtet, weder vor, noch
auch nach dem Jahre 1770 wieder geſehen wurde. Endlich fand
man nach vielen umſtändlichen Rechnungen, daß er im Jahre
1767 dem Planeten Jupiter nahe vorbei ging, und daß dieſer
größte aller Planeten ſeine urſprüngliche, wahrſcheinlich ſehr excen-
triſche Bahn in dieſe viel kleinere von 5½ Jahren verändert
habe. In dieſer ſeiner neuen Bahn würden wir ihn auch wahrſchein-
lich im März d. J. 1776 wieder geſehen haben, wenn er nicht mit
der Sonne zugleich über unſerem Horizonte geſtanden, alſo uns

16 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0253" n="243"/><fw place="top" type="header">Kometen.</fw><lb/>
(<hi rendition="#aq">complètement éclipsée</hi>) ge&#x017F;ehen habe, aber &#x017F;ein Fernrohr war<lb/>
offenbar zu &#x017F;chwach, um die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand durch eine einzige<lb/>
Beobachtung zur Ent&#x017F;cheidung zu bringen. &#x2014; Noch kann man<lb/>
der berüchtigten Bedeckung des Mondes von einem Kometen er-<lb/>
wähnen, die Georg Phranza in &#x017F;einer griechi&#x017F;chen Chronik für das<lb/>
Jahr 1454 aufge&#x017F;tellt hat. Allein man weiß jetzt, daß die&#x017F;e Mei-<lb/>
nung bloß durch eine unrichtige Ueber&#x017F;etzung des griechi&#x017F;chen Textes<lb/>
durch den Je&#x017F;uiten Pontanus ent&#x017F;tanden i&#x017F;t. Be&#x017F;onders wichtig<lb/>
wäre uns in die&#x017F;er Beziehung der Komet von dem Jahre 1819<lb/>
gewe&#x017F;en, der am 26. Junius d. J. in einer Entfernung von<lb/>
14 Millionen Meilen zwi&#x017F;chen der Sonne und der Erde vorüber-<lb/>
ging, und den wir daher auf dem lichten Hintergrunde der Sonne<lb/>
hätten &#x017F;ehen können. Allein unglücklicher Wei&#x017F;e wurde die&#x017F;e Er-<lb/>
&#x017F;cheinung, ein bloßes Re&#x017F;ultat der Vorherberechnung, zu &#x017F;pät be-<lb/>
kannt gemacht, um die Beobachter auf die&#x017F;elbe aufmerk&#x017F;am zu<lb/>
machen. Jedoch will Pa&#x017F;torf an die&#x017F;em Tage einen Sonnenflecken<lb/>
beobachtet haben (Bode&#x2019;s Jahrb. 1823), den er für die&#x017F;en Kome-<lb/>
ten hielt. &#x2014; Wie es &#x017F;ich daher auch mit die&#x017F;en Kometenkernen<lb/>
verhalten mag, wir mü&#x017F;&#x017F;en darüber die Beobachtungen un&#x017F;erer<lb/>
Nachfolger abwarten, die die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand vielleicht bald ent-<lb/>
&#x017F;cheiden werden.</p><lb/>
            <p>§. 163. (Komet von dem Jahre 1770.) Einen andern Be-<lb/>
weis für die ungemein geringe Dichtigkeit der Kometenma&#x017F;&#x017F;e über-<lb/>
haupt liefert uns der &#x017F;onderbare Komet von dem Jahre 1770. Die<lb/>
er&#x017F;ten Beobachtungen de&#x017F;&#x017F;elben gaben uns eine nicht &#x017F;ehr excentri-<lb/>
&#x017F;che, ellipti&#x017F;che Bahn mit einer Umlaufszeit von 5½ Jahren. Bei<lb/>
die&#x017F;em Re&#x017F;ultate der Berechnung war es aber &#x017F;ehr auffallend, daß<lb/>
der Komet, &#x017F;einer kurzen Umlaufszeit ungeachtet, weder vor, noch<lb/>
auch nach dem Jahre 1770 wieder ge&#x017F;ehen wurde. Endlich fand<lb/>
man nach vielen um&#x017F;tändlichen Rechnungen, daß er im Jahre<lb/>
1767 dem Planeten Jupiter nahe vorbei ging, und daß die&#x017F;er<lb/>
größte aller Planeten &#x017F;eine ur&#x017F;prüngliche, wahr&#x017F;cheinlich &#x017F;ehr excen-<lb/>
tri&#x017F;che Bahn in die&#x017F;e viel kleinere von 5½ Jahren verändert<lb/>
habe. In die&#x017F;er &#x017F;einer neuen Bahn würden wir ihn auch wahr&#x017F;chein-<lb/>
lich im März d. J. 1776 wieder ge&#x017F;ehen haben, wenn er nicht mit<lb/>
der Sonne zugleich über un&#x017F;erem Horizonte ge&#x017F;tanden, al&#x017F;o uns<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">16 *</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0253] Kometen. (complètement éclipsée) geſehen habe, aber ſein Fernrohr war offenbar zu ſchwach, um dieſen Gegenſtand durch eine einzige Beobachtung zur Entſcheidung zu bringen. — Noch kann man der berüchtigten Bedeckung des Mondes von einem Kometen er- wähnen, die Georg Phranza in ſeiner griechiſchen Chronik für das Jahr 1454 aufgeſtellt hat. Allein man weiß jetzt, daß dieſe Mei- nung bloß durch eine unrichtige Ueberſetzung des griechiſchen Textes durch den Jeſuiten Pontanus entſtanden iſt. Beſonders wichtig wäre uns in dieſer Beziehung der Komet von dem Jahre 1819 geweſen, der am 26. Junius d. J. in einer Entfernung von 14 Millionen Meilen zwiſchen der Sonne und der Erde vorüber- ging, und den wir daher auf dem lichten Hintergrunde der Sonne hätten ſehen können. Allein unglücklicher Weiſe wurde dieſe Er- ſcheinung, ein bloßes Reſultat der Vorherberechnung, zu ſpät be- kannt gemacht, um die Beobachter auf dieſelbe aufmerkſam zu machen. Jedoch will Paſtorf an dieſem Tage einen Sonnenflecken beobachtet haben (Bode’s Jahrb. 1823), den er für dieſen Kome- ten hielt. — Wie es ſich daher auch mit dieſen Kometenkernen verhalten mag, wir müſſen darüber die Beobachtungen unſerer Nachfolger abwarten, die dieſen Gegenſtand vielleicht bald ent- ſcheiden werden. §. 163. (Komet von dem Jahre 1770.) Einen andern Be- weis für die ungemein geringe Dichtigkeit der Kometenmaſſe über- haupt liefert uns der ſonderbare Komet von dem Jahre 1770. Die erſten Beobachtungen deſſelben gaben uns eine nicht ſehr excentri- ſche, elliptiſche Bahn mit einer Umlaufszeit von 5½ Jahren. Bei dieſem Reſultate der Berechnung war es aber ſehr auffallend, daß der Komet, ſeiner kurzen Umlaufszeit ungeachtet, weder vor, noch auch nach dem Jahre 1770 wieder geſehen wurde. Endlich fand man nach vielen umſtändlichen Rechnungen, daß er im Jahre 1767 dem Planeten Jupiter nahe vorbei ging, und daß dieſer größte aller Planeten ſeine urſprüngliche, wahrſcheinlich ſehr excen- triſche Bahn in dieſe viel kleinere von 5½ Jahren verändert habe. In dieſer ſeiner neuen Bahn würden wir ihn auch wahrſchein- lich im März d. J. 1776 wieder geſehen haben, wenn er nicht mit der Sonne zugleich über unſerem Horizonte geſtanden, alſo uns 16 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/253
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/253>, abgerufen am 14.05.2024.