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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Anzahl, Entfernung und Größe der Fixsterne.
einer in ihrem Mittelpunkte ausgeschnittenen Scheibe, deren kreis-
förmige Oeffnung er so lange verminderte, bis der scheinbar größte
aller Fixsterne, Sirius, durch den so bedeckten Spiegel nur mehr
in dem Glanze eines Sterns der sechsten Größe erschien. Er
fand für diesen Fall den Durchmesser der Oeffnung seiner Scheibe
gleich einem Zolle und zog daraus den Schluß, daß, wenn die
Lichtstärke eines Sterns der sechsten Größe gleich der Einheit ist,
die des Sirius gleich 18 mal 18 oder gleich 324 seyn soll. Da
aber dieser ungemein helle Stern wenigstens dreimal heller leuchtet,
als die übrigen Sterne der ersten Größe im Mittel genommen,
so wird das Verhältniß der Lichtstärke eines Sternes der ersten
Größe zu dem der sechsten nahe wie 100 zu 1 seyn. Nimmt man
dann noch an, daß für die übrigen Klassen die Lichtstärke sich wie
verkehrt das Quadrat der Zahlen dieser Klassen verhalte, so hat die

I Klasse die Lichtstärke 100
II -- -- 100/4 oder 25
III -- -- 100/9 oder 12
IV -- -- 100/16 oder 6

Endlich nahm er, etwas willkührlich, für die

V Klasse die Lichtstärke 2 und für die
VI -- -- -- 1 an.

Alle diese Annahmen sind, wie man sieht, bloße Convention,
die nicht einmal allgemein angenommen ist und auch nicht gut an-
genommen werden kann, weil es schwer, wenn nicht unmöglich ist,
zu bestimmen, wann die Lichtstärke eines Sternes nur den fünften,
zehnten, zwanzigsten Theil der Lichtstärke eines anderen beträgt.

§. 189. (Veränderungen dieser Größe der Fixsterne.) Man
muß diesen Mangel an Genauigkeit bei der Eintheilung der Fix-
sterne sehr beklagen, weil uns dadurch die Mittel entgehen, die
Veränderungen zu bestimmen, welche, den älteren Beobachtungen
zufolge, an diesen Himmelskörpern vorgegangen zu seyn scheinen.
So hatten z. B. die alten Griechen den Sirius roth genannt, da
er doch uns in einem entschieden blendend weißen Lichte erscheint.
Castor galt ihnen als der größere von den beiden Zwillingen, da

Anzahl, Entfernung und Größe der Fixſterne.
einer in ihrem Mittelpunkte ausgeſchnittenen Scheibe, deren kreis-
förmige Oeffnung er ſo lange verminderte, bis der ſcheinbar größte
aller Fixſterne, Sirius, durch den ſo bedeckten Spiegel nur mehr
in dem Glanze eines Sterns der ſechsten Größe erſchien. Er
fand für dieſen Fall den Durchmeſſer der Oeffnung ſeiner Scheibe
gleich einem Zolle und zog daraus den Schluß, daß, wenn die
Lichtſtärke eines Sterns der ſechsten Größe gleich der Einheit iſt,
die des Sirius gleich 18 mal 18 oder gleich 324 ſeyn ſoll. Da
aber dieſer ungemein helle Stern wenigſtens dreimal heller leuchtet,
als die übrigen Sterne der erſten Größe im Mittel genommen,
ſo wird das Verhältniß der Lichtſtärke eines Sternes der erſten
Größe zu dem der ſechsten nahe wie 100 zu 1 ſeyn. Nimmt man
dann noch an, daß für die übrigen Klaſſen die Lichtſtärke ſich wie
verkehrt das Quadrat der Zahlen dieſer Klaſſen verhalte, ſo hat die

I Klaſſe die Lichtſtärke 100
II — — 100/4 oder 25
III — — 100/9 oder 12
IV — — 100/16 oder 6

Endlich nahm er, etwas willkührlich, für die

V Klaſſe die Lichtſtärke 2 und für die
VI — — — 1 an.

Alle dieſe Annahmen ſind, wie man ſieht, bloße Convention,
die nicht einmal allgemein angenommen iſt und auch nicht gut an-
genommen werden kann, weil es ſchwer, wenn nicht unmöglich iſt,
zu beſtimmen, wann die Lichtſtärke eines Sternes nur den fünften,
zehnten, zwanzigſten Theil der Lichtſtärke eines anderen beträgt.

§. 189. (Veränderungen dieſer Größe der Fixſterne.) Man
muß dieſen Mangel an Genauigkeit bei der Eintheilung der Fix-
ſterne ſehr beklagen, weil uns dadurch die Mittel entgehen, die
Veränderungen zu beſtimmen, welche, den älteren Beobachtungen
zufolge, an dieſen Himmelskörpern vorgegangen zu ſeyn ſcheinen.
So hatten z. B. die alten Griechen den Sirius roth genannt, da
er doch uns in einem entſchieden blendend weißen Lichte erſcheint.
Caſtor galt ihnen als der größere von den beiden Zwillingen, da

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[301/0311] Anzahl, Entfernung und Größe der Fixſterne. einer in ihrem Mittelpunkte ausgeſchnittenen Scheibe, deren kreis- förmige Oeffnung er ſo lange verminderte, bis der ſcheinbar größte aller Fixſterne, Sirius, durch den ſo bedeckten Spiegel nur mehr in dem Glanze eines Sterns der ſechsten Größe erſchien. Er fand für dieſen Fall den Durchmeſſer der Oeffnung ſeiner Scheibe gleich einem Zolle und zog daraus den Schluß, daß, wenn die Lichtſtärke eines Sterns der ſechsten Größe gleich der Einheit iſt, die des Sirius gleich 18 mal 18 oder gleich 324 ſeyn ſoll. Da aber dieſer ungemein helle Stern wenigſtens dreimal heller leuchtet, als die übrigen Sterne der erſten Größe im Mittel genommen, ſo wird das Verhältniß der Lichtſtärke eines Sternes der erſten Größe zu dem der ſechsten nahe wie 100 zu 1 ſeyn. Nimmt man dann noch an, daß für die übrigen Klaſſen die Lichtſtärke ſich wie verkehrt das Quadrat der Zahlen dieſer Klaſſen verhalte, ſo hat die I Klaſſe die Lichtſtärke 100 II — — 100/4 oder 25 III — — 100/9 oder 12 IV — — 100/16 oder 6 Endlich nahm er, etwas willkührlich, für die V Klaſſe die Lichtſtärke 2 und für die VI — — — 1 an. Alle dieſe Annahmen ſind, wie man ſieht, bloße Convention, die nicht einmal allgemein angenommen iſt und auch nicht gut an- genommen werden kann, weil es ſchwer, wenn nicht unmöglich iſt, zu beſtimmen, wann die Lichtſtärke eines Sternes nur den fünften, zehnten, zwanzigſten Theil der Lichtſtärke eines anderen beträgt. §. 189. (Veränderungen dieſer Größe der Fixſterne.) Man muß dieſen Mangel an Genauigkeit bei der Eintheilung der Fix- ſterne ſehr beklagen, weil uns dadurch die Mittel entgehen, die Veränderungen zu beſtimmen, welche, den älteren Beobachtungen zufolge, an dieſen Himmelskörpern vorgegangen zu ſeyn ſcheinen. So hatten z. B. die alten Griechen den Sirius roth genannt, da er doch uns in einem entſchieden blendend weißen Lichte erſcheint. Caſtor galt ihnen als der größere von den beiden Zwillingen, da

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/311>, abgerufen am 28.04.2024.