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Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705.

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Huren-Regiment.
aber von allzu hitzigen naturel und ungewohnt/ etwas nachzu-
geben. Diese faction machte es endlich so grob/ daß der Pabst
sie aus Rom jagte/ woselbst sie sich aber ihm zu Trutz bald wie-
der einstelleten/ und noch mehre/ insonderheit Georgium No-
menclatorem,
einen Mann/ der mit denen Reichs-Sachen viel
zu thun hatte/ auff ihre Seite brachten. Jm selben Jahr ver-
starb König Ludwig in Deutschland/ womit Käyser Carl der
kahle seinen grösten Wiedersacher verlohren zu haben meinte/
auch dabey so hoffärtig ward/ daß er sich einen Käyser aller Kö-
nige disseits der See nennte/ und gantz Deutschland zu verschlin-
gen/ ja den Rhein mit seiner Reuterey auszutrocknen drohete.Ann. Fuld.
ad h. e.

Er überfiel demnach seine Vettern mit Krieg/ wurde aber von
den mittlern Ludwig/ König in Ost-Francken/ bey Andernach
vortrefflich gezüchtiget. Der ältere Carlomann/ König in Bäy-
ern/ brachte indeß viel Große in Jtalien auff seine Seite/ die ihn
vor ihren König erkenneten/ wovon noch einige Diplomata vor-
handen sind. Damahls kündigten die Slavischen Nationen
dem Carolinischen Geschlecht allen Gehorsam auff/ womit das
nördliche Deutschland in höchste Zerrüttung gerieth.

IX.

Käyser Carl bemühete sich indessen die JtaliänischenA. 877.
Großen zu gewinnen/ wozu er seiner ersten Gemahlin Judith
Bruder Bosonem brauchte/ dem er auch Käyser Ludwigs hinter-
lassene Tochter Hermingard vermählete/ und aus einen GraffenAnn. Bertin.
ad h. a.

zum Hertzog machte/ auch die Provence fast zu eigen gab; daher
einige Scribenten vorgeben/ er habe ihn gar zum König ge-
macht. Das Spiel währete aber nicht lange/ und muste derRegino ad
h. a.

Käyser aus dieser Sterblichkeit weichen/ nachdem er von seinen
vertrauten Artzt/ dem Jüden Zedekia/ den man auch der Zaube-
rey wegen in Verdacht hatte (wie man vorgab) Gifft bekommen
hatte; wie er denn in den Armen seiner Richilde plötzlich verschie-
den. Sein Sohn Ludwig der Stammler folgte ihm in Beherr-
schung der West-Francken und der Begierde zum Käyserthum/
hatte aber die Tusculanische Partey so hart als jener wieder sich/
welche den Bäyrischen König Carlomann dem Schein nach zu-

fiel
B 2

Huren-Regiment.
aber von allzu hitzigen naturel und ungewohnt/ etwas nachzu-
geben. Dieſe faction machte es endlich ſo grob/ daß der Pabſt
ſie aus Rom jagte/ woſelbſt ſie ſich aber ihm zu Trutz bald wie-
der einſtelleten/ und noch mehre/ inſonderheit Georgium No-
menclatorem,
einen Mann/ der mit denen Reichs-Sachen viel
zu thun hatte/ auff ihre Seite brachten. Jm ſelben Jahr ver-
ſtarb Koͤnig Ludwig in Deutſchland/ womit Kaͤyſer Carl der
kahle ſeinen groͤſten Wiederſacher verlohren zu haben meinte/
auch dabey ſo hoffaͤrtig ward/ daß er ſich einen Kaͤyſer aller Koͤ-
nige diſſeits der See nennte/ und gantz Deutſchland zu verſchlin-
gen/ ja den Rhein mit ſeiner Reuterey auszutrocknen drohete.Ann. Fuld.
ad h. e.

Er uͤberfiel demnach ſeine Vettern mit Krieg/ wurde aber von
den mittlern Ludwig/ Koͤnig in Oſt-Francken/ bey Andernach
vortrefflich gezuͤchtiget. Der aͤltere Carlomann/ Koͤnig in Baͤy-
ern/ brachte indeß viel Große in Jtalien auff ſeine Seite/ die ihn
vor ihren Koͤnig erkenneten/ wovon noch einige Diplomata vor-
handen ſind. Damahls kuͤndigten die Slaviſchen Nationen
dem Caroliniſchen Geſchlecht allen Gehorſam auff/ womit das
noͤrdliche Deutſchland in hoͤchſte Zerruͤttung gerieth.

IX.

Kaͤyſer Carl bemuͤhete ſich indeſſen die JtaliaͤniſchenA. 877.
Großen zu gewinnen/ wozu er ſeiner erſten Gemahlin Judith
Bruder Boſonem brauchte/ dem er auch Kaͤyſer Ludwigs hinter-
laſſene Tochter Hermingard vermaͤhlete/ und aus einen GraffenAnn. Bertin.
ad h. a.

zum Hertzog machte/ auch die Provence faſt zu eigen gab; daher
einige Scribenten vorgeben/ er habe ihn gar zum Koͤnig ge-
macht. Das Spiel waͤhrete aber nicht lange/ und muſte derRegino ad
h. a.

Kaͤyſer aus dieſer Sterblichkeit weichen/ nachdem er von ſeinen
vertrauten Artzt/ dem Juͤden Zedekia/ den man auch der Zaube-
rey wegen in Verdacht hatte (wie man vorgab) Gifft bekommen
hatte; wie er denn in den Armen ſeiner Richilde ploͤtzlich verſchie-
den. Sein Sohn Ludwig der Stammler folgte ihm in Beherr-
ſchung der Weſt-Francken und der Begierde zum Kaͤyſerthum/
hatte aber die Tuſculaniſche Partey ſo hart als jener wieder ſich/
welche den Baͤyriſchen Koͤnig Carlomann dem Schein nach zu-

fiel
B 2
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[11/0021] Huren-Regiment. aber von allzu hitzigen naturel und ungewohnt/ etwas nachzu- geben. Dieſe faction machte es endlich ſo grob/ daß der Pabſt ſie aus Rom jagte/ woſelbſt ſie ſich aber ihm zu Trutz bald wie- der einſtelleten/ und noch mehre/ inſonderheit Georgium No- menclatorem, einen Mann/ der mit denen Reichs-Sachen viel zu thun hatte/ auff ihre Seite brachten. Jm ſelben Jahr ver- ſtarb Koͤnig Ludwig in Deutſchland/ womit Kaͤyſer Carl der kahle ſeinen groͤſten Wiederſacher verlohren zu haben meinte/ auch dabey ſo hoffaͤrtig ward/ daß er ſich einen Kaͤyſer aller Koͤ- nige diſſeits der See nennte/ und gantz Deutſchland zu verſchlin- gen/ ja den Rhein mit ſeiner Reuterey auszutrocknen drohete. Er uͤberfiel demnach ſeine Vettern mit Krieg/ wurde aber von den mittlern Ludwig/ Koͤnig in Oſt-Francken/ bey Andernach vortrefflich gezuͤchtiget. Der aͤltere Carlomann/ Koͤnig in Baͤy- ern/ brachte indeß viel Große in Jtalien auff ſeine Seite/ die ihn vor ihren Koͤnig erkenneten/ wovon noch einige Diplomata vor- handen ſind. Damahls kuͤndigten die Slaviſchen Nationen dem Caroliniſchen Geſchlecht allen Gehorſam auff/ womit das noͤrdliche Deutſchland in hoͤchſte Zerruͤttung gerieth. Ann. Fuld. ad h. e. IX. Kaͤyſer Carl bemuͤhete ſich indeſſen die Jtaliaͤniſchen Großen zu gewinnen/ wozu er ſeiner erſten Gemahlin Judith Bruder Boſonem brauchte/ dem er auch Kaͤyſer Ludwigs hinter- laſſene Tochter Hermingard vermaͤhlete/ und aus einen Graffen zum Hertzog machte/ auch die Provence faſt zu eigen gab; daher einige Scribenten vorgeben/ er habe ihn gar zum Koͤnig ge- macht. Das Spiel waͤhrete aber nicht lange/ und muſte der Kaͤyſer aus dieſer Sterblichkeit weichen/ nachdem er von ſeinen vertrauten Artzt/ dem Juͤden Zedekia/ den man auch der Zaube- rey wegen in Verdacht hatte (wie man vorgab) Gifft bekommen hatte; wie er denn in den Armen ſeiner Richilde ploͤtzlich verſchie- den. Sein Sohn Ludwig der Stammler folgte ihm in Beherr- ſchung der Weſt-Francken und der Begierde zum Kaͤyſerthum/ hatte aber die Tuſculaniſche Partey ſo hart als jener wieder ſich/ welche den Baͤyriſchen Koͤnig Carlomann dem Schein nach zu- fiel A. 877. Ann. Bertin. ad h. a. Regino ad h. a. B 2

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Zitationshilfe: Löscher, Valentin Ernst: Historie Des Römischen Huren-Regiments Der Theodoræ und Maroziæ. Leipzig, 1705, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/loescher_historie_1705/21>, abgerufen am 27.04.2024.