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Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

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Der Wollust-Herbst wird nicht den Anmuths-Lentz verja-
gen/
Die Schoos wird reiffe Frucht/ das Antzlitz Rosen tra-
gen.
295.
Nero. Der Himmel/ der die Schoos der Erden fruchtbar
mach't/
Der bey der Nacht umb sie mehr als ein Argos wach't/
Wenn tausend Sternen sie zu schauen offen stehn/
Der bey dem Tag auf sie mehr/ als auf Galatheen
Der geile Polifem/ der Sonnen Auge kehr't:
300.Hällt die geliebte Schoos der Erde wider werth.
Die Dünste zih'n empor als Säufzer der Begierden/
Und geben Spiegel ab/ der unbefleckten Zierden:
Nichts minder ligt uns ob: Jhr/ da dein sternend Licht
Dein Himmel der Gestalt/ dein Göttlich Angesicht
305.So günstig uns bestrahl'n/ und Anmuth auf uns regnen/
Mit reiner Gegen-Gunst und Libe zu begegnen.
Und wir ermessen selbst: Daß ihr Octavie/
Die grämste dieser Welt nur noch am Lichte steh'?
Alleine sie/ mein Licht/ wird selbst vernünftig fassen:
310.Daß Mutter und Gemahl sich nicht wol sicher lassen
Auf einmal richten hin.
Popp. Es heiß't ein Donner-
schlag
Der gleich zwey Eichen fällt. Man spar' auf künft' gen
Tag
Nicht/ was man heute kan mit einer Artzney heilen.
Nero. Wo so viel Wunden sind/ muß man die Pflaster thei-
len;
315.Das Heer ist ihr geneig't/ der Pöfel steh't ihr bey.
Popp. Ein unerschrocken Hertz entwafnet alle zwey.
Die Zweig' erschittern sich/ wenn solche Stämme fallen;
Und Niemand flucht dem Blitz/ wenn Luft und Wolcken
knallen.
Zu dem/ was frag't ein Fürst nach's Pöfels Unmuth
viel?
320.
Nero. Mein Kind/ auch eine Mauß entseel't den Kroco-
dil/
Ein schwacher Kefer thut des Adlers Eyern schaden.
Ja/
Der Wolluſt-Herbſt wird nicht den Anmuths-Lentz verja-
gen/
Die Schoos wird reiffe Frucht/ das Antzlitz Roſen tra-
gen.
295.
Nero. Der Himmel/ der die Schoos der Erden fruchtbar
mach’t/
Der bey der Nacht umb ſie mehr als ein Argos wach’t/
Wenn tauſend Sternen ſie zu ſchauen offen ſtehn/
Der bey dem Tag auf ſie mehr/ als auf Galatheen
Der geile Polifem/ der Sonnen Auge kehr’t:
300.Haͤllt die geliebte Schoos der Erde wider werth.
Die Duͤnſte zih’n empor als Saͤufzer der Begierden/
Und geben Spiegel ab/ der unbefleckten Zierden:
Nichts minder ligt uns ob: Jhr/ da dein ſternend Licht
Dein Himmel der Geſtalt/ dein Goͤttlich Angeſicht
305.So guͤnſtig uns beſtrahl’n/ und Anmuth auf uns regnen/
Mit reiner Gegen-Gunſt und Libe zu begegnen.
Und wir ermeſſen ſelbſt: Daß ihr Octavie/
Die graͤmſte dieſer Welt nur noch am Lichte ſteh’?
Alleine ſie/ mein Licht/ wird ſelbſt vernuͤnftig faſſen:
310.Daß Mutter und Gemahl ſich nicht wol ſicher laſſen
Auf einmal richten hin.
Popp. Es heiß’t ein Donner-
ſchlag
Der gleich zwey Eichen faͤllt. Man ſpar’ auf kuͤnft’ gen
Tag
Nicht/ was man heute kan mit einer Artzney heilen.
Nero. Wo ſo viel Wunden ſind/ muß man die Pflaſter thei-
len;
315.Das Heer iſt ihr geneig’t/ der Poͤfel ſteh’t ihr bey.
Popp. Ein unerſchrocken Hertz entwafnet alle zwey.
Die Zweig’ erſchittern ſich/ wenn ſolche Staͤmme fallen;
Und Niemand flucht dem Blitz/ wenn Luft und Wolcken
knallen.
Zu dem/ was frag’t ein Fuͤrſt nach’s Poͤfels Unmuth
viel?
320.
Nero. Mein Kind/ auch eine Mauß entſeel’t den Kroco-
dil/
Ein ſchwacher Kefer thut des Adlers Eyern ſchaden.
Ja/
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[93./0111] Der Wolluſt-Herbſt wird nicht den Anmuths-Lentz verja- gen/ Die Schoos wird reiffe Frucht/ das Antzlitz Roſen tra- gen. Nero. Der Himmel/ der die Schoos der Erden fruchtbar mach’t/ Der bey der Nacht umb ſie mehr als ein Argos wach’t/ Wenn tauſend Sternen ſie zu ſchauen offen ſtehn/ Der bey dem Tag auf ſie mehr/ als auf Galatheen Der geile Polifem/ der Sonnen Auge kehr’t: Haͤllt die geliebte Schoos der Erde wider werth. Die Duͤnſte zih’n empor als Saͤufzer der Begierden/ Und geben Spiegel ab/ der unbefleckten Zierden: Nichts minder ligt uns ob: Jhr/ da dein ſternend Licht Dein Himmel der Geſtalt/ dein Goͤttlich Angeſicht So guͤnſtig uns beſtrahl’n/ und Anmuth auf uns regnen/ Mit reiner Gegen-Gunſt und Libe zu begegnen. Und wir ermeſſen ſelbſt: Daß ihr Octavie/ Die graͤmſte dieſer Welt nur noch am Lichte ſteh’? Alleine ſie/ mein Licht/ wird ſelbſt vernuͤnftig faſſen: Daß Mutter und Gemahl ſich nicht wol ſicher laſſen Auf einmal richten hin. Popp. Es heiß’t ein Donner- ſchlag Der gleich zwey Eichen faͤllt. Man ſpar’ auf kuͤnft’ gen Tag Nicht/ was man heute kan mit einer Artzney heilen. Nero. Wo ſo viel Wunden ſind/ muß man die Pflaſter thei- len; Das Heer iſt ihr geneig’t/ der Poͤfel ſteh’t ihr bey. Popp. Ein unerſchrocken Hertz entwafnet alle zwey. Die Zweig’ erſchittern ſich/ wenn ſolche Staͤmme fallen; Und Niemand flucht dem Blitz/ wenn Luft und Wolcken knallen. Zu dem/ was frag’t ein Fuͤrſt nach’s Poͤfels Unmuth viel? Nero. Mein Kind/ auch eine Mauß entſeel’t den Kroco- dil/ Ein ſchwacher Kefer thut des Adlers Eyern ſchaden. Ja/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 93.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/111>, abgerufen am 15.05.2024.