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Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665.

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rorum opus Neptunique atque Apollinis maxima Mo-
numenta multo delectu Civium manibus dissolvuntur.
v. 540. 541. 542. 543.) Dise Wunderzeichen/ welche den
Untergang des Nero und des Julischen Geschlechtes
bedeutet/ befchreibet Sueton. in Galba. c. 1. Auf die hier-
beschriebene Zeit und Orth zielet genau Tacit. 13. Ann.
c. ult. Eodem anno Ruminalem arborem in Comitio,
quae super octogentos & quadrag inta ante annos Remi
Romulique Infantiam texerat, mortuis ramalibus & a-
rescente trunco deminutam, prodigii loco habitum est,
donec in novos foetaus revivisceret.
Derogleichen erzeh-
let Johan Tzezes Hist. Chil. 4. de Fico Logothetae cui-
dam unice dilecta, (sic ut nemini alii ex ea esse fructum
liceret) quae die mortis exaruit, & postridie a summo
ad imum fidit se.
v. 544. 545. 546.) Welcherley Gestalt mit einer Vestali-
schen Jungfrau/ die ihre Keuschheit versehret/ sey umb-
gegangen worden/ beschreibet außführlich Thomaso
Porcacchi ne' Funerali antichi alla Tavola IV. p. m.
24.
Welches ich aus dem Welschen also deutsch gegeben:
Sie banden sie auf eine Baare/ verdeckten sie von au-
ßen also: daß man auch ihre Stimme nicht vernahm;
trugen sie mitten über den Platz vom Tempel der Vesta
an bis zum Thor/ welches Porta Collina genennt ward/
thre Eltern und Freunde beweinten sie als eine Todte.
Hinter ihr giengen die Priester traurig und stille. Beym
Thore inner der Mauer war ein Hügel (den man noch
heutiges Tages auff der lincken Hand/ wenn man zum
Thore geht/ sihet) daselbst war das Begräbnüs diser
Unzüchtigen. Unten war ein Gemach/ darein man
durch ein Loch auf einer Leuter stieg. Daselbst worden
der Unkeuschen die Binden loß gemacht/ das Haupt
ihr verhüllet/ und nach dem der oberste Priester ihr et-
liche geheime Worte gesagt/ auch ihr nebst den andern
Priestern den Rücken gekehret hatte/ führte sie der
Scharffrichter alleine hinunter/ die Leuter ward weg-
genommen/ und das Loch zu gemacht. Damit es auch
nicht schiene/ als wenn sie für Hunger gestorben wäre/
ward
rorum opus Neptuníque at́que Apollinis maxima Mo-
numenta multo delectu Civium manibus diſſolvuntur.
v. 540. 541. 542. 543.) Diſe Wunderzeichen/ welche den
Untergang des Nero und des Juliſchen Geſchlechtes
bedeutet/ befchreibet Sueton. in Galbâ. c. 1. Auf die hier-
beſchriebene Zeit und Orth zielet genau Tacit. 13. Ann.
c. ult. Eodem annô Ruminalem arborem in Comitio,
quæ ſuper octogentos & quadrag inta ante annos Remi
Romulíque Infantiam texerat, mortuis ramalibus & a-
reſcente trunco deminutam, prodigii loco habitum eſt,
donec in novos fœtûs reviviſceret.
Derogleichen erzeh-
let Johan Tzezes Hiſt. Chil. 4. de Fico Logothetæ cui-
dam unicè dilectâ, (ſic ut nemini alii ex eâ eſſe fructum
liceret) quæ die mortis exaruit, & poſtridiè à ſummo
ad imum fidit ſe.
v. 544. 545. 546.) Welcherley Geſtalt mit einer Veſtali-
ſchen Jungfrau/ die ihre Keuſchheit verſehret/ ſey umb-
gegangen worden/ beſchreibet außfuͤhrlich Thomaſo
Porcacchi ne’ Funerali antichi alla Tavola IV. p. m.
24.
Welches ich aus dem Welſchen alſo deutſch gegeben:
Sie banden ſie auf eine Baare/ verdeckten ſie von au-
ßen alſo: daß man auch ihre Stimme nicht vernahm;
trugen ſie mitten uͤber den Platz vom Tempel der Veſta
an bis zum Thor/ welches Porta Collina genennt ward/
thre Eltern und Freunde beweinten ſie als eine Todte.
Hinter ihr giengen die Prieſter traurig und ſtille. Beym
Thore inner der Mauer war ein Huͤgel (den man noch
heutiges Tages auff der lincken Hand/ wenn man zum
Thore geht/ ſihet) daſelbſt war das Begraͤbnuͤs diſer
Unzuͤchtigen. Unten war ein Gemach/ darein man
durch ein Loch auf einer Leuter ſtieg. Daſelbſt worden
der Unkeuſchen die Binden loß gemacht/ das Haupt
ihr verhuͤllet/ und nach dem der oberſte Prieſter ihr et-
liche geheime Worte geſagt/ auch ihr nebſt den andern
Prieſtern den Ruͤcken gekehret hatte/ fuͤhrte ſie der
Scharffrichter alleine hinunter/ die Leuter ward weg-
genommen/ und das Loch zu gemacht. Damit es auch
nicht ſchiene/ als wenn ſie fuͤr Hunger geſtorben waͤre/
ward
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[130./0148] rorum opus Neptuníque at́que Apollinis maxima Mo- numenta multo delectu Civium manibus diſſolvuntur. v. 540. 541. 542. 543.) Diſe Wunderzeichen/ welche den Untergang des Nero und des Juliſchen Geſchlechtes bedeutet/ befchreibet Sueton. in Galbâ. c. 1. Auf die hier- beſchriebene Zeit und Orth zielet genau Tacit. 13. Ann. c. ult. Eodem annô Ruminalem arborem in Comitio, quæ ſuper octogentos & quadrag inta ante annos Remi Romulíque Infantiam texerat, mortuis ramalibus & a- reſcente trunco deminutam, prodigii loco habitum eſt, donec in novos fœtûs reviviſceret. Derogleichen erzeh- let Johan Tzezes Hiſt. Chil. 4. de Fico Logothetæ cui- dam unicè dilectâ, (ſic ut nemini alii ex eâ eſſe fructum liceret) quæ die mortis exaruit, & poſtridiè à ſummo ad imum fidit ſe. v. 544. 545. 546.) Welcherley Geſtalt mit einer Veſtali- ſchen Jungfrau/ die ihre Keuſchheit verſehret/ ſey umb- gegangen worden/ beſchreibet außfuͤhrlich Thomaſo Porcacchi ne’ Funerali antichi alla Tavola IV. p. m. 24. Welches ich aus dem Welſchen alſo deutſch gegeben: Sie banden ſie auf eine Baare/ verdeckten ſie von au- ßen alſo: daß man auch ihre Stimme nicht vernahm; trugen ſie mitten uͤber den Platz vom Tempel der Veſta an bis zum Thor/ welches Porta Collina genennt ward/ thre Eltern und Freunde beweinten ſie als eine Todte. Hinter ihr giengen die Prieſter traurig und ſtille. Beym Thore inner der Mauer war ein Huͤgel (den man noch heutiges Tages auff der lincken Hand/ wenn man zum Thore geht/ ſihet) daſelbſt war das Begraͤbnuͤs diſer Unzuͤchtigen. Unten war ein Gemach/ darein man durch ein Loch auf einer Leuter ſtieg. Daſelbſt worden der Unkeuſchen die Binden loß gemacht/ das Haupt ihr verhuͤllet/ und nach dem der oberſte Prieſter ihr et- liche geheime Worte geſagt/ auch ihr nebſt den andern Prieſtern den Ruͤcken gekehret hatte/ fuͤhrte ſie der Scharffrichter alleine hinunter/ die Leuter ward weg- genommen/ und das Loch zu gemacht. Damit es auch nicht ſchiene/ als wenn ſie fuͤr Hunger geſtorben waͤre/ ward

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Agrippina. Breslau, 1665, S. 130.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_agrippina_1665/148>, abgerufen am 28.04.2024.