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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] dert Numidischen Edelleuten sich zu ihm/ schlug
auch den andern Tag mit sonderbarem Glücke
etliche hundert Carthaginenser in die Flucht.
Scipio kam kurtz hernach auch an/ bewillkomte
Masanissen/ belägerte Utica; und als Amilcars
Sohn Hanno bey der Stadt Salera sich gegen
die Römer setzte/ schlug Masanissa ihn mit drey
tausend Reutern todt/ unter denen zwey hundert
Carthaginensische Edelleute waren. Der jün-
gere Asdrubal zohe hier auff zwar mit drey und
dreyßig/ Syphax mit funffzig tausend Mann
auff/ nöthigten auch den Scipio die Belägerung
auffzuheben. Aber nach dem Masanissa mehr
als zwanzig tausend ihm zufallende Masesyler
und Numidier an sich zoch/ schlug Scipio/ oder
vielmehr Masanissa Asdrubaln und den König
Syphax/ wiewohl wegen der streitbaren Cel-
tiberier unglaublicher Gegenwehr nicht ohne
selbst eigenen grossen Verlust/ etliche mahl aus
dem Felde/ eroberte zwey/ iedoch unter dem
Schein angezielter Friedens-Handlung argli-
stig angezündete Läger. Ja Masanissa nahm
den Syphax gar gefangen/ nöthigte Sophonis-
ben zur Ubergabe der Hauptstadt Cyrtha. End-
lich belägerte Scipio die Stadt Carthago/ und
zwang den Rath nicht nur den Mago aus Li-
gurien/ welcher kurtz vorher in einer blutigen
Schlacht wider den Qvintilius Varus/ und
Marcus Cornelius tödtlich verwundet worden
war/ und auff der Rückreise starb/ sondern auch
den neunzehn Jahr in Jtalien siegenden Anni-
bal nach Hause zu ruffen; welcher so lange Zeit
mit seinem Heere niemahls das Feld geräumt/
nicht ohne Wunderwerck so vielerley Völcker/
aus welchem sein Kriegsvolck bestand/ in un-
verruckter Eintracht erhalten hatte/ und da-
her nicht unbillich bey Empfahung dieses Be-
fehls für Ungedult mit den Zähnen knirschte;
gleichwohl aber dem Brande seines Vaterlan-
des zulauffen muste. Jn Africa mühte er sich
durch persönliche Unterredung mit dem Sci-
pio/ selbtem einen nützlichen Frieden durch Vor-
[Spaltenumbruch] stellung des in Schlachten am meisten wanckel-
baren Glückes zu erwerben. Aber der Ehr-
süchtige Scipio wolte vorher den Ruhm haben
den Besieger seines Vaters und den berühmsten
Kriegs-Held der Welt zu überwinden. Mas-
sen denn beyde ihre Heere/ zu welchem Annibal
den Numidischen Fürsten Tycheus mit zwey
tausend außerlesenen Pferden bekam/ so klüg-
lich in Schlachtordnung stellten/ und so ritter-
lich gegen einander fochten: daß Annibal we-
der dem Scipio/ noch Scipio Annibaln den ge-
ringsten Fehler auszustellen wuste. Alleine bey
gleicher Tugend gab gleichwohl die grössere
Macht der Römer/ der grosse Beystand Masa-
nisses/ und das auff ihre Seite henckende Glü-
cke für den Scipio den Ausschlag; indem zwan-
zig tausend Mohren erschlagen/ fast auch so viel
gefangen wurden/ Annibal auch mit genauer
Noth nach Adrumet und so fort nach Carthago
entrann. Scipio meinte nunmehr seiner Ehren
ein Genügen gethan; und mit diesem Siege ei-
nen Grundstein zu Eroberung der Welt gelegt
zu haben; scheuete auch die Belägerung einer
so mächtigen Stadt/ am meisten aber die An-
kunfft eines Nachfolgers/ welcher ihm so denn
den Preiß des geendigten Krieges entzüge. Die-
semnach gab er dem vom Verhängnisse augen-
scheinlich gedrückten Carthago nach überwun-
denem/ und nunmehr so sehr nach der Ruhe
selbst seuffzendem Annibal einen Frieden/ den er
denen noch so starck gewaffneten kurtz vorher
versagt hatte. Also trennte die gifftige Anspin-
nerin dieses Krieges/ nehmlich die Mißgunst/
auch sein so schädliches Gewebe entzwey; und
ward dißmahl zu einer wohlthätigen Friedens-
stiffterin. Der sonst so kriegerische Hannibal
bewehrte die Nothwendigkeit der Ruh durch ei-
ne kühne aber redliche Vermessenheit/ in dem
er den Kriegrathenden Gisco von seinem
Raths-Stule zwar wider die Gesetze einer frey-
en Stadt/ iedoch aus einem wohl gemeinten Ei-
ver herab zoh. Mit diesem Frieden blieden ei-

ne

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] dert Numidiſchen Edelleuten ſich zu ihm/ ſchlug
auch den andern Tag mit ſonderbarem Gluͤcke
etliche hundert Carthaginenſer in die Flucht.
Scipio kam kurtz hernach auch an/ bewillkomte
Maſaniſſen/ belaͤgerte Utica; und als Amilcars
Sohn Hanno bey der Stadt Salera ſich gegen
die Roͤmer ſetzte/ ſchlug Maſaniſſa ihn mit drey
tauſend Reutern todt/ unter denen zwey hundert
Carthaginenſiſche Edelleute waren. Der juͤn-
gere Aſdrubal zohe hier auff zwar mit drey und
dreyßig/ Syphax mit funffzig tauſend Mann
auff/ noͤthigten auch den Scipio die Belaͤgerung
auffzuheben. Aber nach dem Maſaniſſa mehr
als zwanzig tauſend ihm zufallende Maſeſyler
und Numidier an ſich zoch/ ſchlug Scipio/ oder
vielmehr Maſaniſſa Aſdrubaln und den Koͤnig
Syphax/ wiewohl wegen der ſtreitbaren Cel-
tiberier unglaublicher Gegenwehr nicht ohne
ſelbſt eigenen groſſen Verluſt/ etliche mahl aus
dem Felde/ eroberte zwey/ iedoch unter dem
Schein angezielter Friedens-Handlung argli-
ſtig angezuͤndete Laͤger. Ja Maſaniſſa nahm
den Syphax gar gefangen/ noͤthigte Sophonis-
ben zur Ubergabe der Hauptſtadt Cyrtha. End-
lich belaͤgerte Scipio die Stadt Carthago/ und
zwang den Rath nicht nur den Mago aus Li-
gurien/ welcher kurtz vorher in einer blutigen
Schlacht wider den Qvintilius Varus/ und
Marcus Cornelius toͤdtlich verwundet worden
war/ und auff der Ruͤckreiſe ſtarb/ ſondern auch
den neunzehn Jahr in Jtalien ſiegenden Anni-
bal nach Hauſe zu ruffen; welcher ſo lange Zeit
mit ſeinem Heere niemahls das Feld geraͤumt/
nicht ohne Wunderwerck ſo vielerley Voͤlcker/
aus welchem ſein Kriegsvolck beſtand/ in un-
verruckter Eintracht erhalten hatte/ und da-
her nicht unbillich bey Empfahung dieſes Be-
fehls fuͤr Ungedult mit den Zaͤhnen knirſchte;
gleichwohl aber dem Brande ſeines Vaterlan-
des zulauffen muſte. Jn Africa muͤhte er ſich
durch perſoͤnliche Unterredung mit dem Sci-
pio/ ſelbtem einen nuͤtzlichen Frieden durch Vor-
[Spaltenumbruch] ſtellung des in Schlachten am meiſten wanckel-
baren Gluͤckes zu erwerben. Aber der Ehr-
ſuͤchtige Scipio wolte vorher den Ruhm haben
den Beſieger ſeines Vaters und den beruͤhmſten
Kriegs-Held der Welt zu uͤberwinden. Maſ-
ſen denn beyde ihre Heere/ zu welchem Annibal
den Numidiſchen Fuͤrſten Tycheus mit zwey
tauſend außerleſenen Pferden bekam/ ſo kluͤg-
lich in Schlachtordnung ſtellten/ und ſo ritter-
lich gegen einander fochten: daß Annibal we-
der dem Scipio/ noch Scipio Annibaln den ge-
ringſten Fehler auszuſtellen wuſte. Alleine bey
gleicher Tugend gab gleichwohl die groͤſſere
Macht der Roͤmer/ der groſſe Beyſtand Maſa-
niſſes/ und das auff ihre Seite henckende Gluͤ-
cke fuͤr den Scipio den Ausſchlag; indem zwan-
zig tauſend Mohren erſchlagen/ faſt auch ſo viel
gefangen wurden/ Annibal auch mit genauer
Noth nach Adrumet und ſo fort nach Carthago
entrann. Scipio meinte nunmehr ſeiner Ehren
ein Genuͤgen gethan; und mit dieſem Siege ei-
nen Grundſtein zu Eroberung der Welt gelegt
zu haben; ſcheuete auch die Belaͤgerung einer
ſo maͤchtigen Stadt/ am meiſten aber die An-
kunfft eines Nachfolgers/ welcher ihm ſo denn
den Preiß des geendigten Krieges entzuͤge. Die-
ſemnach gab er dem vom Verhaͤngniſſe augen-
ſcheinlich gedruͤckten Carthago nach uͤberwun-
denem/ und nunmehr ſo ſehr nach der Ruhe
ſelbſt ſeuffzendem Annibal einen Frieden/ den er
denen noch ſo ſtarck gewaffneten kurtz vorher
verſagt hatte. Alſo trennte die gifftige Anſpin-
nerin dieſes Krieges/ nehmlich die Mißgunſt/
auch ſein ſo ſchaͤdliches Gewebe entzwey; und
ward dißmahl zu einer wohlthaͤtigen Friedens-
ſtiffterin. Der ſonſt ſo kriegeriſche Hannibal
bewehrte die Nothwendigkeit der Ruh durch ei-
ne kuͤhne aber redliche Vermeſſenheit/ in dem
er den Kriegrathenden Giſco von ſeinem
Raths-Stule zwar wider die Geſetze einer frey-
en Stadt/ iedoch aus einem wohl gemeinten Ei-
ver herab zoh. Mit dieſem Frieden blieden ei-

ne
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 850[852]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/912>, abgerufen am 07.05.2024.